Viele von ihnen mussten ihr ganzes Hab und Gut zurücklassen und besaßen nicht viel mehr als das, was sie am Leib trugen. Einige Jahre später mussten auch Waldenser aus den Tälern des Piemonts fliehen, weil sie aufgrund ihres protestantischen Glaubens verfolgt wurden. Sie gelangten auf verschiedenen Strecken in die deutschen Fürstentümer, die ihnen Schutz, ein neues Zuhause und die Erlaubnis zur Ausübung ihrer Religion gaben. Regionen, Kommunen und Kulturvereine in Deutschland, Frankreich, Italien und der Schweiz arbeiten seit einigen Jahren partnerschaftlich daran, einen neuen europäischen Kulturfernwanderweg auf den Spuren dieser Glaubensflüchtlinge zu schaffen: den Hugenotten- und Waldenserpfad.
Geschichte zu Fuß
Der 1.800 km lange Wanderweg führt von der südfranzösischen Dauphiné sowie den Waldensertälern im italienischen Piemont bis Bad Karlshafen in Nordhessen. Er berührt traumhafte Landschaften in den französischen Alpen, im Schweizer Jura und im Schweizer Mittelland. Ausgehend von dem für die Exilgeschichte bedeutenden schweizerischen Grenzort Schaffhausen verläuft der Kulturwanderweg in Deutschland am Ostrand des Schwarzwalds entlang über die Südausläufer der Schwäbischen Alb, entlang des Neckars und zieht dann direkt auf Neuhengstett, den südlichsten Waldenserort, zu.
Nach Norden verläuft der Weg weiter durch den Heckengäu und den Kraichgau, wo er als „Waldenserweg“ bereits etabliert ist. Er durchzieht die dortigen Waldenserdörfer, bindet Pforzheim ein und führt nach Norden durch den Odenwald. Nach den Waldenserorten Rohrbach, Wembach und Hahn gelangt die Route in das südliche Rhein-Main-Gebiet und durch Frankfurt in den Taunus. Offenbach, Hanau und Waldensberg sind durch eine weiträumige Schleife an diese Hauptroute angebunden.
Im Taunus trifft der Weg auf die Lahn und zieht dann durch das Hessische Hinterland nach Marburg. Von hier aus führt die Strecke weiter nach Norden durch den Burgwald (siehe Tourentipp), den Kellerwald und das nordhessische Bergland bis zum Endpunkt, der Hugenottenstadt Bad Karlshafen. Die Route folgt in Italien, Frankreich und der Schweiz historisch belegten Wegen, in Deutschland dagegen zieht sie längs vieler hugenottischer und waldensischer Ortsgründungen. Hier wird deutlich, wie die Hugenotten und Waldenser sich eine neue Heimat aufbauten und welche Kulturanstöße sie gaben. Im hessischen Burgwald sind dies fünf Hugenotten- und Waldenserkolonien mit ihrer eigenen Geschichte und baulichen Erscheinung. Diese präsentieren sich in den typischen Dorfanlagen, den historischen Gebäuden mit ihren französischen Balkeninschriften, den Museen, Archiven und Kirchen, sowie auf lokalen Infotafeln zur Ortsgeschichte. Die Waldlandschaft des Burgwalds hat über viele Jahrzehnte zur Abgeschiedenheit der Kolonien geführt, so dass die traditionelle Kultur der Glaubensflüchtlinge bis in die Neuzeit überdauern konnte.
Vom Fluchtweg zum Wanderweg
Ein eigenes Wegzeichen dient entlang der gesamten Strecke des Kulturfernwanderwegs zur Orientierung der Wanderer. Im Lauf des Jahres 2011 soll die gesamte deutsche Wegroute ausgezeichnet sein. In den europäischen Partnerländern sind die Markierungsarbeiten ebenfalls im Gange. Bei der Routenführung wurde nicht nur Wert auf die historischen Schwerpunkte des Weges gelegt, sondern auch auf ein naturnahes Wandererlebnis. Bei einem Teil der Strecke handelt es sich um zertifizierte Qualitätswanderwege wie Kellerwaldsteig, Urwaldsteig Edersee, Lahn-Dill-Berglandpfad oder Alemannenweg. Eingebunden sind auch die Bonifatius-Route, der Neckarweg und verschiedene regionale Wege des Schwarzwaldvereins (teilw. ist hier nur die regionale Markierung vorhanden). ...
Mit Tourentipp: Hugenotten- und Waldenserpfad – Etappe Schwabendorf-Christenberg
Infos zum Hugenotten- und Waldenserpfad:
www.hugenotten-waldenserpfad.eu
www.lestradedeivaldesi.it
www.gloriosorimpatrio.it
www.surlespasdeshuguenots.eu