Ich muss mir irgendwie Eselsbrücken bauen, um endlich das Sauerland und das Siegerland auseinander halten zu können. Grimmiges Gesicht – so geht man sauer. Strahlendes Antlitz – so gehen die Sieger. Immer wieder bezeichne ich nämlich Siegerländer Orte und Landschaften fälschlicherweise als „Sauerland“. Aaaaalso: Ich war mal wieder wandern. Im SIEGERland. Obwohl, so ganz stimmt das auch wieder nicht. Gewandert sind wir nämlich auf Wittgensteiner Boden. Also, ganz korrekt: Wir sind in Siegerland-Wittgengstein gewandert. Mit einem Siegerländer, der sich als gebürtiger Westerwälder bezeichnet, obwohl er an der Sieg aufwuchs. Ulli Baldus, Chef der Firma Fifty Five, stammt aus Betzdorf, wohnt und arbeitet aber schon seit Jahrzehnten in Netphen.
Um geografisch durchzublicken, machen wir mal einen kurzen virtuellen Orientierungsflug: Man folgt von Köln aus gesehen dem Lauf der Sieg Richtung Osten, erreicht Siegen, weiter östlich kommt man dann nach Netphen (gesprochen Nett-Fenn). Ostwärts von Netphen, dem Firmensitz von Fifty Five, geht es immer bergan auf den Kamm des Rothaargebirges und auf der anderen Seite wieder hinunter ins Tal der Lahn und schließlich ins Ilsetal. Dort ist man dann mitten im (Achtung Eselsbrücke: „So gehen die Sieger!“) Siegerland. Pardon: Siegerland-Wittgenstein. Und dort, im Tal der Ilse, stehen wir und suchen den Einstieg in den Ilsetalpfad. Fifty Five-Chef UIli, Wandermagazin-Chefredakteur Michael und ich beugen uns über eine Karte und sehen aus wie Wandernovizen auf ihrem ersten Freigang. „Da müsste, sollte, könnte der Einstieg in den Ilsetalweg sein“, orakelt Michael und tatsächlich, nach einigen Metern an einer völlig unbefahrenen Kreisstraße sehen wir die Markierung des Ilsetalpfads und verschwinden in einem romantisch-dunklen Wald.
Ulli ist ein sehr angenehmer Mensch, ein Zeitgenosse, mit dem man, um diese altmodische Formulierung zu benutzen, Pferde stehlen könnte. Meine grundsätzliche Sympathie für Ulli liegt vielleicht auch darin begründet, dass er mit seinem weißen Haupthaar und dem ebenfalls weißen Schnäuzer mich ein ganz ganz klein wenig an meinen Patenonkel Rolf erinnert. Womöglich mag ich Ulli auch, weil er ein sehr unkomplizierter Mensch ist, vielleicht aber auch weil Onkel Ulli, äh Ulli, mir jeden Monat Geld überweist. Dazu gleich mehr. ...