2019 jährt sich nicht nur das Geburts- und Todesjahr Alexander von Humboldts, auch sein einwöchiger Aufenthalt auf der Kanareninsel Teneriffa feiert ein Jubiläum. Auf seinem Weg nach Südamerika machte Humboldt im Juni 1799 auf Teneriffa Halt und bestaunte den Kontinent im Kleinen. Humboldt übte auf Teneriffa mit der Besteigung des 3.718 Meter hohen Vulkans Pico del Teide, dem höchsten Berg Spaniens, für seine späteren Gebirgsabenteuer in den südamerikanischen Anden. Dabei beobachtete er erstmalig die unterschiedlichen Klima- und Vegetationszonen.

Pflanzenreich Teneriffa

Die Tajinaste mit dem Teide im Hintergrund 

Kein Wunder, dass Humboldt von Teneriffa begeistert war. Die Vegetation der Insel ist ein Schatz. Obwohl nur 1,5 % des spanischen Hoheitsgebiets, wachsen auf Teneriffa mehr als die Hälfte der endemischen Arten des Landes. Über 800 weltweit einzigartige Pflanzen sind hier zuhause, wie die markante Tajinasten oder Wildpret-Natternkopf, deren bis zu drei Meter hohen Pflanzen stolz aus der Landschaft ragen. Die vielen endemischen Pflanzen machen Teneriffa damals wie heute zu einem botanisch besonders entdeckungsreichen Erlebnis. Auch der „heilige Baum“ der Tenerifen, der Drachenbaum, faszinierte Humboldt.

Die vielfältige Pflanzenwelt Teneriffas bringt ganz unterschiedliche Naturlandschaften hervor: die staubige Mondlandschaft rund um den Teide über die grünen Lorbeer-, Kiefern- und Nebelwälder bis hin zu den felsigen Küsten. Auf nur einer Wanderung kann man in Teneriffa die Natur in ihren verschiedensten Spielarten bestaunen. Das geht nicht nur auf einer Wanderung zum Gipfel des Teide wie einst Humboldt, sondern auch im Teno- oder Anagagebirge und an den wilden Küsten mit schwarzem Vulkanstrand. Aber dafür hatte Humboldt leider keine Zeit mehr.

Auf den Gipfel

Wie einst Humboldt, kann man auch heute noch dem Teide auf den Kopf steigen. Für nicht ganz so ambitionierte oder ältere Besucher und Familien mit Kindern gibt es seit 1971 eine Seilbahn, die sie bis auf 3.555 Meter nach oben fährt. Die Tickets für die Seilbahn sollte man am besten im Vorfeld reservieren, da der Andrang groß ist und nur eine begrenzte Anzahl Besucher auf den Teide hoch darf. Das letzte Stück zum Gipfel müssen auch die Seilbahnfahrer noch laufen. Wanderer machen sich natürlich zu Fuß auf den Weg zum Kraterrand des Vulkans. Will man den gesamten Weg bis zum Gipfel hoch wandern, sollte man in guter körperlicher Verfassung sein und vor allem keine Herzprobleme haben. Es gibt verschiedene Varianten und Startpunkten zum Teide hoch. Aus gegebenem Anlass stellen wir hier die Variante von Humboldt vor. Man kann natürlich auch an einem anderen Startpunkt einsteigen und den Aufstieg verkürzen.

Der „Camino de Chasna“ – Humboldts Weg auf den Teide

Humboldt stieg damals bestens ausgerüstet mit Magnetometer, Barometer, Hygrometer, Elektrometer, Aräometer, Mikroskop und noch weiteren Instrumeneten auf den Gipfel. Seine Wanderung auf dem „Camino de Chasna“ vom Orotavatal im Nordosten der Insel über El Portillo bis zum Gipfel des Teide dauerte drei Tage. Humboldt wanderte auf dem damals einizgen Weg, der nach oben führte – einem Maultierpfad, auf dem der Handel zwischen Nord- und Südküste verlief. Wer den ganzen Humboldt Weg laufen möchte, startet in Puerto de la Cruz und sollte sich mindestens drei Tage Zeit nehmen. Von hier führt der Weg zunächst durch dicht besiedelte Ortschaften und durch Plantagen und Felder – das ertragreiche Orotavatal. Nach dem Orotavatal geht es bergauf. Am Mirador de Humboldt erinnert eine Statue an den jungen Forscher und Besucher können wie einst Humboldt über das Orotavatal blicken, das Humboldt als „harmonisches Gemälde“ gerühmt haben soll. Wer möglichst wenig Zivilisation auf dem Weg erwandern möchte, der startet mit der Tour besser in Chasna oberhalb des Orotavatals und wandert von dort direkt in den Kiefernwald und Richtung El Portillo.

Vom Botanischen Garten in Puerto de la Cruz kann man den Teide
auch sehen © S. Pries

Ganz viel pinus canariensis

Der Nationalpark des El Teide ist umgeben von dichtem Kieferwald. Über die Jahrhunderten hatten die Nadelwälder durch die Rodungen der spanischen Eroberer im 15 Jh. arg gelitten, da diese die Teneriffa Kiefern (pinus canariensis) zum Bau der Häuser und hölzernen Balkone und den Harz der Kiefern für den Schiffsbau nutzten. Zwischenzeitlich wurden die gerodeten Hänge mit ortsfremden Monterey Kiefern aufgeforstet, doch haben diese nicht die besonderen Eigenschaften der endemischen Teneriffa Kiefer. Daher bemüht man sich mittlerweile, die Hänge wieder mit der ursprünglichen kanarischen Kiefernart zu bepflanzen. Diese besonders robuste Art kann sich nicht nur effektiv gegen Waldbrände zur Wehr setzten, sondern zieht mit ihren drei- (anstatt wie sonst zwei-) nadeligen Kiefernnadel das Wasser besonders gut aus der Luft.

Durch verschiedene Zonen

Unterwegs versteht man, was Humboldt an diesem Vulkan und dem Aufstieg hinauf so fasziniert haben muss. Durch dichte Kiefernwälder bis hoch auf die lebensfeindliche Landschaft des Vulkans zu wandern, ist immer noch so eindrucksvoll wie vor 200 Jahren. Humboldt ordnete nach seiner Reise die Pflanzen des Teide in fünf Vegetationszonen ein. Seine vertikale Darstellung der Pflanzengeografie hat bis heute Bestand. Nach dem fruchtbaren Tal und der „Zone der Lorbeeren“, folgt die „Stufe der Fichten“, nur dass es sich dabei um Kiefern handelt. Da hat sich Humboldt tatsächlich verguckt.

Mondlandschaft

Ein Obsidian im Nationalpark Teide. Auf keinen Fall sollte
man das Vulkangestein ​​​bei einem Besuch einpacken. © S. Pries

Plötzlich endet die Baumgrenzen und es beginnt eine Art Mondlandschaft. Wo der Wald aufhört, beginnt der Teide Nationalpark und mit ihm eine fantastische Landschaft, die auch schon als Filmkulisse diente (z. B. „Kampf der Titanen“). Pflanzen wie auch die Geologie machen diesen Ort zu einem unwirklichen Schauplatz, der einen zum Staunen bringt. Am Wegesrand liegen schwarze Lavabrocken, der Obsidian oder auch Vulkanglas genannt wird. Dieses harte Vulkangestein diente schon den Ureinwohnern Teneriffas, den Guanchen, als Material für ihre Pfeilspitzen. Man erkennt Lavaströme und steil aufragende Felsspitzen.

Nationalpark El Teide

Den höchsten Berg Spaniens umgibt der Nationalpark El Teide, der seit 2007 UNESCO Weltnaturerbe ist. Wer nicht gleich den Teide besteigen will, der findet im Nationalpark jede Menge sehr gut ausgeschilderte Wanderwege. Hunderte Vulkankegel, erstarrte Lavaströme und Höhlen machen den Besuch rund um den Teide zu einem einzigartigen Erlebnis. Viele der Pflanzenarten existieren ausschließlich in dem Nationalpark. In El Portillo befindet sich ein Besucherzentrum, in dem man sich über die Entstehung des kanarischen Insel Archipels erkundigen kann.

Ungemütliche Nacht

Die Sonne brennt, denn man wandert oberhalb der Wolkengrenze und sollte auf entsprechenden Sonnenschutz und ausreichend Trinkvorräte achten. Bis auf 3.000 Meter Höhe wächst noch dichter Ginster. Wer mag kann bei seiner Besteigung des Teide im Refugio de Altavista auf 3.260 m Höhe unterhalb des Gipfels übernachten und in den frühen Morgenstunden in den Sonnenaufgang wandern. Zu Humboldts Zeiten gab es diese Berghütte natürlich noch nicht und so musste er die Nacht in einer Höhle verbringen – ohne Isomatte. Vielleicht sollte man daran denken, wenn man sich über die wackeligen Hochbetten und die schnarchenden Zimmergenossen ärgert. Humboldt dürfte kaum viel geschlafen habe. Gegen vier machte er sich wieder auf den Weg zum Gipfel. Vom Refugio aus läuft man noch ca. eineinhalb Stunden weiter bis zum Gipfel. Da während der Betriebszeiten der Seilbahn nur 200 Personen auf den Gipfel dürfen, passiert man ein Haus in dem die Genehmigungen für den Gipfel kontrolliert werden. Vor und nach dem Betrieb der Seilbahn ist diese Genehmigung allerdings noch nicht notwendig. Oben angekommen riecht es nach Schwefel. Doch der Blick ist gigantisch.

Im Hotel Marquesa in Puerto de la Cruz wird an den einstigen Besucher
Humboldt erinnert. Damals war es ​​​​​allerdings noch kein Hotel

Touren-Tipp: Humboldts Route auf den Teide

  • Dauer: 3 Tage / 3 Etappen
  • Start: Chasna, ca. 5 km von La Orotava entfernt. (Alternativ kann man auch bereits von der Küste in Puerto de la Cruz starten, läuft dann allerdings am Anfang durch viel bebautes Gebiet.)
  • Ziel: Gipfel des Teide
  • 1. Etappe von Chasna nach El Portillo (ca. 4 bis 5 Std.)
  • 2. Etappe von El Portillo zum Refugio de Altavista (5 bis 6 Std.)
  • 3. Refugio de Altavista zum Gipfel (ca. 2 Std)
  • Zurück kann man die Seilbahn zur Talstation nehmen. Von dort fahren Busse nach Puerto de la Cruz. Unbedingt warme Kleidung für den morgendlichen Gipfelaufstieg mitnehmen. Wer sich zwischen 9 Uhr und 23 Uhr auf dem Gipfel aufhält, benötigte eine „Permissio“.

Humboldts Teneriffa

Der gigantische Feigenbaum
im Botanischen Garten © S. Pries

Unterschiedlichste Pflanzen aus der ganzen Welt bestaunte Humboldt im Botanischen Garten in Puerto de la Cruz. Denn dort hatte bereits 1788 der spanische König einen Garten angelegt, um die aus den Tropen stammenden Pflanzen in Spanien zu akklimatisieren. Beim Besuch des Botanischen Gartens beeindruckt besonders der gigantische Feigenbaum mit seinen zahllosen Luftwurzeln, die ein Labyrinth aus Stützpfeilern bilden. Am besten besucht man den Garten früh am morgen, dann hat man die Pflanzen der ganzen Welt nur für sich. Wer Humboldt besonders nahe kommen will, kann in Puerto de la Cruz in der selben Herberge wie der große Forscher übernachten im Marquesa Hotel. Das Haus hat sich seinen ursprünglichen Charme mit den typischen Holzbalkonen erhalten und erinnert in seinem Inneren an den berühmten Gast.

Kaum verwunderlich, dass Humboldt an seinen Bruder Wilhelm über den Abschied von Teneriffa schrieb:

„Fast mit Tränen reise ich ab; ich möchte mich hier ansiedeln: und ich bin doch kaum vom europäischen Boden weg. Könntest du diese Fluren sehen, diese tausendjährigen Wälder von Lorbeerbäumen, diese Trauben, diese Rosen! Mit Aprikosen mästet man hier die Schweine.“

Wer noch mehr über Alexander von Humboldt erfahren möchte, sollte sich unsere aktuelle Wandermagazin Ausgabe kaufen. Noch mehr Wandermöglichkeiten in Teneriffa findet ihr hier.

Info: www.webtenerife.de