„Ja, Heinrich, wir sind in China!“

Und zwar ganz tief – in der südwestlichen Provinz Yunnan, die an Burma, Laos, Vietnam und die autonome Region Tibet grenzt. Hier tritt der drittlängste Fluss der Welt, der Yangtze, in riesigen Windungen und durch tiefe Schluchten aus dem tibetanischen Hochplateau heraus. In diese grandiose Landschaft führt die Wanderreise „Durch die Schluchten des Yangtze“, angeboten von Wikinger-Reisen, der wir uns wegen fehlender Wanderkarten und -führer für China angeschlossen haben.

Daher laufen wir also mit Heinrich, elf weiteren deutschen Wanderern, zwei Reiseleitern (einer chinesisch, einer deutsch), zwei einheimischen Guides und zahlreichen Trägern über eine Wiese, die man zugegebe-nermaßen so oder so ähnlich (ich bin kein Botaniker) vermutlich auch in Deutschland finden kann.

Überwältigende Schönheit der Natur

Warum haben wir also den weiten Weg auf uns genommen? Weil wir noch vor einer viertel Stunde in ein Tal hinabsahen, das an seinen unteren Hängen überzogen war mit Reis- und Maisterrassen – überwältigend schön auch an diesem diesigen Tag. Spektakulär liegen die Terrassen an Steilhängen oder laufen flach im Tal aus – ein Bild, wie wir es auf der einwöchigen Wanderung immer wieder sehen.

Beeindruckend ist vor allem die ungeheure landschaftliche Vielfalt. Hinter jedem Pass, den wir queren, öffnet sich eine neue, überraschend andere Aussicht. Zum Beispiel auf eine Felsenstadt etwas oberhalb des Yangt-ze, dicht umringt von Terrassenfeldern, rechts und links steile Durchbrüche des Flusses und im Hintergrund am gegenüberliegenden Ufer ein Hang, der wie ein Riesenkegel hunderte Meter ansteigt. Selbst Heinrich fehlen die Vergleiche!

Ein Tal weiter mischen sich zu den allgegenwärtigen Terrassen einzelne Obst- und Wallnussbäume, Wiesen und Kiefernwälder – eine grüne Oase, die stark mit einer kahlen Mondlandschaft im Nachbartal kontrastiert.

Immer am Yangtze entlang

Unser ständiger Begleiter ist der Yangtze. Sein durch starke Strömungen aufgewühltes Wasser ist hellbraun vom mitgeführten Ton und Sand. Letzterer hat sich an ruhigeren Abschnitten zu Stränden oder Dünenlandschaften angesammelt. Ein Strand liegt wegen des geringen Wasserstandes im Sommer gut zehn Meter oberhalb des Yangtze und wirkt durch zwei Pferde, die dort weiden, fast surreal.

Vielleicht entsteht dieser Eindruck bei mir auch wegen des starken Landschaftsgegensatzes, der sich wieder einmal unvermittelt vor uns aufgetan hat. Während der Strand innerhalb einer ca. 200 Meter tiefen Schlucht aus Geröll und Fels mit einem Farbspektrum zwischen Braun, Ocker und Beige liegt, dominiert in der angrenzenden Hochfläche ein fruchtbares Grün mit Bana-nenstauden, Sojabohnen und Sonnenblumen.

Die fast tiefste Schlucht der Welt

Einer von vielen Höhepunkten ist die Tigersprungschlucht, eine der tiefsten Schluchten der Welt. Ihre bis zu 3.900 Meter steil zum Yangtze hin abfallenden Felswände sind gigantisch – was Heinrich nicht aus der Fassung bringt: Er stellt sogleich Vergleiche mit den Alpen an.

Aber nicht nur die Wanderstrecken sind herausragend, sondern auch die Unterkünfte, wenn auch manchmal sehr rustikal, sowie das Essen.

Für Anja und mich ist diese Zeit einer der Höhepunkte in China. Und am Ende ist auch Heinrich davon überzeugt, dass wir etwas Besonderes erlebt haben, das man wegen der rasanten Entwicklung im chinesischen Tourismus wahrscheinlich schon in fünf Jahren nicht mehr so erleben wird können.

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Wanderweltreise: Vierkötters Auszeit

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