Wenn die Flüchtlinge auf dem Weg in den sicheren Norden, die Schweiz und Deutschland, die Passhöhe des Ménée erreichten, lag vor ihnen die fruchtbare, von Bergen umgebene Trièves-Senke, in der sie Hilfe erwarten durften. Heute genießen Wanderer  dort ungleich unbeschwerter den Blick auf den 2.730 m hohen Obiou, den Tafelberg Mont Aiguille oder den Mont Châtel, der „Calvins Mütze“ genannt wird. In Mens, der Hauptstadt des Trièves-Gebietes, waren im 17. Jh. 94 % der Einwohner Anhänger Calvins, dem auch die Bauern in den umliegenden Dörfern folgten. In dem damals 1.000 Einwohner zählenden Städtchen sorgten florierendes Handwerk und Handel für Wohlstand. Der intensiv gelebte Glauben der Reform bestimmte den Alltag in Mens, das als „ das kleine Genf der Alpen“ bezeichnet wurde. Nach der Aufhebung des Ediktes von Nantes hielten die Anhänger Calvins trotz drohender Verfolgungen ihren Gottesdienst in den Bergwäldern und in versteckt liegenden Felsgrotten ab. Wer erwischt wurde, dem drohten die Galeeren, Gefängnis oder gar der Tod durch den Strang. Trotzdem blieb Mens lange Zeit eine Bastion des reformierten Glaubens.

Heute zeugen zwei Glockentürme vom friedlichen Nebeneinander. Hinter den überragenden Dächern der Rue du Breuil weist der spitze Turm des „Temple“, wie protestantische Kirchen in Frankreich genannt werden, zum Himmel. Unweit davon erhebt sich der Glockenturm der katholischen Kirche. Im Schatten der alten Markthalle aus dem Jahr 1845 genießen Wanderer heute, was den Flüchtlingen nicht vergönnt war, eine mit Creme gefüllte „Boufette“. Diese lokale Leckerei wird erst seit 1926 hier hergestellt. ...

 


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