Im Mai 2010 ging unser langjähriger Wandermagazin-Autor und Wanderführer Dr. Konrad Lechner mit einer Wandergruppe in drei Tagen über das Taunusgebirge. Die folgenden Schilderungen wurden im Rahmen der beliebten Wandermagazin-Serie "Konrads Überquerungen" gedruckt. Wir haben die Tour und den dazugehörigen GPX-Track aus dem Archiv geholt und überarbeitet.

Kein schöner Land in dieser Zeit... Gewiss nicht übertrieben, wenn man die vom Maiengrün umgebenen Städtchen, Burgen, Ruinen und Berge des Taunus betrachtet. Es ist alles zum Besten bestellt und wartet nur darauf, dass Wanderer den Mut für eine Streckenwanderung aufbringen. Ein wenig Mühe gehört dazu, aber die Belohnung ist reichlich.

Tag 1: Start in Runkel an der Lahn

Zwischen Felsen und der Lahn liegt Runkel mit seinem historischen Ortskern. Enge Gassen, malerische Fachwerkhäuser und einladende Gasthäuser befinden sich am Weg. Bewegt war die Vergangenheit dieses Ortes. 1634 legten die Kosaken Burg und Stadt in Schutt und Asche. Im 18. Jahrhundert besetzten hannoversche Truppen, die Sachsen und Franzosen die Stadt. Der obere Teil der Burg blieb Ruine, die Unterburg wurde wieder aufgebaut. Soll man an einem so schönen Maitag überhaupt an solche Ereignisse denken? Vielleicht um die Gegenwart umso mehr zu schätzen?

Mit Blütenpracht über die Höhen

Es dringen Blüten aus jedem Strauch und begleiten uns entlang der Lahn. Leuchtend der Weißdorn, zart und unaufdringlich die Apfelbäume, goldgelb die Blumen auf den Wiesen und am Wegesrand. Das Denkmal für König Konrad auf dem Felsen hoch über dem Fluss, der Blick auf Villmar und das Oberheiligenhaus bringen Abwechslung in die durch Abgeschiedenheit geprägte Wegeführung des ersten Tages. 

Kapelle Oberheiligenhaus bei Villmar
Blick auf die Lahn und Villmar

Wohl verdiente Nachtruhe

„Klingt an und hebt die Gläser hoch" ist angebracht, wenn eine Wandergruppe nach fünf Stunden und dem Gepäck für drei Tage auf dem Rücken ein gemütliches Gasthaus erreicht. Es war nicht ganz einfach auf dem Weg von Runkel zum Feldberg in dem schönen einsamen Land in der richtigen Entfernung Unterkunft und Gasthaus zu finden. In Haintchen gibt es beides unmittelbar nebeneinander. Nach dem Abendessen und Duschen wollte sich die Gruppe nochmals zu einem Gläschen Wein treffen, Die Müdigkeit siegt.

Tag 2: Fachwerk und Ruinen

Städtchen wie einst erwarten in den stillen Tälern, an den Berghängen und auf den Höhen den Besuch des Wanderers. Rod an der Weil mit seiner wehrhaften Kirche, dem zweitältesten Pfarrhaus Hessens mit seinem extrem steilen Dach, den vielen schönen Fachwerkhäusern und dem bemalten Brunnen. Neuweilnau mit seinem Renaissanceschloss, Altweilnau mit dem hohen Bergfried der Ruine und die Ruine Landstein, eine ehemalige Wallfahrtskirche, die im 30-jährigen Krieg zerstört wurde. Nur die Mauern erinnern an Menschen, die hier gebetet, gehofft, vielleicht auch verloren haben, aber dann doch am Ziel angelangt sind.

„Steig ich den Berg hinauf, das macht mir Freude"

Wer das auf dem 25 km langen Weg von Haintchen nach Oberreifenberg am Nachmittag bei der Besteigung des Pferdskopfes von sich sagen kann, der braucht sich um die Kondition keine Gedanken zu machen, er wäre sogar für alpine Unternehmungen bestens gerüstet. Beim Ausblick vom Turm sind sowieso alle Mühen vergessen. Wenige Siedlungen ragen aus dem Wäldermeer heraus und über allem thront der Große Feldberg, als wollte er sagen: „Besteige erst noch mich, dann reden wir weiter." 

Altes Rathaus und Museum in Köngistein
Der Große Feldberg in Sichtweite


Tag 3: Gipfelsturm zum Großen Feldberg

Die Aussicht vom Großen Feldberg wurde schon von Goethe gerühmt. Am nächsten Morgen führt die Route auf den Gipfel. Der Blick reicht bei entsprechendem Wetter von der Eifel über den Hohen Meißner, die Rhön, den Spessart, den Odenwald und Pfälzerwald bis zu den Vogesen. Es heißt auch, man könne 15 Städte und 100 Dörfer erblicken. Von Sagen umrankt ist die Felsgruppe im Norden des Plateaus. Hier soll Königin Brunhild von Austrasien (Bezeichnung für den ehemaligen östlichen Teil des Fränkischen Reiches im frühen Mittelalter, Anmerkung der Redaktion) einst über ihr Reich geblickt haben. Imposant ist auch der Sendeturm des Hessischen Rundfunks. Im täglich geöffneten Feldberghof kann man einkehren und bei ungünstigem Wetter auch Schutz finden. (Achtung: Seit Februar 2021 ist der Feldberghof leider auf unabsehbare Zeit geschlossen wegen Sanierungsarbeiten, Anmerkung der Redaktion).

Abstieg und Abschied vom Taunus

Auf sehr angenehmen Pfaden gelangt man vom Großen Feldberg nach Bad Soden am Rande des Maintales. Die Abwechslung entlang der Route ist so groß, dass man die 700 Höhenmeter nie unangenehm empfindet. Zunächst ist man von ausgedehnten Wäldern umgeben. Das Gasthaus Fuchstanz schließlich lädt zur erfrischenden Rast ein. Der Weg führt auch an Wiesen mit Obstbäumen vorbei. Der Ausblick von der Ruine Falkenstein bis Frankfurt mit seiner eindrucksvollen Skyline, das vornehme Königstein mit dem Alten Rathaus und dem Luxemburger Schloss geleiten hinab nach Bad Soden. Aus dem Kurpark erklingen bekannte Melodien. Zufall oder Plan? Für uns war es ein würdiger Empfang nach einer großartigen Tour im Herzen Deutschlands.

>> Eine genaue Wegbeschreibung, Einkehrmöglichkeiten und den GPX-Track findet ihr im Tourenportal.

Konrads Tour im Tourenportal © Mapbox © OpenStreetMap
Dr. Konrad Lechner

Dr. Konrad Lechner ist passionierter Wanderführer im In- und Ausland und wurde 2008 zum Ehrenwanderführer des Deutschen Wanderverbandes ernannt. Die beliebte Serie "Konrads Überquerungen" erschien von 2002-2012 im Wandermagazin. Wir holen die Touren über große und kleine Gebirgszüge nun aus dem Archiv und veröffentlichen sie hier in überarbeiteter Fassung.