Mittwoch, 14. Juli 2021, 16:30 Uhr – in knalligem Rot und dick unterstrichen hebt sich der Tag in meinem Kalender hervor. Noch nie hatte ich einen Termin so auffällig eingetragen – insbesondere keinen Arzttermin. Es war der Tag meiner zweiten Corona- Impfung. Eigentlich wäre ich in der Woche auf einer Recherchewanderung im Süden Deutschlands unterwegs gewesen, aber der Impftermin hatte für mich oberste Priorität. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass ich die Wanderung ohnehin hätte verschieben müssen, denn die Wetterprognose für den 14. Juli sagte vieles voraus – nur kein gutes Wanderwetter. Erleichtert machte ich mich also an diesem Tag für einen kleinen Piks auf den Weg in die Arztpraxis. Am Abend arbeitete ich noch spät an einem Beitrag für die vorliegende Ausgabe des Wandermagazins, als eine Eilmeldung auf dem Monitor vor mir erschien. Ich las etwas von „Hochwasser im Westen Deutschlands“, schenkte dem aber keine weitere Beachtung und klickte die Meldung weg. Niemals hätte ich für möglich gehalten, was sich zu diesem Zeitpunkt für eine Katastrophe anbahnte und in der folgenden Nacht über einige Regionen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz hereinbrechen würde. War ich zunächst noch froh über meine Impfung und die wetterbedingt verschobene Wanderung, kam mir das Stunden später wie eine Nichtigkeit vor. Die Nachrichten und Bilder aus den von der Flut betroffenen Regionen waren unfassbar und mein Verstand weigerte sich, die furchtbaren Zahlen von Vermissten, Verletzten und Toten anzunehmen.
Das unfassbare Ausmaß der Zerstörungen, menschlichen Tragödien und Verzweiflung wühlt mich auf. In Not zu helfen, ohne Wenn und Aber, das beweisen inzwischen Millionen von Menschen auf unterschiedlichste Art und Weise. Jeder einzelne gibt ein Stück Hoffnung und Zuversicht. In diesem Sinne werde ich für jeden von mir bis zum Jahresende zurückgelegten Wanderkilometer 1 Euro an eine Initiative spenden, die gezielt und unbürokratisch hilft.
Mit Wandern Gutes tun, das darf man natürlich auch ganz einfach für sich selbst. Und damit sind wir bei den Inhalten dieses Heftes. Ob Halbtagestour oder neunmonatige Wanderung: Es ist der Reiz des Losgehens, der jeder Wanderung innewohnt. Das hat unser Kolumnist Philipp Fuge auf seiner Tour durch Europa besonders intensiv erlebt. Wenn nicht die Geografie zum ersten Schritt reizt, dann vielleicht die Suche nach einer anderen Zeit. Begeben Sie sich doch einmal auf Zeitreisen, z. B. im Ruhrgebiet. Ober auf einen Pilgerweg wie die Via Sacra – mit Kirchen, Kunst und Natur durch die Oberlausitz. Oder zu den guten Tropfen der Weinregion Saale- Unstrut, wie es unser Autor Jarle Sänger vormacht.
Ich wünsche Ihnen reizvolle Momente des Aufbruchs und stets sicheres Ankommen!
Ihr Wandermagazin-Chefredakteur Thorsten Hoyer