Akustik
Während Baumwolle und andere natürlichen Fasern in der Bewegung kaum Geräusche absondern, hört man heute so manchen modernen Wanderer schon von weitem antraben.
Einige Hightech-Hosen sind so geräuschvoll, daß man schon stehenbleiben muß, um das Vogelgezwitscher oder das Gemurmel eines Gewässers hören zu können. Da raschelt und knistert es, und einige Beinkleider erinnern in ihrer Akustik sogar verdächtig an das Gequietsche von Gummischläuchen oder Luftmatratzen.
Haptik
Das Grifferlebnis ist so vielfältig wie das Angebot. Von purer, steriler Künstlichkeit über textilen Griff hin zu seidenem Gesamteindruck reicht die Bandbreite. Bei sonst gleichbleibenden Funktionen kann sich jeder für das seinem Verständnis nach adäquate „stoffliche“ Erlebnis entscheiden. Der Grundsatz gilt, je textiler, umso größer die Gefahr, daß die Funktionalität leidet. Dennoch gibt es auch die berühmte Ausnahme von der Regel, etwa wenn Baumwolle und synthetische Fasern kombiniert werden..
Tragekomfort
Leicht sollen die Hosen sein, ein angenehmes Tragegefühl auf der Haut hinterlassen und das möglichst auch im erhitzten oder abgekühlten Zustand. Bewegungsfreiheit lassen fürs Auf- und Absteigen, schnelles Gehen, setzen, beugen und bücken. Dabei sollte im Schritt genügend (nicht zuviel, sonst wächst die Gefahr des Scheuerns) Spielraum sein. Dennoch sollte das Beinkleid passen, luftig genug sein, gute klimatische Bedingungen schaffen und keinesfalls die Bewegungen der Extremitäten nachteilig hemmen. Flexibler Sitz im Bund sollte schon sein.
Eine Hose sollte alle Bewegungen mitmachen und unterstützen. Die Mehrheit der modernen Wanderhosen wird diesen Anforderungen gerecht. Dabei lohnt es, auf die Verarbeitungsdetails zu achten: Außenliegende Nähte könnten im dornigen Gelände hinderlich werden, wulstige Abnäher (im Kniebereich etwa) sind ideale Verursacher von Scheuerstellen, allzu dicke Reißverschlußschiffchen können unangenehme Druckstellen hinterlassen; wulstige, auftragende Zip-leisten wiederum zu Scheuerstellen führen.
Außen liegende Bändchen und Schnürzüge werden schnell zur Stolperfalle oder verfangen sich im Gestrüpp. Schlecht vernähte Hosensäume führen zum Verheddern im Gelände und wenig solide eingenähte Druck- und sonstige Knöpfe lösen sich schon nach kurzem Einsatz. Netzähnliche Taschenfutter vertragen sich nicht sonderlich mit spitzem Füllgut oder Schlüsselanhängern.
Funktionen
Muß eine Wanderhose absolut wasserdicht sein? Wir meinen, natürlich nicht. Wasserabweisende Qualitäten sind aber eindeutig ein großes Plus. Wir meinen, eine Wanderhose sollte einen kurzen, heftigen Regenguß unbeschadet überstehen und einen zweistündigen leichten Regen (Nieselregen) ebenfalls souverän (also trocken) ertragen. Wer darauf weniger Wert legt, sollte darauf achten, daß die Hose selbst im feuchten oder nassen Zustand ein angenehmes „Hautgefühl“ vermittelt. Einige getestete Hosen waren objektiv noch naß, fühlten sich aber subjektiv trocken an. Wen auch Nässe auf der Haut nicht anficht, sollte aber großen Wert auf eine kurze Trocknungszeit legen. Schließlich gibt der Körper für jeden Quadratzentimeter naßen Stoff eine Menge zusätzlicher Wärme ab, um das lästige Nässegefühl mit garantiertem Frösteln zu vermeiden.
Ob es sinnvoll ist, daß sich die Wassertropfen zum schnelleren Trocknen in Sekundenschnelle großflächig verteilen und so nach physikalischen Gesetzen rascher verdunsten können, ist optisch unschön, praktisch aber unumgänglich. Jedenfalls sollte das Beinkleid Feuchtigkeit nicht speichern (wie etwa Baumwolle). Dazu eignen sich Fasern bzw. Fasergemische, die selbst keine oder kaum Feuchtigkeit aufnehmen, dafür aber blitzschnell weiterleiten
Die Lösungsmöglichkeit mit Membranen oder beschichteten (mehrlagigen) Konzepten halten wir für die hier angestrebten Einsatzzwecke als überflüssig. Faserstoffe, die sich als atmungsaktiv erweisen, wird jeder zu schätzen wissen, der in sommerlichen Bedingungen schweißtreibend aktiv sein will. Die Lösung, daß auch tröpfenförmiger Schweiß aufgesogen, und auch ohne Membranen sofort an die Oberfläche geleitet wird, ist der neueste Schrei. Daß bei all diesen Künsten das Gewicht nicht leiden sollte, versteht sich von selbst. Nahezu alle getesteten Beinkleider waren sehr leicht.
Ausstattung und praktischer Nutzen
Als vertrackt hat sich generell das Verstauen gängiger Landkarten erwiesen. Der Gipfel ist sicher, daß es gar keine Verstaumöglichkeit gibt. Unangenehm auch, wenn die Öffnung so minimalistisch ist, daß gängige Karten nicht hineinpassen und sollte man es dennoch geschafft haben, sie nicht wieder herauszunesteln sind. Zumeist schauen die Karten über die aufgesetzten Tauschen hinaus, da nützen dann auch Abdeckleisten wenig. Wer die Orientierungshilfe nach dem Regenguß noch gebrauchen möchte, muß sie erst einmal an sicherem Ort verstauen. Tiefe, angeschrägte Seitentaschen sind sinnvoll, aber keineswegs üblich. Die aufgesetzten Taschen so mittig auf den Oberschenkel zu platzieren, daß das Transportgut über die Schenkel scheuert oder sich die Karte im Leistenbereich zusätzlich faltet, läßt auf mangelnden Knowhow schließen.
Die links aufgenähte Außentasche wird Rechtshänder zum Verzweifeln bringen und umgekehrt, Gesäßtaschen sind oft genug nicht vorhanden oder so klein, daß kein Portemonnaie hineinpaßt. Sind Schlüsseltaschen aus Netzstoff, dürfte der Träger wenig Freude daran haben. Die Verschlußmöglichkeiten sind vielfältig: Klettverschlüsse mit Reißleine (manchmal muß man so heftig reißen, daß die Leine ausreißt), Reißverschlüsse, Druckknöpfe. Es gibt auch Hosen ohne Knöpfe. Entscheidend sind unserer Meinung nach folgende Punkte: Seitentaschen tief genug und seitlich angeschnitten; links und rechts seitlich aufgenähte Balgentaschen, die tief und breit genug sind, daß man gängige Kartengrößen dort platzieren und verschließen kann; Mindestens eine Gesäßtasche mit Reißverschluß und Abdeckleiste; Ideal auch ein innen im Bund eingenähtes Geheimfach mit Reißverschluß.
Robustheit
Eine Wanderhose sollte die unbeabsichtigte Bekanntschaft mit Dornen, Hecken und Gestrüpp unbeschadet überstehen. Das war allerdings nicht für alle Exem-plare zu konstatieren. Hosen mit sichtbaren Außennähten sind potentielle Dornenfänger. Robust bedeutet auch die Fähigkeit, Schmutz abzuweisen. Einige Wanderhosen zeichneten sich als sprichwörtliche Schmutzfänger aus, anderen konnte auch das mehrmalige Picknick im Grünen, das kräftige Rutschen über Steine oder Holzstämme nichts anhaben. Die Langlebigkeit der Hose sollte ein unverzichtbarer Bestandteil jeder Wan-derhose sein. Aussagen hierzu (Verschleiß) können wir aufgrund der auf wenige Tage angelegten Einsatzphase natürlich nicht machen.
Pflegeverhalten
Eine Wanderhose sollte die Wäsche zwischendurch blendend überstehen und über Nacht unter halbwegs trockenen Bedingungen auch wirklich am Morgen leidlich trocken sein. Da man unter-wegs weder Spezialpflegemittel mitführt, aus bekannten Gründen auch kaum auf Trockner, Bügeleisen, Waschmaschine oder chemische Reinigung stoßen wird, sollte eine einfache Handwäsche ausreichend sein, um das Gröbste zu beseitigen. Außerdem ist es sinnvoll, wenn nach der Handwäsche, aber auch nach der abschließenden Reinigung am Ende des Wanderurlaubs, die meist teuer erworbenen Funktionen (Atmungsaktivität, Feuchtigkeitstransport, Wasser- und Schmutzabweisung etc.) auch erhalten bleiben. Nach Möglichkeit auch noch nach der 50zigsten Wäsche. Das konnten wir zwar nicht unter Beweis stellen, doch die Handwäsche und das Trockungsverhalten haben wir uns nicht entgehen lassen. Dabei wurden alle Hosen bei 30 Grad im Feinwäsche-Waschgang (46 Min. Waschdauer mit 2 Min. Schleudervorgang) gewaschen und im Freien aufgehängt. Nach 6 Stunden waren alle Hosen trocken, nur bei einem Exemplar waren die Taschenfutter noch klamm.
Preis-Leistungsverhältnis
Grundsätzlich gilt: Teuer ist nicht gleich gut. So manch teuer erstandenes Beinkleid erweist sich angesichts schwacher Leistungsfähigkeit in unseren Augen als vergleichsweise zu teuer. Bei ansonsten gleicher Leistungsbilanz gibt es erheblich preiswertere Alternativen, zwar ohne den werbewirksamen großen Namen samt Logo, dafür aber zum adäquaten Preis. Untauglicher Schnickschnack und unpraktische Details relativieren so manches Hightech-Teil. Wer wieß, vielleicht veranlaßt dieser Praxis-Erfahrungsbericht den einen oder anderen Hersteller zum Umdenken oder Einlenken?