Praxistest 2015, Teil 3: Kunstfaser-Funktionswäsche zum Wandern

Funktionswäsche dient uns als innerste und zugleich wichtigste Kleidungslage. Sie ist dafür verantwortlich wie wohl wir uns Outdoor fühlen, denn sie sorgt für den Transfer überschüssiger Feuchtigkeit weg von der Haut nach außen. Während Baumwolle dafür aufgrund der Einlagerung der Feuchtigkeit im Material nicht geeignet ist, erfüllen andere Naturfasern wie Merinowolle oder Materialmischungen mit Holzanteil (Lyocell, Tencel) diese Erwartungen bei niedriger und mittlerer Aktivität am besten. Fließt der Schweiß in Strömen, sind Kunstfaserprodukte oft am sinnvollsten. Allerdings ist bei Polyester, Polypropylen & Co. trotz antibakterieller Ausstattung die Geruchsentwicklung spätestens nach zwei Tagen ein Thema.

Auch 2016 setzen wir unsere erfolgreichen Langzeit-Praxistests fort. Wie gewohnt stellen wir Ihnen im 2-Monatsrhythmus Wanderausrüstung in ein oder zwei Testkategorien vor. Zusätzlich können Sie in der Printausgabe des Wandermagazins den oder die aktuellen Berichte in komprimierter Fassung nachlesen.

Diesmal haben wir Funktionswäsche-Shirts aus 100% Kunstfaser für Sie ausprobiert. Alle erfüllen die Funktion der wichtigen innersten Kleidungsschicht. Manche der teils superleichten Shirt liegen dabei sehr eng am Körper, andere sind etwas legerer geschnittenen und können auch gut als T-Shirt getragen werden. 

Folgende Produkte nahmen am Funktionswäsche-Test 2016 teil: 

Kurzarmshirts

  • Arc´teryx Phase SL Crew Shirt
  • CEP Ultralight Short Sleeve Shirt
  • Craft Active Comfort Short Sleeve
  • Falke Trekking Short Sleeve Shirt
  • Patagonia Capilene Lightweight T-Shirt
  • Vaude Seamless Light Shirt

Testgebiet:

Deutsche Mittelgebirge: Hunsrück, Mittelrheintal, Pfälzerwald, Moseltal, Ederbergland, Schwäbische Alb, Hainich, 

Mecklenburger  Seenplatte, Hainich

Strecken:

5 bis 18 km

Höhenmeter:

▲▼ jeweils bis zu 630 m

Temperaturen:

15°C bis -5°C

Wetter:

☀, ☁, ,☃ 

Zeitraum:

 November 2015 bis April 2016 (jeweils mind. 3 Monate)

Die jeweils betroffenen Hersteller haben keinerlei Einfluss auf die Durchführung und das Ergebnis der Tests. Wir haben uns bemüht, die Vor- und Nachteile der Produkte, die uns während des Langzeittests aufgefallen sind, so objektiv wie möglich darzustellen. Oberstes Ziel der Studie war es, möglichst umfassende und praxisnahe Informationen zum jeweiligen Testprodukt zu bieten. 

Im Folgenden stellen wir die getesteten Produkte kurz mit Foto und tabellarischem Überblick vor (darunter auch der aktuelle Ladenpreis, das von uns ermittelte Gewicht und die Kontaktadresse der Hersteller), bevor wir unsere Eindrücke und Erfahrungen auflisten und die Kandidaten bewerten. 

Übrigens: 

Für unsere Praxistest wählen wir aus einem großen Produktangebot in der Regel 6 Kandidaten aus, die wir im mehrmonatigen Praxistest genau unter die Lupe nehmen. Durch die sorgfältige Vorauswahl schaffen es in der Regel nur Spitzenprodukte zu den auserkorenen Testkandidaten zu gehören.

Das oder maximal die beiden Produkte, die sich in der Praxis am besten bewähren, nachhaltig sind und rundum fürs Wandern am besten überzeugen, erhalten schließlich das begehrte Wandermagazin-Testsiegel.

Insgesamt erfreulich ist es, dass keiner der sechs Kandidaten echte Schwächen zeigt. Die Leistungsdichte des Testfeldes liegt sehr eng zusammen, was die Entscheidung zur Siegelvergabe nicht gerade einfach gestaltet hat. Daher kam es mal wieder auf Zusatzeigenschaften, wie zum Beispiel das Nutzen recycelten Materials oder die durch entsprechende unabhängige Siegel belegten fairen und / oder umweltverträglichen Produktionsbedingungen an, die bei einigen Produkten wichtige Zusatzpunkte zum Gesamtergebnis beitrugen. Soviel vorweg zur Siegelentscheidung, doch nun zur Frage: Wie haben sich die 6 Shirts beim Tragen in der Praxis bewährt?  

Craft Active Comfort Short Sleeve

Das Craft Active Comfort Short Sleeve gehört zu den beiden Funktionsshirts mit einem Eigengewicht über 100 g. Das Shirt ist dennoch als leicht einzustufen und eignet sich prima für den ganzjährigen Einsatz beim Wandern. Perfekt ist es für die Übergangsjahreszeiten geeignet. Ab Temperaturen über 20°, spätestens aber über 25°C wird das Shirt zu warm. Angenehm ist die Haptik des ziemlich glatten Polyester-Polyamid Gemischs. Das Shirt weist v.a. seitlich unterschiedliche Strickzonen auf. Diese Art des „body mapping“ sorgt für eine gezielte Unterstützung des Feuchtetransfers. Durch die sehr gute Dehnbarkeit schränkt das Shirt die Bewegungsfreiheit in keiner Weise ein und eignet sich somit für jede Art von Outdooraktivität. Obwohl es keine Zusatztausstattung zur Geruchshemmung hat, entwickelt sich zumindest im Laufe einer Tagestour kaum unangenehmer Geruch.  

Fazit: Insgesamt zeichnet sich das angenehm lang geschnittene Shirt durch ein breites Einsatzspektrum und hohen Tragekomfort (wozu auch die nahtlose Verarbeitung am Torso beträgt) aus. Das gegenüber den Mitbewerbern höhere Gewicht, sowie das Fehlen recycelten Materials und die fehlende Auszeichnung mit Produktionssiegeln verhindern eine höhere Punkteausbeute. So erhält das Craft Active Comfort Short Sleeve mit 71% der möglichen Punkte das Testurteil „gut“.

 

Falke Trekking Short Sleeve Shirt

Das zweite Shirt mit einem Eigengewicht über 100 g ist das Trekking Short Sleeve Shirt von Falke. Auch dieses Shirt weist am Torso keine Nähte auf, was zum insgesamt sehr guten Tragekomfort beiträgt. Das weiche Shirt fühlt sich auf der Haut angenehm an. Die durch die Webart erzeugte Microstruktur erhöht die Oberfläche und unterstützt damit die Feuchtigskeitsaufnahme. Das Shirt weist anatomisch unterschiedliches body mapping auf, das ebenfalls zum optimalen Feuchtugkeitstransfer beiträgt. Dank eines gerigen Elasthananteils ist das Polyester-Polyamid Shirt beliebig dehnbar und damit urbequem. Das eher körpernahe und relativ lang geschnittene Shirt ist ideal für kühles Wetter in den Übergangsjahreszeiten, kann aber auch bis Temperaturen von 20°C gut getragen werden. Spätestens oberhalb 25° wird es aber definitiv zu warm. Damit sich unangenehme Gerüche nur langsam entwicklen, beinhalten die Fasern des Shirts einen geringen Aktivkohleanteil, was tatsächlich dafür sorgt, dass man das Shirt bis zu 2 Tage ohne Waschen tragen kann.

Fazit: Das Falke Trekking Short Sleeve Shirt hat sich mit hohem Tragekomfort und sehr guter Klima- und Feuchteregulierung im Test bewährt und eignet sich sehr gut für diverse Outdooraktivitäten. Eine bessere Punkteausbeute des nach Öko-Tex 100 zertifizierten Shirts scheiterte an fehlendem Recyclinganteil. Dennoch kommt das Shirt auf 77% der möglichen Punkte und bekommt damit das Testurteil  „gut“. 

 

Arc´teryx Phase SL Crew Shirt

Das Arc´teryx Phase SL Crew Shirt besticht bereits beim ersten Anfassen mit einer sehr anschmiegsamen und v.a. auch auf der Haut sehr angenehmen Haptik. Das sehr leichte, glatte, leicht kühle Shirt aus Polyester und Polypropylen zeichnet sich durch sehr guten Feuchtetransfer und sehr schnelle Rücktrocknung aus. Durch die legere Passform kann das Shirt auch problemlos als T-Shirt getragen werden (was dank UV-Schutzfaktor 25 auch unproblematisch ist) . Obwohl keine Zusatzausstattung zur Geruchshemmung verarbeitet ist, entwickelt sich im Laufe einer anstrengenden Tagestour nur wenig Geruch. Vom Einsatzbereich her ist das Shirt v.a. für Temperaturen ab 15°C optimal. Selbst bei warmen Sommertemperaturen trägt es sich noch angenehm. 

Fazit: Mit dem Phase SL Crew Shirt von Arc´teryx ist man beim Wandern, Radeln oder Paddeln prima ausgerüstet. Durch Schnitt und Ausführung kann man es wahlweise „nur“ als Unterhemd, aber eben auch als T-Shirt tragen. Dank des guten Feuchtigkeitsmanagements überzeugt das Shirt nicht nur mit hohem Tragekomfort, sondern auch mit solider Leistung. Das Fehlen einer Zertifizierung nach gängigen Textil/Umweltsiegel und das Fehlen eines Recyclinganteils kosten einige Punkte. Insgesamt erhält das Shirt 78% der möglichen Punkte und das Testurteil „gut“. 

 

CEP Ultralight Short Sleeve Shirt

Das CEP Ultralight Short Sleeve Shirt gehört zu den absoluten Leichtgewichten im Test.  Das Shirt aus einem Polyamid-Polyester Gemisch zeichnet sich dank sehr guter Dehnbarkeit durch nahezu unbegrenzte Bewegungsfreiheit aus. Die Haptik ist gut, wenn auch eine Tendenz zur Künstlichkeit vorhanden ist. Das Shirt ist sehr weich und schmiegt sich eng an den Körper an. Dadurch kommt es zu einem sehr effektiven Feuchtetransfer. Das Shirt ist trotz des geringen Gewichts leicht wärmend, was seinen Einsatzbereich von 0°C bis 25°C spannt. Anatomisch unterschiedliches body mapping sorgt für eine sehr gute Klimaregulierung. Silberionen wirken der Geruchsentwicklung entgegen, was sich v.a. bei schweißtreibenden Aktivitäten durchaus positiv bemerkbar macht. Dennoch möchte man das Shirt bei hohem Aktivitätslevel kaum länger als 2 Tage ohne Waschen tragen.

Fazit: Der nahtlose, relativ kurze Torso des in Deutschland gefertigten Shirts sorgt in Kombination mit der sehr guten Klima- und Feuchteregulierung für hohen Tragekomfort. Leider fehlen auch diesem Shirt am Ende die Punkte für recyceltes Material oder Umwelt-/Produktionssiegel (zwar wird die Öko-Tex 100 Norm erfüllt, es gibt aber kein off. Zertifikat). Somit kommt das Ultralight Short Sleeve Shirt von CEP auf 83% der möglichen Punkte und erhält dadurch das Testurteil „sehr gut“.

 

Vaude Seamless Light Shirt

Auch das Seamless Light Shirt von Vaude  setzt auf den Materialmix aus Polyamid und Polyester und die nahtlose Rundstricktechnik am Torso. Dadurch bietet auch dieses Shirt sehr hohen Tragekomfort bei einer gleichzeitig sehr weichen Haptik, die jedoch ebenfalls Tendenz zu einem etwas künstlichen Griff zeigt. Das extrem leichte Shirt weist anatomisch unterschiedliches body mapping auf und zeichnet sich trotz des dünnen Materials durch eine gute Wämezufuhr aus. Dennoch ist es auch noch für sommerliche Temperaturen geeignet.Das eng anliegende Shirt bietet sehr guten Feuchtetransfer und dank Silberionen entwickelt sich selbst bei schweißtreibenden Aktionen kaum Geruch. Nach 2 Tagen ist dann aber dennoch ein Waschgang fällig, um sich darin weiter wohlzufühlen.

Fazit: Insgesamt bietet das Vaude Seamless Light Shirt eine sehr solide Leistung und hohen Tragekomfort. Das Shirt wird übrigens vom fair wear Mitglied Vaude in Deutschland gefertigt. Insgesamt erzielt das Shirt sehr gute 84% der möglichen Punkte, was ihm das Testurteil „sehr gut“ einbringt.

 

Patagonia Capilene Lightweight T-Shirt

Sehr leichtes und dünnes Funktionsshirt aus 100% recyceltem Polyester. Sehr angenehme, glatte Haptik. Legere Passform. Kaum Geruchsentwicklung, auch gut als T-Shirt tragbar. Rasch trocken. Fair trade Produkt.

 

Das Capilene Lightweight T-Shirt von Patagonia zeichnet sich durch eine tolle Kombination aus sehr leichtem Eigengewicht und überzeugender Leistung aus. Denn das sehr angenehm zu tragende, leicht kühlende Shirt bietet mit einer offenen Gitterstruktur auf der Innenseite ein hohe Oberfläche, was den Feuchtigkeitstransfer optimiert. Auch die Rücktrocknung ist hervorragend, so dass sich das Shirt selbst bei sehr anstrengenden Aktivitäten bestens bewährt. Die legere Passform des aus 100% recyceltem Polyester gefertigten Shirts erlaubt nicht nur eine Nutzung als Unterhemd, sondern es kann problemlos auch solo als T-Shirt getragen werden. Dank der Polygiene® Ausstattung entwickelt sich unangenehmer Geruch erst nach frühestens 2 Tagen. Obwohl das Shirt auch schon bei kühlem Wetter gut genutzt werden kann, entfaltet es seine Stärken v.a. bei sommerlichen Temperaturen.

Fazit: Die sehr angenehme Haptik, der hohe Tragekomfort und die überzeugende Leistung bei der Klimaregulierung zeichen das Patagonia Capilene Lightweight T-Shirt aus. Hinzu kommt noch die Verwendung recycelten Polyesters und die bluesign Zertifizierung. Damit kommt das Shirt der optimalen Punkteausbeute sehr nah: es erhält nicht nur  95% der möglichen Punkte und das Testurteil „sehr gut“, sondern auch das Wandermagazin Testsiegel 2016 in der Kategorie „Funktionswäsche“.

 


Den vollständigen Test als PDF-Datei downloaden:

Mit Vergleichstabelle, Praxistipps, Wasch- und Trocknenverhalten, Glossar

Praxistest_Funktionsunterwaesche-aus-Synthetikmaterial_189.pdf (Acht Seiten, ca. 700 Kb)