Tourentipp von Dr. Konrad Lechner

Diese Überquerung ist auch eine Wanderung durch den Zeitstrahl der Erdgeschichte. Immer wieder kommt man an Felsen und Aufschlüssen vorbei, deren Gesteine vor Urzeiten entstanden sind und Einblicke in die Geologie des Odenwaldes gewähren. Und noch etwas lässt in die Vergangenheit blicken: Vor 1.500 Jahren ereignete sich im Odenwald eine menschliche Tragödie. Sie wurde von einem bis heute unbekannten Dichter vor gut 1.000 Jahren im sogenannten Nibelungenlied niedergeschrieben. Unsere Wanderroute, die auf der vierten Etappe vollständig dem legendären Nibelungensteig folgt, erinnert an das mittelalterliche Heldenepos. 

Etappenübersicht

1. Etappe Lengfeld – Annelsbach 12,8 km
2. Etappe Annelsbach – Niedernhausen 14,7 km
3. Etappe Niedernhausen – Reichenbach 16 km 
4. Etappe Reichenbach – Zwingenberg 13,4 km 

 

→ Die Reportage zu diesem Tourentipp ist in der Wandermagazinausgabe Nr. 222 (Frühling 2024) erschienen.

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Wegbeschreibung

1. Etappe Lengfeld – Annelsbach 12,8 km • auf 320 m / ab 294 m • ca. 3,5 Std.

Vom Haltepunkt Lengfeld geht es durch den Ort, am bewaldeten Hinteren Kuhgraben vorbei und an den Ortsrand von Hering zum Weg Nr. 4 durch den Ort. Nach der Festung gelangen wir zu einem Aufschluss mit Basaltsäulen des ehemaligen Otzberg Vulkans. Zurück zur Route und aus dem Ort heraus; anschließend an der L. Kellerhütte vorbei und zum Schloss Nauses. Danach nach Pfirschbach, auf die Annelsbacher Höhe und nach Annelsbach.

Blick in die Erdgeschichte: Auf dem Weg von Lengfeld zum landschaftsbestimmenden Otzberg samt Turm und Burgruine wandert man an schmalen in den Löss eingeschnittenen Trockentälern entlang. Wir blicken hier in ein sehr junges Kapitel der Erdgeschichte. Die Wände aus gelblichen, feinstkörnigen Ablagerungen bestehen aus dem Staubsediment Löss, das während der letzten Eiszeitphase vermutlich vor etwa 12.000 Jahren aus dem Sand der Oberrheinebene angeweht wurde. Der Löss bildet sehr fruchtbare Böden.

Der Vulkan Ötzberg entstand vor 22 Mio. Jahren, als Gesteinsschmelze aus sehr tiefen Bereichen der Erde aufstieg, die Oberfläche erreichte und wahrscheinlich sogar ausfloss. Durch die spätere Erosion ist von der ausgeflossenen Schmelze und dem obersten Teil des Schlotes nichts mehr übrig. Der darunter liegende Teil ist durch die Verwitterung teilweise aus dem umgebenden Gestein frei gelegt worden, so dass man in der Ortschaft Hering noch herrliche, sechseckige Basaltsäulen bestaunen kann.

2. Etappe Annelsbach – Niedernhausen 14,7 km • auf 295 m / ab 335 m • ca. 4 Std.

An einem Freizeitgelände vorbei und durch Wald nach Hummetroth. Hier rechts auf die Hassenrother Höhe. Anschließend links und nach Niedernhausen. Nach freier Flur durch Wald am Waldrand entlang nach Brensbach. Über die B38 und durch Wersau. Anschließend über die Bierbacher Höhe und durch ein großes Waldgebiet. Eine Forststraße queren und nach einem Platz für Waldandachten bei einem Weiher den Wald verlassen und in Niedernhausen zur Darmstädter Straße zum Gasthaus.

Blick in die Erdgeschichte: Der Buntsandstein ist ein im östlichen Odenwald und den sich anschließenden Landschaften verbreitetes, mal mehr oder weniger rot gefärbtes Sedimentgestein. Es entstand durch die Ablagerung gewaltiger Mengen Sand vor gut 250 Mio. Jahren. Bei gutem Licht und besonders mit einer Lupe erkennt man, dass das Gestein aus kleinen rötlichen Körnern besteht, wobei die rote Farbe auf Eisen enthaltende Verbindungen zurückgeht. Die Wanderroute erreicht den Buntsandstein als oberflächennahes Deckgebirge im Bereich des Waldgebietes am 365 m hohen Heidelberg.

Der Naturraum des Böllsteiner Odenwalds bildet eine ca. 11 km lange Wasserscheide zwischen den Tälern von Gersprenz und Mümling und entführt in den Kristallinen Odenwald, der sich an den Buntsandstein- Odenwald anschließt. Das hier überwiegend vorkommende Gestein wird als Gneis bezeichnet. Es gehört zu den ältesten Gesteinen des Odenwaldes und ist durch sehr lange zurückliegende, gebirgsbildende Vorgänge bei hohem Druck und hoher Temperatur aus anderen Gesteinen entstanden. Deshalb bezeichnet man den Gneis auch als metamorphes Gestein. Der Gneis gelangte durch Hebungen in die Nähe der Erdoberfläche. Ein kleiner Aufschluss befindet sich auf dieser Wanderung z. B. zwischen Annelsbach und Hummetroth im Tal.

3. Etappe Niedernhausen – Reichenbach 16 km • auf 561 m / ab 530 m • ca. 4,5 Std.

Von der Darmstädter Str. zu Kirche, Schloss, Tempeleiche und über die Altscheuer. Nach aussichtsreichem Weg die L3102 queren. Durch Wald nach Neunkirchen und die L3399 queren. In einem Wald an einem Radarturm vorbei zu einem Aussichtsturm auf der Neunkircher Höhe. Anschließend durch Wald und über freie Flur am Eckberg und Weisenstein vorbei nach Gadernheim zur B47, wo sich ein Gasthaus befindet. Am Sportplatz zu einer Weggabelung und auf dem „Nibelungensteig“ (N) am Kletterfelsen Hohenstein vorbei hinab nach Reichenbach zum Gasthaus in der Ortsmitte.

Blick in die Erdgeschichte: Die Etappen 3 und 4 sind länger als die ersten beiden, haben größere Höhenunterschiede und sind anspruchsvolle Mittelgebirgswanderungen. Sie entführen in den Bergsträßer Odenwald. Er schließt sich im Westen an den Böllsteiner Odenwald an und reicht bis zum Rheingraben. Geologisch betrachtet besteht er vor allem aus Diorit, einem Gestein, das dem Granit ähnlich ist und wie dieser durch das Erstarren von Magma in unvorstellbaren 3,5 bis 5 km Tiefe entstand und danach an die heutige Erdoberfläche gelangte. Diorit besteht aus Feldspat, Glimmer, Hornblende und ein wenig Quarz.

4. Etappe Reichenbach – Zwingenberg 13,4 km • auf 544 m/ ab 650 m • ca. 4 Std.

Fast immer dem „N“ nach: Zunächst auf der Beedenkircher Str., dann auf einem Fahrweg zum Felsenmeer und Felsberg. Hier links und am Ohlyturm vorbei zu einer Wegekreuzung. Rechts weiter zunächst noch durch Wald, dann über freie Flur und über die L3103. Aufsteigend zum Wald und durch diesen auf den Gipfel des Melibocus. Hier wenige Meter nach Sicht zum Aussichtsturm/ Gasthaus und nach Abstieg vom Gipfel bis an den Ortsrand von Zwingenberg. Weiter auf städtischen Straßen zum Bahnhof.

Blick in die Erdgeschichte: 

Am letzten Tag steigt der Weg aus Reichenbach heraus auf den Höhenzug des Felsberges hinauf, der sich 200 bis 300 m über die Umgebung erhebt. Dieser Bergrücken besteht aus Diorit, der etwas mehr Quarz als üblich enthält. Das Reichenbacher Felsenmeer ist aber nicht nur ein einzigartiges Naturdenkmal, sondern auch ein Kulturdenkmal ersten Ranges. Im 2. bis 4. Jh. nutzten römische Steinmetze die Steine. Vermutlich spalteten und zersägten sie die Brocken zu Mühlsteinen, wofür die heute noch sichtbaren Werkplätze mit bearbeiteten Felsblöcken Zeugnis ablegen. 

Die Überschreitung des 517 m hohen Melibocus nach Zwingenberg ist dann nochmals ein großes Erlebnis. Bei günstigem Wetter kann die Sicht von den Vogesen über die Berge der Pfalz und den Niederwald im Rheingau bis hin zum Feldberg im Taunus reichen. Hinzu kommt der tief unten liegende, eindrucksvolle Oberrheingraben und die unmittelbar angrenzende Bergstraße mit ihren einladenden Weindörfern.

Start: Bahnhof Lengfeld

Ziel: Bahnhof Zwingenberg

Übernachtungen:
Annelsbach, 1. Etappe: Gasthaus Dornröschen
Tel. 06163/24 84
dornröschen-annelsbach@t-online.de
www.dornroeschen-annelsbach.de

Niedernhausen, 2. Etappe: Landgasthof Brunnenwirt
Tel. 06166/4 12
info@brunnenwirt.de
www.brunnenwirt.de

Reichenbach, 3. Etappe: Gasthaus Zur Traube
Tel. 06254/94 33 55
gasthaus-zurtraube@gmx.de
www.zurtraube-lautertal.de

Beste Jahreszeit:  April bis Anfang November, meistens ganzjährig begehbar

Karte: Geo-Naturpark Bergstraße-Odenwald Nr. 3 Breuberger Land, Nr. 2 Nördlicher Vorderer Odenwald und Nr. 5 Bergstraße – Odenwald, jeweils 1:20.000; 8,90 Euro