Der Name Küchenschelle leitet sich von Kuhschelle oder Glocke ab und ist auf die Blütenform zurückzuführen. In vielen Regionen hat die „Blume des Jahres 1996“ andere Namen. Beißwurz (Schweiz), Teufelsbart (Luxemburg), Bocksbart (Schlesien) oder Wolfspfote (Mosel). Der Name Pulsatilla kommt von lat. pulsare = läuten, schlagen. Der Zusatz vulgaris (lat.) – gewöhnlich oder vulgär – bezieht sich auf die in Deutschland am meisten vorkommenden Art der Gattung Pusatilla.


Die Blüte und Blätter im späten Stadium © Konrad Lechner

O WUNDERBARE STILLE
HOCH ÜBER BERG UND THAL
SCHON BLÜHT DIE PULSATILLE
IM ERSTEN FRÜHLINGSSTRAHL.

WIE SIND DIE OSTERTAGE
SO WONNIG UND SO LICHT,
WENN AUS DEM DÜRREN HAGE
DAS GRÜN DES WEISSDORNS BRICHT.

(Eduard Paulus, 1893)



ES GIBT NOCH VERBREITETE VORKOMMEN DER KÜCHENSCHELLE 

Man findet die Küchenschelle von März bis Mai am häufigsten in der Fränkischen und Schwäbischen Alb, am Mainhöhenweg bei Karlstadt, in dem sich südlich anschließenden Gäuland, in der Pfalz, in der Eifel und in Thüringen. In Norddeutschland ist sie sehr selten, teilweise bereits ausgestorben. Vorkommen gibt es auch im niedersächsischen Wendland, im Bereich der Schotterterrassen des bayerischen Alpenvorlandes und Oberösterreichs. Man findet sie am südöstlichen Rand des Schweizer Jura und in Luxemburg auf den Trockenrasenhängen im Moseltal, dem Naturschutzgebiet Deiwelskopp und an verschiedenen Standorten im Ösling.

Die Küchenschelle
Illustration: Martin Böer

FORTPFLANZUNG UND VERMEHRUNG

Bienen und Hummeln sorgen beim Suchen von Nektar für die Bestäubung. Nach der Befruchtung entwickeln sich „Nüsschen“, die Früchte. Sie hängen an Griffeln, die zu einem stark verlängerten, haarigen Federschweif weiterwachsen. Jetzt heißt es für die Küchenschelle warten – auf Windstöße, die die Federschweife mit den Fruchtköpfchen davontragen. Bei feuchter Witterung haften die Früchte am Fell vorbeistreifender Tiere an. Und sie können sich sogar als „Bodenkriecher“ eigenständig fortbewegen. Im Wechsel von Trockenheit und Nässe drehen und wenden sich die Früchte nämlich um die eigene Achse. So gelangen diese auch in einen Umkreis von bis zu 20 cm um den Standort der Mutterpflanze. Vereinzelt können sich die scharfen Spitzen auch in den Boden eingraben und später auskeimen.

DIE KÜCHENSCHELLE STELLT ANSPRÜCHE AN IHREN STANDORT

Sie benötigt kalkhaltigen Boden, Wärme, Licht und verträgt keinen Dünger. Ihre Standorte wurden früher durch den Weidebetrieb von anderen höher wachsenden Pflanzen frei gehalten. Da diese Bewirtschaftung mehr und mehr wegfällt, verhindern heute in den Trockenrasen mit Küchenschellen häufig Pflegemaßnahmen das Zuwachsen. Auch in lichten Kieferwäldern mit locker stehenden Bäumen gedeiht die Küchenschelle hervorragend.

DIE KÜCHENSCHELLE UND DER MENSCH IM 21. JAHRHUNDERT

Früher war die Küchenschelle den Menschen unheimlich. Der seidig-glänzende Schopf erinnerte an einen Teufelsbart. Heute ist die Küchenschelle gesetzlich geschützt und ein Hingucker bei Frühlingswanderungen. Deshalb sollten ihre Standorte sehr vorsichtig begangen und jegliche Beschädigung vermieden werden. Die Digitalfotografie liefert heute schließlich prächtige Bilder auch von Teilen der Pflanze. Alle Bestandteile der Küchenschelle sind giftig.

Die gelben Staubblätter und in der Mitte die zahlreichen Griffel sind gut erkennbar © Konrad Lechner

Viel Wanderspaß beim Botanisieren!