Gute Edelbrände werden aus vollreifen Früchten gebrannt, edle Geister sorgfältig angesetzt mit reinem Äthanol, gutem Korn oder wenigstens einem sauberen Obstler. Aber ein Feinbrand aus einer Wurzel? „Ja und auf ganz klassische Weise. Der Schlüssel ist die Gentianose. Der Enzian reichert seine Wurzeln im Herbst mit diesem Zucker an und liefert so die Grundlage für den Brennvorgang. Die Wurzeln werden gehackt, eingemaischt, mit Hefe angesetzt und bei etwa 30 Grad vergoren. Der Feinbrand lagert drei Jahre in Eschenholz-Fässern und wird dann auf die typischen Steingut-Zylinder gezogen“, sagt Martin Beierl, Marketingleiter bei Grassl.
Natürlich geht es auch einfacher. Enzianwurzeln im Versandhandel kaufen, mit Alkohol ansetzen wie beispielsweise Zirbengeist und nach zwei Wochen ist der Enzian fertig. Wenn man das dann als „Enzian“ gelten lassen will. Das feine Aroma mit den Bitterstoffen Amarogentin und Gentiopikrin entfaltet eben nur der edle Feinbrand, für den noch der Punktierte und der Rote Enzian in Frage kommen. Zwischen 1000 und 1700 Meter Höhe wächst der Enzian, dessen Wurzeln erst nach fünf Jahren die Brennreife haben.
Früher, genau seit 1692, als Grassl mit der Enzianbrennerei (www.grassl.com) anfing, reichte das Wurzelwerk der Wildpflanze. 100 Zentner verbrauchte man in Berchtesgaden pro Jahr. Vor gut 30 Jahren gelang es dann, den Enzian als Kulturpflanze zu ziehen. Der Nachschub war gesichert, der Druck von den streng limitierten Brenn- und Grabrechten genommen. Doch zum Massenprodukt taugt der Enzian dennoch nicht. 15 Kilo Wurzeln braucht man für einen Liter Feinbrand und die müssen erst einmal mühsam aus dem Boden gebuddelt und weitererarbeitet werden. ...
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