Es ist lange her, da war die Lüneburger Heide überzogen von mächtigen Gletschern. Eine unwirkliche Welt, die durch den Temperaturanstieg nach der Eiszeit ein fruchtbares Land hinterließ, das wir Menschen von der Jungsteinzeit bis hin ins Mittelalter zu kultivieren lernten. Heute erinnert wenig an die lebensfeindliche Welt von damals, auch wenn die Kulturlandschaft aus weitläufigen Heideflächen und Mooren heute noch ein ganz besonderes, oft mystisches Flair versprüht.

Heideflächen und Moore

Entgegen der Annahme, der Norden Deutschlands sei durchweg flach, präsentiert sich die Lüneburger Heide, allen voran der 169 m hohe Wilseder Berg, von einer sanft geschwungenen, hügeligen Seite. Höchster Berg der norddeutschen Tiefebene darf sich der stolze Berg nennen, der im Zentrum des autofreien Naturschutzgebietes Lüneburger Heide thront und einen fantastischen Blick auf die umliegende Wald- und Heidelandschaft freigibt. Hier ist der Verkehrslärm der Ballungsgebiete in weiter Ferne. Nur der leichte Wind, der über die Hügel haucht, und das Hufklackern der Pferde, die, vor rustikale Kutschen gespannt, den öffentlichen Nahverkehr vielerorts auf besonders reizvolle Art ersetzen, untermalen das Natur-erlebnis beim Wandern durch das anspruchslose Relief. Genusswandern par excellence. Selbst ungeübte Wanderer können, ohne große Distanzen zu überwinden, eine Vielzahl von unterschiedlichen Landschaftsformen und Ökosystemen bestaunen. In der Lüneburger Heide findet man sie, die Kulturlandschaft aus dem Bilderbuch, die vor allem zwei prominente Landschaftsformen im ständigen Wandel vereint: Heidelandschaft und Moorlandschaft. 

Ein Traum aus Lila

Entstanden sind die weitläufigen Heideflächen in der Jungsteinzeit, als die hier ansässigen Bauern die Wälder zwecks Ackerbau rodeten. Mangels Dünger wurden die ausgelaugten Flächen mit der Zeit wieder der Natur überlassen und so eroberte die genügsame Heidepflanze den nährstoffarmen Boden im Alleingang. Heute bedarf es großen Einsatzes, dieses menschengemachte Ökosystem zu erhalten. Neben dem Menschen, der durch Heidebrand überalternde Bestände kontrolliert verjüngt und durch das so genannte Plaggen zur Düngung den Oberboden abträgt, steht ein Lebewesen in vorderster Reihe: die Heidschnucke. Tausende der Nordischen Kurzschwanzschafe ziehen seit dem Mittelalter quer über das Land. Waren die Schafe früher noch wertvolle Lieferanten für Wolle und Düngerproduzent, werden sie heute besonders als natürliche Förster geschätzt. Indem sie die Triebe von Bäumen verbeißen, verhindern sie das Entstehen von Birken- und Kiefernwäldern und sorgen dafür, dass die Heidepflanze genug Platz zur Entfaltung hat. Über 9.000 Heidschnucken in 16 Herden bevölkern 365 Tage im Jahr die Heideflächen und sorgen nicht zuletzt für das einzigartige Panorama der Lüneburger Heide.

Mystische Moore

Düster geht es mitunter im Moor zu. Besonders morgens, wenn sich dichter Nebel über die Landschaft legt. Kein Wunder scheint es da, dass viele der Moore mystische Namen wie Teufelsmoor oder Grundloser See tragen. Wer auf seinen Wanderungen genauer hinblickt, erkennt jedoch, dass Moore überaus vielfältige Biotope darstellen, die dank des früh gekeimten Naturschutzgedankens in der Region heute nachhaltig geschützt sind. Das Schweimker Moor z. B. bildet das Zentrum des Vogelschutzgebietes Lüneburger Heide und ist eines der bedeutendsten Kranichbrutplätze Niedersachsens. Doch auch das über 8.000 Jahre alte Pietzmoor oder das Naturschutzgebiet Grundloses Moor mit ihren herrlich stillen Rundwanderwegen sind beeindruckende Wanderziele.

Wanderparadies das ganze Jahr

Stetiger Wandel hat die Lüneburger Heide fest im Griff, nicht nur beim Blick in das Geschichtsbuch der Erde. Das ganze Jahr über übertrumpfen sich eindrucksvolle Naturschauspiele gegenseitig und wandeln das Antlitz der Heide. Im Frühling, wenn das Wollgras die Moorlandschaft im Pietzmoor mit weißen Farbtupfern übersät und der blaue Moorfrosch während der Paarungszeit seinem Namen alle Ehre macht, ahnt man noch nichts vom gigantischen Teppich in Lila, der sich im Spätsommer über die sanft gewellte Landschaft legt. Wenn dann die Heideblüte voll im Gange ist, entwickelt die Lüneburger Heide ihre ganze Pracht. Geradezu bescheiden wirkt da der Herbst, obwohl er sich mit der farbenprächtigen Laubfärbung der vielfältigen Mischwälder und dem dumpfen Röhren der Hirsche während der Brunftzeit ebenso in die Herzen der Wanderer spielt. Im Winter, wenn der Wacholder von Pulverschnee oder Raureif bedeckt ist und das Knirschen der Wanderschuhe im Schnee das einzige Geräusch zu sein scheint, strahlt die Landschaft bedingungslosen Frieden aus. Es ist der stetige Wandel der Natur, der die Lüneburger Heide zum Wanderparadies für das ganze Jahr macht.

Tipp: Mehr Heide geht nicht!

Wer das volle Programm Lüneburger Heide zu Fuß erleben möchte, der findet, neben den zahlreichen Rundwanderwegen, mit dem 223 km langen Heidschnuckenweg ganz bestimmt den richtigen Weg. 13 Etappen von sieben bis 27 km Länge führen mitten durch das Herz der Heide. Mit seinen insgesamt 800 Höhenmetern unterstreicht der nördlichste vom Deutschen Wanderverband zertifizierte Qualitätsweg, dass er besonders bei Genusswanderern hoch im Kurs steht. Mehr Lüneburger Heide geht nicht! 

 

Info

www.lueneburger-heide.de

Heidschnuckenweg-Tour