Farben, Klänge, Gerüche – mit all unseren Sinnen berührt uns die Natur. Im Winter fehlt uns das in seiner Fülle. Wenn also draußen die Dunkelheit dominiert, lohnt es sich darüber nachzudenken, wie gut uns die Natur tut! So schreibt der Philisoph Prof. Martin Seel in seinem Buch „Eine Ästhetik der Natur“: In der Natur gehen wir auf Distanz zu unseren Festlegungen und Obsessionen, auch zum Wahn der Machbarkeit“. In der englischen Literatur hat die Natur ihr eigenes Genre: das nature writing. In der Winterausgabe des Wandermagazins stellen wir Euch dazu Richard Mabeys Buch "Die Heilkraft der Natur" vor. Darin schenken Mabeys Naturbeobachtungen ihm in einer Lebenskrise neuen Lebensmut. Die Zitate von fünf klugen Köpfen konzentrieren sich ganz auf die Kraft der Natur. Lasst Euch für Eure nächste Verabredung mit der Natur inspirieren:

 Lichter Wald © Pixabay
  • Thoreau geht in den Wald...

„Ich ging in die Wälder, weil mir daran lag, bewusst zu leben.
Ich wollte mich nur mit den wesentlichen Dingen des Lebens beschäftigen,
um nicht, wenn es ans Sterben ging, die Entdeckung machen zu müssen, nicht gelebt zu haben.

Aus: Walden. Oder das Leben in den Wäldern (Originaltitel: Walden. Or Life in the Woods)

Der amerikanische Schriftsteller und Philosoph Thoreau (12. Juli 1817 - 6. Mai 1862) lebte für zwei Jahre, zwei Monate und zwei Tage völlig abgeschieden in einer Hütte im Wald am Walden Pond in Concord, Massachusetts. Er wollte sich ganz auf das Wesentliche konzentrieren. Dabei entstand sein Buch "Walden". Thoreau sehnte sich nach der Einheit mit der Natur, einem Leben wie die Ureinwohner Amerikas führten, frei von Zivilisationsstress. Denn den gab es schon im 19. Jh. So sind seine Gedanken uns heute sehr nah.


 

Kornfeld mit Mohnblumen  © Unsplash
  • Emerson ruht in den Armen der Natur...

"Die höchste Richterin über alle Irrtümer der Vergangenheit
und Gegenwart und die einzige Prophetin der notwendigen Zukunft
ist die große Natur, in der wir ruhen wie die Erde
in den sanften Armen der Atmosphäre.


Aus: Die Natur (Originaltitel: Nature)

Der Philosoph und Schriftsteller Ralph Waldo Emerson (25. Mai 1803 - 27. April 1882) war ein Freund des oben zitierten Thoreau. Emersons erstes Buch, "Die Natur", veröffentlichte er mit erst 33 Jahren und verfolgte darin den Gedanken, dass der Mensch ein einfaches Leben im Einklang mit der Natur anstreben sollte. Auch er ist heute noch erstaunlich zeitgeistig.

 


 

 Gräser © Unsplash
  • Mary Oliver schlendert durchs Gras...

The Summer Day / Der Sommer Tag

„Ich weiß, wie ich aufmerksam sein kann, wie ich ins Gras fallen kann,
wie ich ins Gras knien kann,
wie ich müßig und gesegnet sein kann, wie ich durch die Felder schlendern kann,
das ist was ich den ganzen Tag getan habe.
Sag mir, was sonst hätte ich tun sollen?“

Aus: House of Light (Gedichtband)

Die Natur ist der Schwerpunkt in den Gedichten der erst kürzlich verstorbenen amerikanischen Dichterin Mary Oliver (10. September 1935 – 17. Januar 2019). In Deutschland ist sie leider weniger bekannt, aber für alle Natur- und Poesieliebhaber ist sie eine echte Entdeckung. Gerade in den Wintermonaten, wenn die Natur sich ausruht. Die Pulitzer-Preis Gewinnerin verbindet ihre poetischen Naturbeobachtungen mit einer große Sehnsucht nach Nähe mit der Natur. 


 

 Rotkelchen © Pixabay
  • Goethe lauscht der Natur...

„Man schließe das Auge, man öffne,
man schärfe das Ohr,
und vom leisesten Hauch bis zum wildesten Geräusch,
vom einfachsten Klang bis zur höchsten Zusammenstimmung,
von dem heftigsten, leidenschaftlichen Schrei bis zum sanftesten Worte der Vernunft
ist es nur die Natur, die spricht,
ihr Dasein, ihre Kraft, ihr Leben und ihre Verhältnisse offenbart,
so daß ein Blinder, dem das unendlich Sichtbare versagt ist,
im Hörbaren ein unendlich Lebendiges fassen kann.“

Aus: Naturwissenschaftliche Schriften, Zur Farbenlehre, Vorwort

Nicht nur in seinen Gedichten auch in seinen naturwissenschaftlichen Überlegungen widmete sich der deutsche Dichterfürst  Goethe (28. August 1749 – 22. März 1832) immer wieder der Natur. Goethe lehrt uns in diesem Zitat, dass wir nicht nur die Augen, sondern auch die Ohren in der Natur offen halten sollten. Blätterrauschen, Vogelstimmen, der Wind, das Knirschen der Schritte. Gerade wenn sich die Natur in ihren Farben zurück nimmt, einfach mal die Augen schließen. 


 

 Dichter Wald © Unsplash
  • Tieck wird im Wald zum Mensch...

Erst unterm Blätterhimmel wird der Mensch zum Mensch

Aus: Franz Sternbalds Wanderungen

Ein echter "Romantiker" war der Schriftsteller Ludwig Tieck (31. Mai 1773 – 28. April 1853). In seinem Künstlerroman "Franz Sternbalds Wanderungen" ist die Natur in all ihrer Schönheit das Maß aller Dinge für die Kunst. Vor allem der Wald und sein Idyll spielen bei Tieck sowie allgemein in den Werken von Romantikern wie Jospeh v. Eichendorff oder Caspar David Friedrich eine zentrale Rolle. Es entsand sogar ein eigenes Motiv daraus: die "Waldeinsamkeit". Ausdruck einer Sehnsucht nach unberührter Natur ohne den Störfaktor Mensch. 

 

Das könnte Dich auch interessieren!

Der Wald – Mythos, Sehnsuchtsort, Gesundbrunnen, Erlösquelle, Seelenverwandter ...

Buchempfehlungen zum Thema Natur und Wandern