In seinen Tagebüchern, Briefen und Aphorismen beschreibt er mit ungeheuer kraftvollen, expressionistischen Worten seine Wandererlebnisse. „So stieg ich auf den Teufelsberg – 3 Stunden, 5 Stunden, 6 Stunden – da plötzlich über mir Azur, der Weltgrund, die Wälder werden zur Flamme, […] Berge gehen mir entgegen und lösen sich auf zu Rauch, ein rotes Dorf fängt an zu schwimmen.“

Wense verabscheute interessanterweise beim Wandern „das sogenannte ‘schöne Wetter‘ der Stadtleute, bar jeden Reizes und geistigen Anspruchs. Egoistenwetter.“ Am liebsten waren ihm Sturm und Hagel, wenn draußen ein Gewitter aufzog, wanderte er los: „Schauerliche Einsamkeit, Wolkenfetzen schlichen wie Wölfe durch den Wald, heulend, Stimmen, verrottete Strünke.“

Wense verabscheute interessanterweise beim Wandern „das sogenannte ‘schöne Wetter‘ der Stadtleute, bar jeden Reizes und geistigen Anspruchs. Egoistenwetter.“ Am liebsten waren ihm Sturm und Hagel, wenn draußen ein Gewitter aufzog, wanderte er los: „Schauerliche Einsamkeit, Wolkenfetzen schlichen wie Wölfe durch den Wald, heulend, Stimmen, verrottete Strünke.“

Aber Wense war nicht nur Wanderliterat, Geologe und (Kunst-) Historiker, er beherrschte auch Dutzende von Sprachen: „Ich lerne jetzt mongolisch, um eine Königschronik von 1400 nachübersetzen zu können“ schrieb er 1956 und sein Wochenplan für 1965 sah folgende Forschungsgebiete vor: „Mathematische Triangulation der Kathedrale von Mecheln, Analyse der fünften Sinfonie von Sibelius und ein Essay über altgriechische Matratzen und Sofakissen.“

Im Folgendem einige wunderschöne Wanderaphorismen des Jürgen von der Wense:

„Wandern ist der Gegensatz von Spazierengehen, es ist Landnahme und Eroberung.“
„Wandern ist kein Vergnügen, es ist Gottesdienst.“
„Wandern ist allen Diktaturen verpönt und verdächtig, weil es unabhängig und frei!“
„Der Wanderer ist nie am Ziel. Wenn die Höhe erreicht ist und wir ruhen, wandern wieder die Augen.“
„Man soll nicht nachdenken beim Wandern, nur vordenken. Das Denken nimmt uns die Leichtigkeit aus den Blicken.“
„Wanderjahre wieder einführen. Wir müssen einander aufsuchen. Zwei Jahre muss jeder reisen und wandern. Die einzigen nicht verlorenen Jahre seines Lebens.“
 „Wer wandert, der wird selbst zur Landschaft, er wird Wolke oder Fluß.“

Ich bin oft in den letzten Monaten mit „dem Wense“ gewandert, obwohl das Buch „Wanderjahre“, aus dem ich zitiert habe und das Auszüge seines Werks zwischen 1932 und 1966 versammelt, eigentlich viel zu schwer für einen Wanderrucksack ist. Aber ich habe mir vorgenommen, Wenses Lieblingswandergebiete selber zu erwandern. Vielleicht wäre es eine gute Idee, diesem Jahrhundertwanderer einen literarischen Weitwanderweg in Hessen und Westfalen zu widmen.

Denn, wie der Lateiner und vor allem Jürgen von der Wense sagt: „Ambulo, ergo sum!“

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