M. Sänger: Ich hatte einen Alptraum. (Manuel lacht) Was wäre, wenn es die 40 Millionen Wanderer aus den diversen Marktstudien gar nicht gibt?
M. Andrack: Andersherum gefragt: Was wäre, wenn die Zahl stimmte? Man stelle sich sonntäglich ein bis zwei Millionen Wanderer vor, Wanderstau wie an Fronleichnam auf dem
Rheinsteig... Mein Gott, das geht ja gar nicht. Das ist sicher ein beeindruckende Zahl. Erstaunlicherweise taucht sie ja in unterschiedlichen Untersuchungen immer wieder auf.
Keine Ahnung, ob Lieschen Müller, John Doe und Erika Mustermann glauben, wenn sie einmal zur Tankstelle gepilgert sind, ob das als Wandern gilt. Ich gehe mal von rund einer Million ernsthafter Wanderer aus.
M. Sänger: Das neue Wandern? Die meisten Stories in Deinem neuen Buch kommen ganz klassisch daher. Mal abgesehen von der ausgeflippten Idee, Paris an einem Tag per pedes zu durchqueren. Was ist denn an Schwäbischer Alb, West-Highland-Way etc. so neu?
M. Andrack: Na, die Wege selbst sind neu, das Marketing drumherum ist neu. Das Qualitätsdenken ist neu. Wenn man daran denkt, dass die Wandervereine Mitte des 19. Jh. damit begonnen haben, nach alter Väter Sitte, Wanderwege zu markieren, und wir seit zehn Jahren über eine Art Wege-TÜV nachdenken und Millionen Euro in die Hand nehmen, um Wege aufzuhübschen – das ist doch bitte sehr wirklich neu! Oder, wer wäre vor dreißig Jahren auf die Idee gekommen, auf Mallorca zu wandern? Wandern als Geschäftsidee ist doch völlig neu!
M. Sänger: Wie bekloppt muss man eigentlich sein, um 82 km am Stück zu wandern? Und noch eins: Den neuen Trend des Speedhikings habe ich vergebens in Deinem Buch gesucht!
M. Andrack: Speedhiking ist mir erst nach Manuskriptabgabe zwischen die Finger gekommen. Da war es für das Buch leider zu spät. Aber mal ehrlich, die 82 km, die gehen doch auf Deine Kosten. Du hast mir doch diesen wahnsinnigen Thorsten Hoyer, Euren Wanderscout, empfohlen. Aller-dings bin ich immer für Experimente am eigenen Körper zu haben und es reizte mich, mal zu sehen, wie viele Kilometer ich schaffen würde. Gedacht – getan! Ich weiß jetzt, dass ich kein Nachtwanderer bin. Die 82 km haben mich nicht umgebracht und im Grunde, von der Nacht abgesehen, habe ich die Strecke ganz unversehrt absolviert. Globetrotter in Köln hat mich gleich gefragt, ob ich nicht solche Mammuttouren für sie machen möchte. Klar, habe ich gesagt, den 160 km langen Kölnpfad, das ist ja tellerflach dort, habe ich doch locker drauf! (lacht...) Mir ging es aber eigentlich darum, die Wandermaschine Hoyer zu porträtieren, der locker einen Tag dranhängen würde und dann ist vermutlich auch noch nicht Schluss. Übrigens habe ich dann unmittelbar danach die Verabredung mit Hans Kammerlander zu einer 24-Stunden-Wanderung abgesagt. Nachtwandern: no! Da fällt mir ein, bei der Wander-Olympiade in Schladming vor Jahren habe ich so etwas wie Speedhiking schon gemacht. Da taten mir alle Gelenke weh...
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