Das Traumschloß Neuschwanstein begeistert alljährlich Millionen Besucher. Auch auf meinem Weg durch die Stadt begegnet mir manches über vergangene Zeiten. Das Denkmal für Prinzregent Luitpold, die Gedenktafel für Sebastian Kneipp, die zinnengezackte Burg über der Stadt und die Basilika St. Mang. Der Lech mit seinem graugrünen wilden Wasser schließlich erinnert an das Leitthema der Tour und spätestens an den idyllisch gelegenen, kristallklaren Badeseen bin ich bereits in der Füssener Gegenwart angelangt.

Über den luftige Zirmgrat zum Falkenstein

Nach dem bequemen Aufstieg zur Salober Alm wird es etwas alpiner. Ein schmaler Steig am steilen Hang erfordert volle Aufmerksamkeit. Bald eröffnen sich herrliche Tiefblicke zu den großen Füssener Seen mit den dahinter liegenden, bewaldeten Hügeln des Voralpenlandes. Am Zirmgrat überrascht der Blick in das 400 Meter tiefer liegende Vilstal und die begrenzenden Tannheimer Berge. Bald erreicht man das wie ein Adlernest unter dem ruinengekrönten Falkenstein gelegene Burghotel. Der Abstieg ins Vilstal führt an einer mächtigen Felsspalte mit einer Marienstatue und dann an vielen Standorten einer sehr seltenen und schönen Orchideenart, dem Roten Waldvögelein, vorbei.

Über den Breitenberg – die Pfrontener Panoramakanzel

Den Weg von der Bergstation zum Gipfel sollte man, auch wenn der Lift in Betrieb ist, zu Fuß gehen. Zu reichhaltig blühen die Matten im Frühling und Sommer, und zu eindrucksvoll ist der sich langsam verändernde Blick zum Aggenstein mit seinen steilen Flanken und den schwindelerregenden Pfaden. Am Gipfel des Breitenberges erwartet mich eine umfassende Aussicht von den Ammergauer Alpen über die Zugspitze, die Tannheimer und Lechtaler Berge bis zu den Allgäuer Alpen. Die gemütliche Ostlerhütte verführt zu einem etwas längeren Aufenthalt. Der anschließende, teile Abstieg bietet mehrfach großartige Tiefblicke ins Steinacher Achental und auf Pfronten.

Ein rauschender Bach

Der Anstieg aus dem Achental zeigt rückblickend nochmals den Breitenberg in eindrucksvoller Weise. Nach dem Erreichen des Sattels erlaube ich mir den Abstecher zur Bärenmoosalpe für eine Brotzeit, denn an diesem Tag ist die Strecke nicht so lang und wenig anstrengend. Auf dem weiteren Weg ins Vilstal bin ich meistens von Wald umgeben. Im Tal lädt der Gasthof Vilstalsäge zur Rast, wo es Allgäuer und Schwäbische Spezialitäten gibt. Weiter talaufwärts wird es sehr ruhig. Außer dem Rauschen des Baches ist nur der Gesang der Vögel zu hören. Links über mir ragt die Felswand der Feuerschroffen, Wald zieht von den Berghängen herab und löst sich auf den weiten Wiesenflächen in einzelne Baumgruppen auf, so daß ich in einer parkartigen Landschaft wandere. Nur im Bereich der ehemaligen Staatsgrenze ist das Tal schluchtartig eng. Hinauf zum Alpengasthof Rehbach mit seiner herrlichen Terrasse, auf der man verweilen sollte, um den Ausblick zu genießen. Ein nochmaliger kurzer Aufstieg führt wieder über die Grenze und zu einem unschweren Abstieg nach Unterjoch.

Über zwei Gipfel und durch blumenreiche Berwiesen

Der Aufstieg von Unterjoch zum Kleinen Steinpaßsattel ist steil, aber der große Gelbe Enzian, die Trollblumen mit ihren kugeligen Blüten und die Alpenrosen lenken ab. Der Anstieg zum Spiesergipfel ist dann bequemer und die Aussicht läßt garantiert alle Mühen vergessen. Nach steilem Abstieg erreicht man eine Hochweide, die von Bergen umsäumt wird. Dieses Gebiet ist von keinem der umgebenden Orte schnell erreichbar, es ist dem Wanderer vorbehalten, der bereit ist, die weiten Wege zu gehen. Und auf ihn warten dafür hier unbeschreiblich schöne Bergwiesen mit Blumen in allen Farben, Moore mit unzähligen Wollgräsern, deren leuchtend wieße Haare bereits aus der Ferne zu sehen sind. Inmitten dieser Pracht befindet sich eine kleine Hütte mit einer Bank, die der Nachmittagssonne zugeneigt steht, und einem Brunnen mit erfrischendem Bergwasser. Es ist anzunehmen, daß der Besitzer dem vorbeikommenden Wanderer gerne ein paar Minuten Rast gewährt. Noch liegt ein Gipfel vor mir, das Tiefenbacher Eck. Auf der Südflanke dieses Berges befindet sich der größte Arnikastandort, den ich jemals gesehen habe. Man erkennt die seltene und geschützte Pflanze an den gegenständigen Blättern und den orange gefärbten Blütenständen. Die Aussicht vom Gipfel muß man erlebt haben. Der Rückblick auf den Spieser und die Bergwiesen, tief im Tal Hindelang, die Allgäuer Alpen mit der markanten Pyramide des Hochvogels und der Blick in das Kleine Walsertal mit den dahinterliegenden hohen Vorarlberger Bergen bleiben mir noch lange in Erinnerung. Der Abstieg führt bald auf eine wenig befahrene Fahrstraße, die nahezu ununterbrochen herrliche Blicke auf die Allgäuer Alpen bietet. Mit dem Erreichen der Stadt an der Iller bin ich am Ziel. Glücklich über das Erlebte und Gesehene und sogar ein wenig traurig darüber, daß diese Überquerung hinter mir liegt.

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Eine Überquerung der Allgäuer Alpen.pdf (441 KB)