Der Pilgerweg Gunthersteig folgt den Spuren des Volksheiligen St. Gunther, der im 11. Jahrhundert tief im „Nordwald“ mit Rodungsarbeiten begann und so das heutige Rinchnach gründete. Heute führt der rund 160 km lange Pilgerweg durch Bayer- und Böhmerwald.
Im 11. Jahrhundert war der Bayerische Wald weitgehend unerschlossen. Insbesondere das bayerisch-böhmische Waldgebirge – der dichte, undurchdringliche „Nordwald“ – war für die Bewohner damals ein natürliches Sperrgebiet. Bald jedoch begannen auch dort Rodungsarbeiten. So war es der Mönch Gunther, der im Jahr 1011 den Ort Rinchnach mitsamt Kloster gründete, um von dort aus den Wald zugänglich zu machen. Heute als „Rodungsmönch“ verehrt, legte er damals den Grundstein für einen der prägendsten Besiedelungswege zwischen Bayern und Böhmen.
Immer der Rodungshacke nach
Seinen Spuren folgt der rund 160 km lange Gunthersteig auf neun Tagesetappen durch den Bayerischen Wald und Böhmerwald. Die Etappen sind zwischen 14 und 21 Kilometern lang und so als Tagesetappen gut machbar.
Die Etappen des Gunthersteigs
Etappe 1. Niederalteich – Lalling (19 km)
Etappe 2. Lalling – Rinchnach (19 km)
Etappe 3. Rinchnach – Zwiesel (15 km)
Etappe 4. Zwiesel – Prášily (21 km)
Etappe 5. Prášily – Hartmanice (14 km)
Etappe 6. Hartmanice – Sušice (16 km)
Etappe 7. Sušice – Horažďovice (22 km)
Etappe 8. Horažďovice – Chanovice (15 km)
Etappe 9. Chanovice – Blatná (20 km)
Da es durch zum Teil unberührte Natur geht, empfiehlt es sich, ausreichend Verpflegung für die Wanderung mitzunehmen. Markiert wird der Weg durch eine Rodungshacke, die an die damalige Arbeit des Rodungsmönches erinnert. Das Kloster Niederalteich an der Donau ist der Start des Gunthersteigs, Ziel ist die tschechische Stadt Blatná. Mitten durch die natürliche Wildnis des bayerisch-böhmischen Waldes geht es vorbei an Gotteshäusern, Kapellen und kleinen Wallfahrtskirchen wie dem Frauenbrünnl bei Rinchnach. Der „grüne“ Grenzübergang nach Böhmen war während des Kalten Krieges Sperrgebiet – am Gunthersteig ist er heute das einende Element zwischen dem bayerischen und böhmischen Abschnitt.
Dank eines aktuellen INTERREG-Projekts wird der historische Gunthersteig nachhaltig und grenzüberschreitend aufgewertet, um die Menschen sowohl auf deutscher als auch tschechischer Seite für das Natur- und Kulturerbe zu sensibilisieren.
Die Barockkirche St. Gunther im böhmischen Dorf Dobrá Voda (Gutswasser) ist ein beliebtes Pilgerziel auf der Strecke. Dort, in den Wäldern rund um Dobrá Voda, verbrachte der Heilige Gunther seinen Lebensabend als Einsiedler. Auch erhalten Wandernde unterwegs Einblicke in das traditionelle Leben früherer Bauernfamilien – etwa im Bauernhaus Museum in Lindberg oder in kleineren Bauerndörfern, die entlang der Strecke liegen. Doch auch zu majestätischen Gebäuden führt der Gunthersteig, so beispielsweise zur Ruine der Burg Rabí bei Sušice aus dem 14. Jahrhundert, einer der mächtigsten Burgruinen Tschechiens. Im Burgmuseum können Interessierte gotische Architektur und archäologische Fundstücke bewundern und den historischen Wohnturm sowie die Festungsanlagen besichtigen. Pilgerroute Insbesondere bei Pilgernden ist der Gunthersteig ein gern gegangener Weg. Die Abgeschiedenheit im bayerisch-böhmischen Wald regt zum Nachdenken an, zum Reflektieren über sich und das eigene Leben. Zudem ist die Geschichte auf dem Wanderweg permanent präsent, wird man doch daran erinnert, wie eben dieser Weg vor einigen Jahrhunderten erst zugänglich gemacht wurde. Wo im 11. Jahrhundert nur dichter Wald vorherrschte, befindet sich nun ein bedeutender Verbindungsweg zwischen Deutschland und Tschechien.
Tourentipp: Etappe 2 des Gunthersteigs
Gesamtlänge: 19,6 km • Gehzeit: 6,5 Std. • Höhenmeter: auf/ab je 692 Hm • Schwierigkeit: mittel
Start: St. Stephanus Kirche, Kirchplatz 3, 94551 Lalling
Ziel: Pfarrkirche St. Johannes der Täufer, Hofmark 10, 94269 Rinchnach
An-/Abreise:
PKW + Parken: St. Stephanus Kirche
ÖPNV: Mit dem Rufbus 8229 bis Dorfplatz Lalling (fährt zwischen Deggendorf und Hunding), Tel: 0991/28093095, Anmeldung 1 Std. vor Abfahrt
Highlights:
♦ Guntherstein bei Lalling mit Panoramablick über den Lallinger Wald
♦ Barockkirche St. Johannes der Täufer in Rinchach
Tipp zur Tourenplanung:
ein Besuch des Wallfahrtskirchleins Frauenbrünnl, auch Guntherkircherl genannt, in Rinchnach. An dieser Stelle lebte Gunther vor ca. 1.000 Jahren in einer Einsiedler-Klause. Die Aussichtsplattform oberhalb bietet einen herrlichen Blick über den südlichen Bayerischen Wald.
Tourbeschreibung:
Zu Beginn der Etappe führt der Gunthersteig auf den vorderen Hauptkamm des Bayerischen Waldes. Von Lalling geht es steil hinauf durch das kleine Bauerndorf Panholling. Dann taucht man ein in die Hangwälder der „Ranzinger Berge“, die man über den steilen Hochwaldweg erklimmt. Mal auf breiten Waldwegen, dann wieder auf lauschigen Trampelpfaden führt der Weg durch schönen Bergmischwald stetig bergauf bis zum Guntherstein – ein markanter Felsen im Wald mit Panoramablick über den Lallinger Winkel. Ein Totenbrett erinnert an den hier einst zurückgezogen lebenden Rodungsmönch. Brotzeitbänke laden zu einer kleinen Pause, bevor es auf Pfaden über Waldwiesen und durch Wälder weitergeht nach Höllmannsried und hinab zur Vogelmühle. Von der Bachbrücke führt ein Schotterweg durch Schaf- und Ziegenweiden hinauf nach Kirchberg zur Gotthard-Kirche. Nach einer Stärkung vor der Sitzgruppe beim Haus der Bienen beginnt die zweite Hälfte der Tagesetappe: Über den Klosterweg geht es durch Wald und Weiden hinunter in das Tal des Kühbaches, einem malerischen Wiesenbachtal, und weiter über die Dörfer Sommersberg, Ellerbach und Schönanger bis zum Etappenziel Rinchnach. Im sogenannten Guntherort lohnt sich zum Abschluss der Tagesetappe ein Besuch in der prächtigen Barockkirche St. Johannes der Täufer.
Info: www.arberland.de
Das Projekt Gunthersteig wird gefördert durch: