Bizarre Sandsteinfelsen, einsame Wälder und Kegelberge aus vulkanischem Gestein – all dies bietet uns eine fünftägige Tour von der Elbe zur Neiße durch die Böhmische Schweiz, das Lausitzer Gebirge und das Zittauer Gebirge. Ein Artikel aus dem Wandermagazin-Archiv.

Dieses nicht alltägliche Wandererlebnis beginnt an der Endstation Schöna der von Dresden kommenden S-Bahn und endet am Bahnhof in Zittau an der polnischen Grenze. Die Tour ist deshalb mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut durchführbar und umweltfreundlich. Sie ist sehr abwechslungsreich, da sie durch verschiedenartige Landschaften führt.

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Zur landschaftlichen Einordnung: Auf der vorgestellten Route überschreitet der Wanderer die Wasserscheide zwischen der Nord- und Ostsee und außerdem die Grenze zwischen Deutschland und Tschechien direkt nach dem Start. Die Wanderung führt durch das Lausitzer Gebirge (tschechisch Lužické hory), welches im Südosten Sachsens beginnt und in Nordböhmen (Tschechien) zwischen Böhmischer Schweiz und Jeschkengebirge liegt. Den deutschen Anteil des Lausitzer Gebirges bildet schließlich das Zittauer Gebirge. Nördlich daran anschließend breitet sich die hügelige Landschaft des Lausitzer Berglandes aus. Die Böhmische Schweiz ist gleichzeitg Teil des Elbsandsteingebirges auf tschechischem Boden. Es besteht aus einem Sandstein, der durch Klüftung und Schichtung zur Blockbildung neigt. Wir besteigen auf unserer Route mehrere Aussichtspunkte, die durch Steiganlagen begehbar sind. Im Lausitzer Gebirge befinden sich zahlreiche kegelförmige Berge, die Reste ehemaliger Vulkanstiele sind. Weite Gebiete des Lausitzer Gebirges sind von dichten und einsamen Wäldern bedeckt, durch die wir viele Stunden wandern. Mit der Lausche und dem Hochwald besteigen wir markante Gipfel mit herrlicher Aussicht. Das Zittauer Gebirge kann man als den zu Deutschland gehörenden Teil des Lausitzer Gebirges bezeichnen. Hier findet man den gleichen Sandstein wie in der Böhmischen Schweiz und ebenfalls Vulkanreste.

Da für diese Tour kein organisierter Gepäcktransport möglich ist und der Wanderer also aus dem Rucksack lebt, muss man die Überquerung als mittelschwere Tour bezeichnen. Die Anstiege pro Tag übersteigen nie 600 m und nach etwa 5 bis 6 Stunden Gehzeit wird ein Gasthaus erreicht, in dem man alles bekommt, was der Wanderer benötigt. Nur die dritte Etappe (23 km) ist länger. Nebenbei sei bemerkt, dass man in diesem Gebiet der Tschechischen Republik noch preiswert reist, das herrliche Bier alle Mühen des Tages vergessen lässt und zum Tagesausklang ein Glas trockenen Weines aus Mähren uns glücklich auf die Erlebnisse des Tages zurückblicken lässt.

Das Prebischtor mit dem Rosenberg

Von der Elbe in das Gebirge

Am ersten Tag besuchen wir das berühmte Prebischtor. Es ist das größte natürliche Felsentor Europas. Von der Terrasse unterhalb des Tores und von dem daneben befindlichen Edmundsstein bieten sich prächtige Ausblick auf die Sächsische und Böhmische Schweiz. Besonders eindrucksvoll ist der Blick zum Schneeberg, dem mit 721 Metern höchsten Berg der Böhmischen Schweiz, und auf den Großen Zschirnstein, der mit 560 Metern alle anderen Berge der Sächsischen Schweiz überragt.

Auf luftigen Steigen

Am zweiten Tag bleiben wir noch in der Böhmischen Schweiz. Am Morgen klettert man vielleicht durch einen Kamin über Leitern auf den Saunstein mit seiner Aussichtsplattform. Der Felsen wurde im Mittelalter auch Schauenstein genannt und die hier einst befindliche Burg als Hohenleipaer Raubschloss bezeichnet. Selbstverständlich kann man die etwas luftige Besteigung auch auslassen und unterhalb vorbeiwandern. Das gleiche gilt für den Gipfelanstieg auf den Rudolfstein (Die Steiganlage war bei der Behehung nicht in Ordnung!), der jedoch den Bergsteigern/Wanderer die beste Aussicht auf die Böhmische Schweiz bietet. Während des Abstiegs vom Rudolfstein nach Jetrichovice kann man mit der Wilhelminenwand und dem Marienstein zwei weitere Aussichtspunkte besuchen. Zur Wilhelminenwand gelangt man auf einem bequemen und einfachen Pfad, zum Marienfelsen führt ein neu errichteter und sehr gut gesicherter Steig. Zwischen den beiden Aussichtspunkten kommt man an einem überhängenden Felsen vorbei, der eine Inschrift hat, die auf ein Truppenlager im Dreißigjährigen Krieg hinweist.

Wälder und Berge

Der dritte Tag bringt uns in eine ganz andere Landschaft. Wir wandern auf breiten Wegen durch ausgedehnte Wälder und an vielen kegelförmigen Bergen vorbei. Ihre Entstehung begann an der Wende von der Mittel- zur Neuzeit vor vielen Millionen Jahren. Als die afrikanische Platte gegen die europäische Platte driftete, kam es zur Faltung der Alpen. Im übrigen Mitteleuropa erfolgten viele Brüche in der Erdkruste, wobei in Nordböhmen der Egergraben einbrach. Dabei fand an benachbarten Schwächezonen das Magma einen Weg an die Erdoberfläche, und es entstanden viele Vulkane. Allerdings sind die heute im Lausitzer Bergland aufragende Kegelberge nicht die ehemaligen Vulkanberge, sondern Rest der Schlote mit umgebendem Gestein, da die Erdoberfläche seitdem beträchtlich abgetragen worden ist. Dass es sich bei den Wäldern um ziemlich ungestörte, artenreiche Biotope handelt, zeigt sich u.a. daran, dass wir zweimal sehr großen Kreuzottern begegneten.

Ein besonderer Höhepunkt ist die mitten im Wald gelegene Bahnstation Jedlova. Das ganze Gebäude war bei der Begehung liebevoll gepflegt und mit Blumen geschmückt. Ob es den kleinen Schalter mit schöner Holzvertäfelung so noch gibt wissen wir nicht. Sicher ist: Ein Restaurant daneben erspart es dem Wanderer auf diese Tour einen zu großen Vorrat an Essen und Getränken mitnehmen zu müssen. Am Abend erreicht man dann die sehr gemütliche Bergbaude Luž. Die Zimmer hatten zwar kein Wasser, aber Duschen mit heissem Wasser sind vorhanden und die Bewirtung lässt keine Wünsche offen.

Die Lausche vom Falkenstein aus gesehen

Grenzüberschreitendes Wandern

Am vierten Tag besteigen wir gleich am Morgen die Lausche. Wir erklimmen den fast 800 Meter hohen Gipfel ohne Gepäck. Der Blick auf das Lausitzer Gebirge ist überwältigend: Vulkanberg neben Vulkanberg, man glaubt sich in eine ferne Landschaft in Übersee versetzt. Bei der anschließenden Wanderung durch das in Deutschland gelegene Zittauer Gebirge sollte man einen Abstecher von der Route in die Jonsdorfer Mühlsteinbrüche machen, aufgrund der Kürze dieser vierten Etappe kein Problem.

1560 entdeckten der Ortsrichter Hieronymus Richter und seine beiden Söhne, wie der durch benachbarte Magmagänge gehärteten Sandstein verwendet werden könnte, der dann 350 Jahre lang zur Herstellung von Mühlsteinen gebrochen wurde. Zunächst brach man die kompletten Mühlsteine aus den Felsen, erst im 19. Jahrhundert wurden die Steine gekittet.

Und dann am Nachmittag dieses Tages folgt der letzte Höhepunkt, die Besteigung des 749 m hohen Hochwaldes mit seinem Aussichtsturm. Man kann es kaum beschreiben, man muss es bei guter Fernsicht selbst erlebt haben. Hat der Wanderer dann noch das Glück eines besonders klaren Tages, sieht er in blauer Ferne das Isergebirge und vielleicht sogar die Schneekoppe im Riesengebirge. Die Sehnsucht, auch diese Gebirge zu besuchen, bleibt dann nicht aus. Es sind ja immer wieder die Fernblicke, die uns Streckenwanderer weiterlocken, in immer größere Fernen, „um zu schau`n, was hinter den Bergen haust und wie die Welt so weit...“. Wie in einem alten Wanderlied besungen wird. Übrigens, für den Abend in der „Alten Schmiede“ in Lückendorf sei noch ein kulinarischer Tipp erwähnt: Forelle nach Müllerin Art mit einem Glas trockenem Burgunderwein.

Das Finale

Am letzten Tag haben wir eine schöne, gemütliche Wanderung von knapp vier Stunden vor uns. Und wenn wir das Gebirge verlassen haben und an der Neiße, unserem geographischen Ziel, entlangwandern, sind wir sicher aus mehreren Gründen zufrieden: über die Tour selbst, unsere Leistungsfähigkeit und darüber, dass grenzüberschreitendes Wandern in Europa heute so leicht realisiert werden kann.

Konrads Tour im Tourenportal © Mapbox © OpenStreetMap

Text und Fotos: Dr. Konrad Lechner 


Dr. Konrad Lechner ist passionierter Wanderführer im In- und Ausland und wurde 2008 zum Ehrenwanderführer des Deutschen Wanderverbandes ernannt. Die beliebte Serie "Konrads Überquerungen" erschien von 2002-2012 im Wandermagazin. Wir holen die Touren über große und kleine Gebirgszüge nun aus dem Archiv und veröffentlichen sie hier in überarbeiteter Fassung.