Auf der Suche nach interessanten Wandermöglichkeiten bin ich durch Zufall in der unerschöpflichen Fundgrube des Internets auf die Seite des WaldSkulpturenWeges geraten. Das dezente Design und die klare Struktur hob sich erfreulich von den oftmals überladenen Seiten so manch anderer Anbieter ab. Vorgestellt wurde der ungefähr 23 Kilometer lange Wanderweg zwischen Bad Berleburg und Schmallenberg, dessen Besonderheit ist, daß alle ein bis zwei Kilometer eine künstlerisch gestaltete Skulptur am Wegesrand zu beschauen ist. Mich überraschte die erlesene Auswahl an Künstlern, die für dieses Projekt gewonnen worden ist: Jochen Gerz, Alan Sonfist und Nils-Udo sind namhafte, international bekannte Künstler, die mir schon vorher begegnet sind. Meine Erwartungshaltung an den Wanderweg stieg dementsprechend rapide an, und ich konnte es kaum noch erwarten, endlich einmal die Kombination meiner beiden großen Leidenschaften Wandern und Kunst zu erleben.

Link-Tipp

www.waldskulpturenweg.de

Kunst und Natur: offizielle Präsentation des WaldSkulpturenWegs zwischen Bad Berleburg und Schmallenberg.

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Wandern statt warten

Nun stehe ich also oben auf dem Rothaarkamm ungefähr gleichweit entfernt von Schmallenberg im Norden und Bad Berleburg im Süden am Wanderparkplatz Kühhude. Um genügend Zeit für die einzelnen Kunstwerke zu haben, habe ich den WaldSkulpturenWeg in zwei Tagesetappen aufgeteilt: Heute soll es von Kühhude nach Bad Berleburg gehen und morgen von Kühhude nach Schmallenberg (Infos zur Tourplanung siehe Wandertip).

Ich habe mich im November auf den Rothaarkamm hinausgewagt und werde dementsprechend von dichtem Nebel empfangen. Da aber kein Regen für heute vorhergesagt ist, wirkt die leicht "mystische" Stimmung geradezu anregend, denn die in der Zivilisation so übersteigert beanspruchten Augen verlieren im Nebel ihre Wirkung und der Hörsinn wird sensibler. Das Knacken der Bäume läßt aufhorchen. Derart in erhöhte "Alarmbereitschaft" versetzt, laufe ich dem Rothaarkamm folgend gen Westen. Bei der Orientierung kommt mir die optimale Markierung des Weges zugute. An Holzpfählen sind die Schilder des WaldSkulp-turenWeges etwas unter Augenhöhe angebracht. Das blaue Logo stellt ein Tor dar und bezieht sich auf die Skulptur Nr. 6 von Ansgar Nierhoff. Die Frequenz der Holzpfähle ist vorbildlich kontinuierlich und ein Verlaufen fast nicht möglich.

Urgewalt

Nach ungefähr 500 Metern parallel zum Rothaarsteig öffnet sich linker Hand eine Lichtung. Und obwohl ich eigentlich gut darauf vorbereitet bin auf das, was jetzt kommt, bin ich wirklich von den Socken. In einem Kreis aus Buchen steht ein massiger Quarzit-Felsblock, der von einer tempelartigen Baumarchitektur umgeben ist. Überwältigend! Die massigen Baumstämme und der 150 Tonnen schwere Quarzit glänzen vom zwischenzeitlich einsetzenden leichten Nieselregen. Während ich um die Skulptur von Nils-Udo herumgehe, fallen mir wieder die Worte von Wolfgang Völker ein. Das Mitglied der Wittgensteiner Akademie, dem Mitinitiator des WaldSkulpturenWeges, ist für die Projektorganisation zuständig. Er hatte anhand eines Modells der Skulptur "Stein-Zeit-Mensch" erklärt, daß der Künstler die "Mächtigkeit der Natur" aufzeigen wollte, indem er das Gestein, auf dem der Wanderer auf dem Rothaarkamm steht, unter der Grasnarbe hervorholt und mit aller Wucht vor die Augen des Betrachters stellt. Nun steht er da und kann nicht anders, genau wie der Betrachter, der verwundert starrt. Bis in die Abendstunden hinein sollte mich das Bild des Quarzitbrockens in seiner Wucht und Schwere nicht mehr loslassen.

 

Bezugspunkte

Aber das war ja nur der Anfang! Einen halben Kilometer später stehe ich vor dem näch-sten "Schwergewicht", sowohl künstlerisch, da Alan Sonfist einer der bedeutendsten Landartkünstler weltweit ist, als auch von den Ausmaßen der Skulptur her. Denn 44 Meter Spannweite weisen die beiden Schwingen des "Falken" auf, dessen Umriß aus Rindenmulch auf einer Lichtung ausgelegt ist. Der gut ein Meter hohe Wall der Skulptur "The Monument of the Lost Falcon" ist mit Lärchensetzlingen bepflanzt und soll an keltische Fliehburgen erinnern, von denen es in der Region mehrere gegeben hat. Auch in dem Wallring wachsen junge Setzlinge von ungefähr 30 Baumarten, die es in der Region entweder mal gegeben hat, bzw. gegeben haben soll oder noch gibt. Es ist also ein wachsendes Kunstwerk!

Während ich durch lichten Fichtenwald weiterlaufe, fällt mir auf: Wie der Quarzit von Nils-Udo ist auch der "Falke" von Alan Sonfist kein abstrakt "gültiges" Kunstwerk, das auf dem Rothaarkamm, aber genauso auch in irgendeinem Museum auf der Welt stehen könnte. Es sind, nach den Vorgaben des Kurators Dr. Rüth vom Skulpturenmuseum Glaskasten Marl, komprimierte Ausdrücke der Orte, an denen die Kunstwerke geschaffen wurden und mit denen sie untrennbar in Verbindung stehen.

Ich glaub‘, ich sitz‘ im Wald hier

Und genau diese Orte, die mich konkret umgebende Natur, mit ihren Fichten, Buchen, Pilzen, Blättern, Sträuchern und Pfaden kommen mir mehr und mehr beim Laufen in den Sinn. Oder besser: Ich nehme intensiver, bewußter und anders wahr. Es ist kein Zustand des Grübelns mehr, sondern eher ein Meditieren – ein Kunststück der erlebten Kunst.

Solcherart in Gedanken komme ich zu der witzigsten, skurrilsten Arbeit des WaldSkulpturenWeges: dem Grünhaus von Gloria Friedmann. Schon von weitem sehe ich ein kleines Haus mit Satteldach zwischen den Baumstämmen hindurchschimmern. In Vorfreude auf eine gemütliche Brotzeit trete ich in den Unterstand ein und stehe "im Wald". Drei Baumstämme wachsen durch das Dach in den Himmel. Ich setze mich also in das "Baumhaus" und schaue auf den Wald hinaus. Drinnen, draußen, was ist wo?

Auf dem Weiterweg hinab nach Bad Berleburg – hier wird demnächst eine Skulptur von Magdalena Jetelowa entstehen – habe ich immer wieder tiefe Einblicke in die Täler von Lausebach und Oesterze. Durch vermehrte Buchenbestände gelange ich zum Ausgangs- bzw. Endpunkt des WaldSkulpturenWeges vor dem Rathaus in Bad Berleburg. Eine große Tafel klärt den Wanderer hier über das Briefprojekt von Jochen Gerz auf. Der Künstler forderte mittels der beiden Bürgermeister alle Schmallenberger und Berleburger auf, insgesamt an die 40.000 Menschen im wahlfähigen Alter, dem jeweils anderen Ort einen Brief zu schicken, in dem sie beschreiben, warum sie in Berleburg oder Schmallenberg leben, was sie daran lieben oder stört. Ein Großteil der Briefe mit teilweise sehr persönlichen Stellungnahmen der Bürger ist in beiden Gemeinden in Form von Tafeln, die über die Gemeinden verteilt sind, veröffentlicht als…

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