Gerne hätte ich all die leuchtenden Punkte am nächtlichen Himmel entdeckt. Allein – ich hatte keine Vorstellung davon, wie ich sie finden sollte, da am Himmel. Das für mich entscheidende Kriterium zur Orientierung fehlte: Drachen, Adler und Bärenhüter waren nicht so in den Himmel gemalt, wie mein Buch das darstellte. Wie also sollte ich wissen, welche Sterne zu wem gehörten? Einzig die Sterne von Orion und Großem Wagen erhoben sich als für mich erkennbare Gestalten aus der nächtlichen Dunkelheit. Der Rest, so schien es mir, war ein riesiges, schwindelerregendes Durcheinander, das bei weitem alles überstieg, was meine Mutter jemals in meinem Zimmer beklagt hatte. Und deshalb endete meine astronomische Karriere an genau diesem Punkt. Zum Glück gibt es Menschen, die schon als Kinder hartnäckiger, scharfsichtiger und unerschrockener waren als ich. Einer von ihnen ist Jan Hattenbach.

Auch Jan Hattenbach bekam irgendwann mit acht oder neun Jahren eines dieser „Kinder“-Bücher über den Sternenhimmel geschenkt. Auch er starrte eine ganze Weile orientierungslos in den nächtlichen Himmel. Aber er gab nicht auf. Er sparte sein Taschengeld und nach einer Weile war er stolzer Besitzer eines kleinen Teleskops mit einer 5-Zentimeter-Öffnung. Einige lange Sommernächte verbrachte der Neunjährige mit seiner neuen Errungenschaft im elterlichen Garten und sah – zunächst einmal nichts. Doch nach einigen Nächten des Experimentierens, in denen Versuch und Fehlschlag mit nahezu unerträglicher Konsequnez aufeinander folgten, passierte es. Der Himmel war klar, das Teleskop korrekt ausgerichtet und die Orientierung gelungen. Zum ersten Mal in seinem Leben erblickte der Junior-Astronom den Jupiter und seine Monde. Seit dieser Nacht ist Jan Hattenbach „drauf“.

Eigentlich ist Astronomie ja so ein Hobby für Einzelgänger, fast möchte man sagen für Zivilisationsflüchtlinge. „Wenn ich mich auf die Sterne einlassen will, muss ich mich zunächst einmal von den Menschen entfernen. Ich muss raus aus der Stadt“, stellt Jan Hattenbach fest. In der Stadt sieht man gerade einmal die hundert hellsten Sterne am Himmel. Wer ferne Galaxien beobachten oder gar Deep-Sky-Aufnahmen machen möchte, hat hier keine Chance. Unter der Lichtverschmutzung leiden selbst die etwas außerhalb der Städte gelegenen Sternwarten. Doch das ist nicht der einzige Grund, weshalb Hattenbach des öfteren die Himmelsbeobachtung in der freien Natur der Arbeit mit dem leistungsstarken Teleskop der Aachener Volkssternwarte vorzieht, obwohl er diese als sein zweites Zuhause bezeichnet.  „In der Natur bist du ganz auf das Wesentliche zurückgeworfen. Die Sterne, die Landschaft und die wenigen anderen, die sich auch um diese Zeit in der Landschaft bewegen. In der Eifel, wo ich oft unterwegs bin, sind das zum Beispiel die Wildschweine, die durch den Wald ziehen; oder der Fuchs, der um mich herumstreift.“

Die Eifel bildet allerdings nur den Ausgangspunkt der Hattenbachschen Himmelsbeobachtung in der Natur. Tatsache ist, dass man als Astronom den Launen des Wetters auf Gedeih und Verderb ausgeliefert ist. Und bekanntlich kann man in Nordrhein-Westfalen auf einen zuverlässig wolkenfreien Himmel nicht zählen. So kam es, dass die Sonnenfinsternis 1999, die Jan seit 1986 mit Spannung erwartet hatte, buchstäblich „ins Wasser fiel“. In der Konsequenz fiel dann auch der Entschluss, die Sonnenfinsternis des Jahres 2001 in Afrika zu erleben.  Das Vorhaben scheiterte an einem höchst profanen Hindernis, das schon eine Unzahl ambitionierter studentischer Projekte scheitern ließ: Geld. Doch dann stieß Jans bester Astro-Kumpel Georg in einer Zeitschrift auf einen Aufruf des „Arbeitskreises Meteore“, der fähige Hobbyastronomen für eine Expedition zum Meteorregen in China suchte. „Also sind wir nach China und haben statt der Sonnenfinsternis den Meteorregen beobachet. Finanziell war das letztlich kein großer Unterschied, aber von da an wurden die Astro-Reisen zu einer Art Sucht.“ Zur Einstimmung auf alles, was da noch kommen sollte, unternahm man 2006 zunächst eine Reise zur Sonnenfinsternis in der Türkei, „die ja quasi um die Ecke liegt“. Es folgten Trekkingtouren durch weite Teile Südamerikas, auf denen die Sternenfreunde ihre astronomische Begeisterung unter Beweis stellten, indem sie mit Trekkingrucksäcken und einem gut 10 kg schweren Teleskop auf Rädern unverdrossen von Naturpark zu Naturpark bollerten, wobei sie das Schätzchen bis auf Höhen von 3.500 m hievten. ...