Was kennzeichnet die Entwicklung eines Magazins mehr als der Werdegang seiner Themen und vor allen Dingen der Menschen hinter dem Magazin und jene Personen, die auf dem Entwicklungspfad bedeutsam wurden. Im Grunde geht es um nichts weniger, als die Antwort auf die Frage, was und wer dem Magazin in den ersten Jahren Schwung verliehen hat.

von Michael Sänger
Gründer und Herausgeber des Wandermagazins

Die Interviews

Ach, was waren wir stolz auf die Reihe der Interviewpartner:innen, die im Gespräch von sich und ihren Wanderleidenschaften sprachen. Professor Karl Carstens, noch bis 1984 Bundespräsident unseres Landes, saß uns gegenüber. Ebenso der berühmte Pater Basilius Streithofen und dann der großartige, legendäre 93 Jahre alte Luis Trenker. Von Beginn an spielte im Wandermagazin auch das Städtewandern eine besondere Rolle. Wandernd das besondere, in Jahrhunderten geprägte Profil einer Stadt – das Flair, die Architektur, die Geschichte – erkunden und erleben. So schlenderten wir durch Ansbach, Bamberg oder Münster.

Die Bergsteigerlegende im Wandermagazin,
was haben wir uns gefreut!

Rasch strukturierten wir das Heft mit Rubriken, darunter „Wandern Aktuell“, „Kurz & Bündig“, „Wandern & Wissen“ oder „Wandern in der Ferne“. Schon im ersten Jahrgang bereicherte uns der fränkische Landarzt Dr. Josef Klein mit Beiträgen für die Rubrik „Wandern & Gesundheit“. Es folgten die Rubriken „Wege & Stege“ und „Wandern & Flora“. 1986 erschienen erstmals längere Regionsstrecken und dank der wanderfreudigen und umtriebigen Dr. Hannelore Schmitz konnten wir in nahezu allen Ausgaben Wanderziele im Ausland präsentieren. Die Scilly Inseln im Ärmelkanal, die Azoren, La Palma oder Madeira waren Höhepunkte. Wir probierten vieles aus: Mountainbiken, Wasserwandern, Skiwandern oder meditatives Wandern. Keine Spielart des Wanderns war uns fremd, so liebäugelten wir auch mit dem Radwandern, lange bevor E-Motoren selbst betagtes Wanderpublikum in bergige Landschaften führen sollte.

Markante Menschen

Hatte mich kurz nach der ersten Ausgabe der Geschäftsführer der Deutschen Gebirgs- und Wandervereine, Wolfgang Maria Rabe, entrüstet angerufen, wie ich denn dazu kommen würde, mir nichts dir nichts ohne Rücksprache mit dem Verband eine Wanderzeitschrift zu verlegen, entwickelten sich schon im Verlaufe des zweiten Jahrgangs intensive Kontakte zum Verband. Im Sommer 1986 etablierte sich ein Redaktionsbeirat mit Konrad Schubach, Präsident des Wanderverbandes, dem für die Öffentlichkeitsarbeit zuständigen Heiner Weidner und dem Kulturwart Paul Bohl. So kam es, dass ab der Ausgabe 4/1986 mein Magazin den Status eines „Offiziellen Organs des Deutschen Wanderverbandes“ erlangte.

1988 waren wir „Offizielles Organ“
der deutschen Gebirgsund Wandervereine

Erste Tourismus-Agenturen interessierten sich für uns. Ein Claus Tschann bot sich als PR-Berater an, namhafte Ausrüstungsfirmen wie Meindl, Klepper, Vaude, Raichle, Sympatex oder K-Way schalteten Anzeigen im Wandermagazin. Reiseveranstalter Baumeler Reisen buchte die erste Beilage im Wandermagazin überhaupt. Wir wurden frecher und stellten bei den Deutschen Wandertagen 1986 in Osnabrück, 1987 im Werratal (Eschwege) sowie 1988 in Koblenz mit eigener Mannschaft vor Ort aus. Ja, wir waren sogar so kühn und stellten bis Ende der 80er auf der Frankfurter Buchmesse aus. Standnachbar war damals das Magazin Berge, es wurde 2008 eingestellt und in das Magazin Alpin integriert. 1988 erschien erstmals das Magazin Outdoor aus dem Verlag Motor-Presse in Stuttgart, damals noch auf Ferne, Abenteuer und Wildnis ausgelegt.

Sagenhaftes Wanderziel in Jordanien: Petra

Unvergessen Begegnungen in den 80ern

1987 lernte ich Alfons Meindl kennen, Vater von Lukas und Lars Meindl, den heutigen Firmenlenkern des Traditionsschusters. Er ermahnte mich, im Wandermagazin auch mal etwas zur Produktberatung zu veröffentlichen. So habe er für die Wahl des richtigen Wanderschuhs eine vierstufige Kategorisierung (A bis D) entwickelt, die sollten wir doch mal vorstellen. Schon kurz darauf schrieb ich in meinem Editorial (damals noch Vorwort): „Vorbei sind die Zeiten, da Industrie, Gastronomie und Freizeitbranche Wanderer als sparsame und knauserige Eigenbrötler verkannten. Der Markt der Wanderer, von der Ausrüstung bis zur Verpflegung, lockt immer mehr Unternehmen und immer neue Branchen an. ... Für jede Landschaft der passende Schuh, das richtige Profil und für jede Temperatur die richtige Faser ...“. Alfons Meindl hatte mir einen wegweisenden Impuls verschafft.

Kaum war „Wanderpräsident“ Karl Carstensim Ruhestand,
konnten wir ihn für das Wandermagazin interviewen

Anfang 1988 kam mit Gundi Große die erste Volontärin zu uns ins Team. Unvergessen die Begegnungen mit Holger Graßhoff, der im Wandermagazin über die „Kunst des Wanderns“ schrieb. Michael Vorwerk veröffentlichte wenig später seinen mehrteiligen Bergwanderkurs im Wandermagazin. Auch Dieter Hütte, zuletzt Geschäftsführer des Landestouristikverbandes Brandenburg, lernte ich bereits 1988 kennen. Er war damals Geschäftsführer des Homburger Kur- und Verkehrsvereins Homburger Ländchen im Oberbergischen. Die persönlichen Beziehungen zu touristischen Ansprechpartnern sollten prägend für die vier Jahrzehnte bis heute sein. Dieter Hütte war später Kurdirektor in Baiersbronn im Schwarzwald, dann Chef des Potsdam Tourismus Service. Einmal Tourismus immer Tourismus, könnte man sagen.

Noch einen Weggefährten über die 40 Jahre lernte ich mit Erwin Schottler auf dem Donnersberg im Nordpfälzer Bergland 1989 kennen. Er machte damals als Hotelier des Kastanienhofes in Dannenfels mit seiner ersten Pfälzer Wanderschule Furore und ist ein liebenswerter Freund für mich geblieben.


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