Der Witzeweg startet in Heiden, dort kann man wahrscheinlich – verzeihen Sie mir bitte den Kalauer – einen Heidenspaß haben. Ein schöner Pfad führt um den Ort herum, schnell erreiche ich die erste Tafel, lese den ersten Witz. Und verstehe nur Bahnhof. „Chomm, meer gönd e Huus wiiter.“ Schwyzerdütsch, schon blöd, wenn man die Pointe wegen Sprachschwierigkeiten nicht kapiert. Aber man hat auch an die teutonischen Witzewanderer gedacht und auf jeder Witztafel die Gags auf Deutsch übersetzt. „Chomm, meer gönd e Huus wiiter.“ bedeutet „Komm, wir gehen ein Haus weiter.“ Aha. So, so. Hm. Insgesamt ist der Witzeweg mit 80 Witztafeln bestückt, bei einer Gesamtweglänge von 8,5 km heißt das, dass alle 100 bis 150 m ein neuer Witz wartet. Das Ergebnis ist, dass man gar nicht so sehr nach den Markierungen schaut, sondern eher nach der nächsten Witztafeln.
Inzwischen geht es über asphaltierte Wege –leider keine Pfade mehr im Angebot – durch die Vororte von Heiden. Ich stoße auf den ersten Kinderwitz. Es gibt 20 Kinderwitze, die Tafeln sind unter den „Erwachsenenwitzen” in entsprechend kindgerechter Höhe angebracht. Dass die Witze selbst kindgerecht sind, kann man nicht unbedingt behaupten. Beispiel gefällig?
Im Deutschunterricht ewähnt der Lehrer das Sprichwort „In der Kürze liegt die Würze.“ „Felix, kannst du mir sagen, was damit gemeint ist?“ Da meint Felix: „Der Minirock, Herr Lehrer.“
Da stelle ich mir doch jetzt mal vor, wie ich meinem, sagen wir mal, achtjährigen Kind erklären soll, was genau ein Minirock ist, und warum das eine geile Pointe ist, wegen Würze und Kürze und so. Schwierig, da hilft nur, das Kind weiter zu zerren, zum nächsten Kinderwitz.
Auf allen Witztafeln ist ein grimmiger gezeichneter Einheimischer zu sehen, der aus einem weitgehend zahnlosen Mund heraus grinst. Tolle Werbung für die Appenzeller Zahnärzte ist das nicht. Der Alte schmaucht ein Pfeifchen und verführt so auch die Kleinsten zum exzessiven Nikotin-Missbrauch. Wenn das der Schweizer Gesundheitsminister wüsste. Apropos Gesundheit. Es heißt ja, Lachen sei gesund. Pustekuchen, von wegen. Kürzlich hörte ich von einer Studie, aus der klar hervorgeht, dass humorvolle Menschen eine kürzere Lebenserwartung haben als Leute, die eher ernst durchs Leben nehmen. Ist eigentlich logisch, denn Witzbolde gehen mit einer gewissen Sorglosigkeit durch das Leben. Diese Hallodris sagen beim Wandern zum Beispiel, ach, lass uns doch mal diese Abkürzung nehmen. Und dann – unvorhergesehene Schlucht, Uuuaahhhhhh, Feierabend, Deckel drauf. Daher gibt es ja auch die Redensart: derjenige oder diejenige hat sich tot gelacht.
Inzwischen bin ich in einem schönen Wald angelangt, es reichte aber auch mit dem Asphalt. Allerdings muss man sagen, dass es sehr ungewohnt für den Wander-Rhythmus ist, ungefähr hundert Mal stehen zu bleiben und die Witze zu lesen. Denn ich bin diesbezüglich gnadenlos und gründlich deutsch. Ich lese alle Witze, ALLE. Daher fällt mir auch auf, dass Witz Nummer 37 (das ist der mit dem Hausierer und dem Holzbein, nicht besonders toll, daher verzichte ich auf eine Wiedergabe), also dieser Hausierer-Holzbein-Witz, der ist doppelt. Den hatte ich schon auf Tafel 35 gelesen, und besser wird der Witz nicht, wenn man ihn zum zweiten Mal liest. Vielleicht sollte man den Witzeweg an dieser Stelle in Demenzweg umbenennen? ...