In der Reihe „Fit für's Wandern" geht es darum, das Wandern mehr genießen, vielleicht auch höher, schneller oder weiter wandern zu können, und körperliche Einschränkungen zu minimieren. Sportwissenschaftler Marwin Isenberg zeigt einfache Übungen für zuhause oder direkt auf dem Wanderweg, mit denen du deinen Körper vorbereiten kannst.

Dieses Mal geht es speziell um deine Oberschenkelkraft, Rumpfstabilität und Koordination, damit du schmerzfreier und leichtfüßiger auf deine nächste Bergtour gehen kannst!


Immer wieder höre ich Leute fragen, wieso sie sich auf das Wandern überhaupt mit Krafttraining vorbereiten sollen. Doch spätestens, wenn die Oberschenkel schon nach wenigen Höhenmetern brennen, die Knie zu schmerzen beginnen und die Angst vor einem Sturz zunimmt, wird klar: ein gezieltes Training hätte sicher helfen können.

Ich habe dir ein Workout als Beispiel zusammengestellt, in dem die Aspekte der Balance, Unterkörperkraft und Koordination im ermüdeten körperlichen Zustand im Mittelpunkt stehen.

Schau dir zunächst alle Übungen sorgfältig an, um ihren Sinn und ihre technische Ausführung zu verstehen. Um noch tiefer in die Thematik einzutauchen, schau dir dazugehörige YouTube-Video an. Viel Spaß & Erolg!

► Direkt zum Video

Übung 1: Einbeinige Kniebeuge mit erhöhtem hinteren Fuß

Ein Klassiker, der niemals alt wird: Die einbeinigen Kniebeugen gehören zu meinen absoluten Lieblingsübungen, wenn es darum geht funktionelle Unterkörper- und Rumpfkraft aufzubauen.

Positioniere dich in einer weiten Schrittstellung. Den hinteren Fuß legst du auf einer Erhöhung ab z.B. einem Baumstumpf, einer Bank, Couch oder einem Stuhl. Verlagere dein Gewicht auf das vordere Bein und stemme die Hände in die Hüften. Senke dich nach unten ab, sodass das hintere Knie idealerweise kurz den Boden berührt, bevor du dich wieder ruhig hochdrückst. Behalte den gesamten vorderen Fuß durchgängig am Boden. Du merkst, dass du die richtige Schrittentfernung zur Bank hast, wenn du das Gefühl hast, dich stabil nach oben drücken zu können. Bewege dich langsam und spüre die Anspannung vor allem im Oberschenkel des vorderen Beines.

Diese Übung ist für bereits trainierte Personen. Solltest du nicht dazu gehören, führe sie bitte mit dem hinteren Fuß auf dem Boden aus.

Wiederholungen: 8 pro Bein, für 3 Sätze im Zirkel

Übung 1: Einbeinige Kniebeuge mit erhöhtem hinteren Fuß

Übung 2: Seitlich Springen mit Zusatzgewicht

Es sind die heiklen Situationen, die dir zeigen, ob du gut vorbereitet bist oder nicht. Wer denkt, dass man sich beim Wandern nur geradeaus bewegt, der war bisher nur spazieren. Natürlich gehören auch seitliche Bewegungsformen mit dazu. Zum Beispiel, um kleine Hindernisse zu überspringen oder wenn du auf losem Untergrund zu unerwartet ruckartigen Schritten gezwungen wirst.

Die folgende Übung sollst du möglichst sicher ausführen. Deshalb konzentriere dich bitte zunächst auf deine Landung und die entsprechende Absorption der Kräfte, die dabei auf den Körper wirken. Sie trainiert wiederum deine Oberschenkel in der Exzentrik (gegenhaltend/nachgebend), deine Beinachsenstabilität, deine Antirotation im Rumpf und fordert deine Koordination (sichere Landung/sicherer Absprung).

Stelle dich auf dein linkes Bein und hebe das Rechte an. Vor der Brust hälst du ein kleines Gewicht von circa 2-4 kg. Mache anschließend einen deutlichen Sprung über ein gedachtes Hindernis zur Seite und lande leise. Sobald du deine Stabilität wiedergefunden hast, springe wieder zur anderen Seite ab. Je zügiger du die Ruhe in der Landung findest, desto schneller kannst du die Sprünge hintereinander ausführen. Das Gewicht vor der Brust schwingst du immer in die Richtung mit, in die du springst. Bei der Landung bremst du es entsprechend ab. Das gibt dir einen weiteren großartigen Trainingsreiz für die seitliche Bauchmuskulatur.

Als Anfänger kannst du zunächst damit starten Seitwärts-Schritte zu machen. Etwa 5 seitliche Schritte nach links und fünf seitliche Schritte nach rechts. Den Wechsel gestaltest du ähnlich ruhig bis dynamisch.

Wiederholungen: 10 Sprünge & Landungen pro Bein, für 3 Sätze im Zirkel

Übung 2: Seitlich Springen (hier ohne Zusatzgewicht)

Übung 3: Balancieren

Wer querfeldein geht, muss sich auf seinen Gleichgewichtssinn und die nötige Balance verlassen können. Daher macht es Sinn, im Vorfeld zu üben.

Solltest du im Wald trainieren, findest du idealerweise ein Stück Totholz, worüber du laufen kannst. Wenn du die Übung zuhause machen möchtest, kannst du dir ein Seilchen oder dickes Tau auslegen und versuchen darüber zu balancieren. Diese Übung soll als Pausenübung – also aktives Nutzen der Pause – zum Ausprobieren und Kreativ werden animieren! Es gibt kein Richtig, kein Falsch – probiere aus, was dir sinnvoll scheint.

Du könntest beispielweise auch die Ränder deines Teppichs entlang schreiten, die Fugen der Fliesen ablaufen oder dir Kleidung zusammenrollen und darüber balancieren.

Wiederholungen: Circa 12 m Balanceakt sollten es sein, pro Runde, bei 3 Runden insgesamt

Übung 3: Balancieren

Übung 4: Der dynamische Bergsteiger oder die dynamische Bergsteigerin

Viele kennen diese Übung aus diversen Fitnessartikeln als Super-Fatburner Übung. Ob sie der heilige Gral ist, ist fraglich. Fest steht, dass der Körper ordentlich arbeiten muss, will man die Übung korrekt und effizient ausführen.

Für die Übung gehst du in den Langarmstütz. Dazu positionierst du die Hände unter den Schultern, deine Beine streckst du lang nach hinten aus und "stehst" auf den Zehen, den Bauch tief einziehen. Dann beginnst du aus den Beinen heraus auf der Stelle zu rennen. Wegen der hohen Dynamik zählen wir bei dieser Übung deine ruhigen Atemzüge.

Die Kunst besteht darin den Rumpf durchgehend so angespannt und ruhig wie möglich zu halten, während die Beine wie beim Rennen vor und zurück gehen. Ein aktiver Kniehub (Knie anziehen) hilft dir die Beine den Berg hochzuheben. Eine gute Hüftstreckung hilft dir auch Rückenschmerzen vorzubeugen.

Wiederholungen: Atme 12 Mal tief durch (pro Runde), während du hochdynamisch diese Übung durchführst, insgesamt 3 Runden im Zirkel.

Übung 4: Der dynamische Bergsteiger

Übung 5: Schwimmer/Schwimmerin

Wer in die Berge loszieht, tut das selten ohne Rucksack. Um deine obere Rückenmuskulatur auf die Beanspruchung vorzubereiten, kannst du sie gezielt trainieren. Auch deine Schulterbeweglichkeit wird davon enorm profitieren.

In Bauchlage hebst du sowohl Oberkörper als auch Beine an und hältst deinen Po dabei fest angespannt. Die Hände starten am Hinterkopf, die Ellbogen sind hoch erhoben. Strecke nun die Arme seitlich aus, ohne die Ellbogen abzusenken. Drehe deine Hände ein und führe sie auf deinen Rücken. Dort sollen sie allerdings möglichst nicht den Rücken berühren, sondern entlang der Wirbelsäule so hoch wie möglich gebracht werden. Wichtig: Versuche trotzdem deine Schultern hinten zu halten, um deine Schulter Innenrotation optimal zu trainieren. Aus dieser Position streckst du die Arme wieder seitlich aus, drehst sie auf und bringst sie wieder an den Hinterkopf. Je mehr Spannung du im gesamten Körper behälst, desto effizienter wird die Übung.

Wiederholungen: 8 Wiederholungen pro Runde, für 3 Runden im Zirkel

Übung 5: Der Schwimmer

 

 

Dieses Workout konzentriert sich auf den Unterkörper und Rumpf. Für ein ausgeglichenes Training ist es wichtig auch die anderen Körperpartien zu trainieren. Übungen für den Oberkörper findest du im nächsten Beitrag.

Auf meinem YouTube Kanal Gipfelgang habe ich bereits einige Videos mit Übungsideen, um dich allumfassend vorzubereiten. Schau doch mal vorbei!

Bereite dich auf dein Abenteuer vor, weil du

  1. dann noch mehr Vorfreude aufbaust

  2. deine Reise noch mehr genießen kannst

Viel Spaß beim Ausprobieren.

Dein Marwin

© Lea Jörres Fotografie

 

Marwin Isenberg, Sportwissenschaftler und Personaltrainer, hat sich mit seinem Studio Gipfelgang auf Wanderfitness spezialisiert. In einem Interview mit dem Wandermagazin beantwortet er Fragen wie z.B. „Warum muss man sich fürs Wandern fitmachen?" Oder „Was sind die häufigsten Ursachen für Schmerzen beim Wandern?"