Eine andere Theorie stellt den eher einförmigen, tristen Arbeitsalltag mit seinen „uniformen“ Kleiderzwängen (uniweißes Hemd, allenfalls blassrosa- oder bübchenblau) in den Fokus und sieht das vielfarbige Karo als Synonym für individuelle Freiheit in der Freizeit. Eine dritte Hypothese glaubt, weil es in der Formensprache der Natur keine Rechtecke, Quadrate oder rechte Winkel gibt, versuche der wandernde Naturgenießer mit seinen karierten Hemden wenigstens einige „Haltelinien“, quasi am eigenen Leibe, in die Natur zu führen. Na ja...
Witziger finde ich die Hypothese vom Statussymbol für den Hemdenträger. Im Zeitalter der industriellen Baumwolle entwickelte sich einst das schneeweiße Hemd zum sichtbaren Symbol eines Trägers, der sich die Hände nicht schmutzig machen musste. Ergo: Wer sich beim Arbeiten schmutzig machen musste, wählte farbige Hemden, vorzugsweise mit Karos. Das kanadische Holzfällerhemd, mit kleinen rot-schwarzen Karos aus dickem Flanell, entwickelte sich zum Vorbild eines Hemdes, das mühelos über die eine oder andere Verschmutzung hinwegzuschauen half. Anfang des 20. Jh. kamen gestreifte Hemden (Nadel-, Kreide-, Harilinestreifen) auf. Von nun an galt: je breiter der Streifen, desto legerer der Anlass. Aber was heißt das für das karierte Wanderhemd? Halten wir es mit Wolfgang Joop: „Lieber lebe ich großgemustert als kleinkariert!“ Die einen tragen das Karo als Statement, die anderen, weil man es tatsächlich zwei oder drei Tage tragen kann und wiederum andere, weil sie ihren „lässigen“, selbstbestimmen Lebensstil unterstreichen. Welche Theorie überzeugt Sie denn?
Mit dieser Ausgabe beendet Wandermagazin den 30. Jahrgang. Erfreuen Sie sich an dem tollen Nord-zypern-Special mit dem exklusiv von uns recherchierten Besparmak-Trail von Kap zu Kap. Staunen Sie über die Fülle neuer Wanderideen für 2015. 37 Seiten mit neuen Wegen, originellen Zielen und interessanten Regionen haben wir zusammengestellt. Wir zeigen, welche Wirkung Wandern und Natur auf die Gesundheit des Menschen hat. Wir haben Manuel Andrack und den Erfinder der Wolfstatze (Jack Wolfskin), den McTrek-Inhaber Ulrich Dausien, zum Wandern in der Rhön motiviert. Wir haben erste Vorboten auf die kühle Jahreszeit im Heft und lassen Konrad Lechner von der Überquerung des Vogelsberges schwärmen. Auf immerhin 25 Seiten bringen wir Kaufberatung pur. Was braucht man zum Wandern, was taugt und was nützt? Warum sind Outdoorprodukte der Skandinavier so ganz anders? Was brauche ich für die satellitengestützte Navigation? Stolz sind wir außerdem auf die tollen Fotos von Naturfotograf Klaus-Peter Kappest aus dem Nationalpark Hainich und dem thüringischen Eichsfeld. Mehr noch: wir stellen die neue Wandertrilogie Allgäu und die erste Qualitätswanderregion in Deutschland vor.
Also, kleine Karos und großeThemen. Das Bonbon sind die 36 Tourentipps aus Nordrhein-Westfalen in einem eigenen Pocketguide. Wenn das nichts ist...!
Michael Sänger, Chefredakteur Wandermagazin
Herzlichst Ihr
Ihr Michael Sänger
Chefredakteur Wandermagazin