Kohlenhydrate: Fitmacher für die nächste Tour
Der Wanderfreund braucht Energie. Diese Energie wird dem Körper in Form von Fetten und Kohlenhydraten mit der Nahrung zugeführt. Im Gegensatz zu den Fetten liefern Kohlenhydrate leichtverfügbare Energie, die als Glykogen in der Leber und im Muskel gespeichert wird und bei Anstrengung schnell genutzt werden kann. Die Menge der gespeicherten Kohlenhydrate kann durch eine abgestimmte Ernährung positiv beeinflußt werden. Die Speicherkapazität von Glykogen beträgt bei Ungeübten 375-450 g in den Muskeln und 75-150 g in der Leber. Durch Training in Verbindung mit einer kohlenhydratreichen Ernährung können die Glykogendepots auf über 600 g erhöht werden. Der Leberspeicher bleibt aber konstant. Bei anstrengenden Bergtouren reicht das Muskelglykogen zur Bereitstellung der Bewegungsenergie bis zu 90 Minuten aus, das Leberglykogen zum Ausgleich des Blutzuckerspiegels bis zu drei Stunden.
Für die aerobe Energiegewinnung wird mit dem Atem aufgenommener und vom Blutkreislauf zum Muskel transportierter Sauerstoff benötigt. Der eingeatmete Sauerstoff ist dabei der "Zündstoff", der die Energiegewinnung möglich macht. Bei sportlichen Aktivitäten unter intensiven Anforderungen ist die Sauerstoffzufuhr häufig die leistungslimitierende Größe. Die Größe der Glykogendepots ist insbesondere bei Ausdauersportarten wie dem Bergsteigen und Wandern von entscheidender Bedeutung.
Pro Liter eingeatmeten Sauerstoffs kann aus Glykogen mehr Energie gewonnen werden als aus Fett oder Aminosäuren. Auch die Geschwindigkeit, in der die Energie dem Wanderer zur Verfügung steht, ist bei Glykogen höher als bei Fett oder Aminosäuren. Daher gilt es rechtzeitig, die Speicher mit Kohlenhydraten zu füllen.
Innerhalb der Gruppe der Kohlenhydrate unterscheidet man zwischen der einfachen und der komplexen Form. Die einfachen Kohlenhydrate sind besonders reichlich in Obst, Trockenfrüchten und süßen Brotaufstrichen enthalten, während man letztere in ballaststoffreichen Lebensmitteln wie Gemüse, Hülsenfrüchten und Vollkornprodukten findet. Eine Kombination aus einfachen und komplexen Kohlenhydraten, wie z.B. Vollkornbrot mit Nuss-Nougat-Creme oder ein Getreide-Frucht-Riegel, liefern gutes Muskelbenzin, d.h. zum einen schnell verfügbare Energie, die aber über einen längeren Zeitraum abrufbar ist. Im Muskel gespeicherte Kohlenhydrate können zum Teil ohne Sauerstoff zur Energiegewinnung verwertet werden. Dieser Vorgang wird als anaerobe Glykolyse bezeichnet und wird bevorzugt, wenn sehr schnell Energie benötigt wird, oder bei intensiver Belastung.
Als Endprodukt entsteht Milchsäure (Laktat). Wird Milchsäure hierbei schneller produziert als aus dem Muskel abtransportiert, erhöhat sich die Konzentration im Muskel, und es kann zur Übersäuerung des Muskels kommen. Dies kann zur schnelleren Ermüdung des Menschen oder zu Muskelkrämpfen führen. Am nächsten Tag klagt der Wanderfreund dann über Muskelkater. Dem kann jedoch vorgebeugt werden: Trinken Sie während der Tour hydrogencarbonatreiches Mineralwasser. Hydrogencarbonat ist Hauptbestandteil des Puffersystems im Organismus. Es "puffert" die im Muskel anfallende Milchsäure, d.h. es wirkt der Anhäufung saurer Stoffwechselprodukte entgegen. Ein Mineralwasser sollte mindestens 1000 mg Hydrogencarbonat pro Liter enthalten, damit es diesen Pufferschutz bietet.
"Auftanken" vor der Wanderung. Bei Tageswanderungen von mehrstündiger Dauer und niedriger bis mittlerer Intensität empfiehlt es sich, schon am vorherigen Abend eine kohlenhydratreiche Mahlzeit einzunehmen. Diese sollte aus Getreideprodukten wie Vollkornbrot, Reis, Nudeln oder Kartoffeln, z.B. in Kombination mit reichlich Gemüse, und Obst zum Nachtisch bestehen. Wenn die Wandertouren sich über mehr als ein bis zwei Tage erstrecken, sind die Ernährungsgewohnheiten schon frühzeitig im Hinblick auf die "große Tour" auszurichten. Das gelingt gut über eine Erhöhung des Kohlenhydratanteils der Nahrung zwei bis drei Tage vor Aufbruch, wodurch der "Energietank" in der Leber bis zum Rand gefüllt wird. Auch beim Frühastück am Morgen vor der Wanderung sind kohlenhydratreiche Lebensmittel zu bevorzugen. Kohlenhydrate sind insbesondere in Müsli mit Banane, Vollkornbrot mit Honig, Marmelade oder Nuß-Nougat-Creme, Joghurt mit Haferflocken und Früchten, Fruchtsäfte u.s.w. enthalten.
Welche Zwischenmahlzeiten? Da der Wanderer den ganzen Tag auf den Füßen ist, wird kontinuierlich Energie verbraucht. Damit die Tour nicht zur "Tortour" wird, sind kleine Zwischenmahlzeiten gute Weggefährten. Als Marschverpflegung eignen sich Getreideriegel, getrocknetes und frisches Obst, insbesondere Bananen, Milcherfrischungsgetränke oder belegte Vollkornbrote und –brötchen. Mehrere kleine Zwischenmahlzeiten sind besser als eine große, da die Verdauung so nicht zu sehr belastet wird und starke Schwankungen des Blutzuckerspiegels vermieden werden. Reiner Traubenzucker ist nur bedingt empfehlenswert, da dieser den Blutzuckerspiegel kurzfristig in die Höhe schnellen läßt, der dann ebenso zügig wieder bis unter das Ausgangsniveau absinkt. Die Folge ist ein möglicher Lei-stungsabfall, welcher sich durch Schwächegefühl, Lustlosigkeit bis hin zu Muskelzittern, kaltem Schweiß und Herzrasen äußern kann. Die Betonung liegt auch bei den Zwischenmahlzeiten auf den Kohlenhydraten. Fettreiche Zwischenmahlzeiten, wie fette Wurstsorten, Schokoriegel und Torte, sind ungeeignet, da sie lange im Magen verweilen und den Organismus zusätzlich belasten. Es gilt die Faustregel: "Brotscheiben mindestens doppelt so dick wie der Belag." Insgesamt ist eine vegetarische Ausrichtung vor und während der Touren von Vorteil.
Und das Abendessen? Nach dem Wandertag freut sich der Körper über die wohlverdiente Erholung und eine zünftige Brotzeit. Und das ist auch gut so! Denn das Abendessen hat ebenfalls eine wichtige Bedeutung, damit die leeren Depots wieder aufgefüllt werden und der Körper von den Glykogenreserven in der Nacht zehren kann. Allerdings sollte man auch das Abendessen mit Bedacht einnehmen. Ein frischer grüner Salat als Beilage, Nudeln, Kartoffeln oder Reis mit magerem Fleisch und reichlich Gemüse werden dem müden Körper gut tun. Schwere Speisen in Form von fettigem Fleisch mit deftiger Soße sollten auch hier nur selten auf dem Speisenplan stehen. Auch Jodsalz gehört zur sportgerechten Ernährung. Wanderer sollten auf ihre Jodzufuhr besonders achten, da sie mit dem Schweiß auch Jod verlieren. Wichtig ist auch, daß der Organismus genügend Zeit zum Verdauen der Speisen vor der Nachtruhe hat.
Was wie oft trinken? Die Flüssigkeitsaufnahme spielt beim Wandern eine mindestens ebenso große Rolle wie eine bedarfsgerechte Ernährung. Deshalb ist es wichtig, mit genügend Getränken ausgestattet loszuziehen und zur Flasche zu greifen, bevor der Durst kommt.