Anja Buntz ist Mentalcoach und schreibt in unserer Serie „Wandercoaching mit Anja“ über mentale Strategien für mehr Leichtigkeit – beim Wandern und darüberhinaus. Sie zeigt, wie wir für uns selbst Lösungsansätze in der Natur finden können.
Start: Den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen
Ziel: Innehalten, im Moment sein, Details entdecken
Die Situation
Die Vorfreude steigt sobald wir uns dafür entscheiden, eine Wandertour zu machen. Wir planen, an welchem Tag wir losziehen, schauen, welche Route zu uns passt und packen unseren Rucksack. Am Startpunkt angekommen, gehen wir los, zielgerichtet, den Gipfel oder die Einkehr im Fokus.
Was mir jedoch immer wieder bewusst wird, ist, wieviel wir beim Wandern trotz der großen Vorfreude verpassen. Wir sind jedes Mal von so viel natürlicher Schönheit umgeben, dass wir sie mit den Augen kaum fassen können. Oft wandern wir aber stur vor uns hin und sind mit den Gedanken beim nächsten Hüttenstopp. Wir denken schon an Montag und an die Arbeit, die auf uns wartet. Wir schimpfen vielleicht über Dinge, die gerade nicht gut laufen oder über Jemanden, der sich unkorrekt verhalten hat. Es gibt so vieles, das unsere Aufmerksamkeit bekommt – die Schönheit der Natur, die atemberaubende Landschaft und die vielen kleinen Details um uns herum kommen zu kurz.
Schenken wir unsere Aufmerksamkeit wieder mehr dem Moment, anstatt der Sache. Seien Sie vollkommen da, in der Natur. Entdecken Sie ihre Details, finden Sie Ihren Platz im großen Ganzen und sei es nur für einen Augenblick. Genießen Sie die Leichtigkeit, die dadurch entsteht.
Die Methode
Damit Sie Ihre Aufmerksamkeit weg von der sturen, zielgerichteten Wanderung, hin zu mehr Leichtigkeit, Erlebnis und Innehalten lenken können, empfehle ich Ihnen für die nächste Wanderung einen Entdeckungsplan zu machen.
So funktioniert's:
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Kosten Sie Ihre Vorfreude voll aus und machen Sie sich vor der Wanderung Notizen, was Sie während Ihrer Wanderung einsammeln möchten.
Überlegen Sie, welche Erinnerungsstücke und Momente Sie unbedingt mit nach Hause nehmen wollen. -
Packen Sie ein kleines Einmachglas in Ihren Rucksack. Haben Sie kein Glas zur Hand, dann nehmen Sie einen kleinen Beutel mit.
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Halten Sie während Ihrer Wanderung Ausschau nach Ihren Erinnerungsstücken (siehe Notizen). Sie werden staunen, mit welch neuem Fokus Sie durch die Natur gehen.
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Packen Sie Ihre Fundstücke in Ihr Glas und stellen Sie es zuhause an einen schönen Ort. So haben Sie eine wundervolle Erinnerung an Ihren Wandertag und eine Sammlung an Momentaufnahmen.
Weitere Tipps zum Innehalten
♦ Pausenrezept
Als Alternative können Sie für sich vereinbaren, jede halbe Stunde für 5 Minuten zu rasten. Dort nehmen Sie bewusst die Umgebung wahr, mal näher, mal weiter entfernt. Entdecken Sie, welche Farben Ihnen ins Auge fallen, welche Formen. Sehen Sie neue Wege oder markante Punkte? Erkennen Sie Tiere? Nutzen Sie Ihre kurze Rast für das Innehalten während Ihrer Wanderung. Das bringt Sie viel mehr in den Moment und fördert Ihr Bewusstsein für all das Schöne, das sie umgibt.
♦ Der Meterstab
Packen Sie einen Meterstab/Zollstock in Ihren Wanderrucksack. Formen Sie während einer Rast ein Quadrat daraus und legen Sie diesen Rahmen am Boden ab. Beobachten Sie 15 Minuten lang, was Sie darin alles entdecken.
♦ Das Wandertagebuch
Schreiben Sie all Ihre Eindrücke und Erkenntnisse in ein Wandertagebuch. Zeichnen Sie, skizzieren Sie, schreiben Sie. Alles ist erlaubt.
♦ Achtsam gehen
Das achtsame Gehen bedeutet ganz bewusst, ganz langsam einen Fuß vor den anderen zu setzen. Setzen Sie den Fuß bewusst auf, rollen Sie ihn bewusst ab, spüren Sie den Boden unter Ihrem Fuß: Ist er weich oder hart? Gibt er nach? Welche Geräusche entstehen? Und dann spüren Sie noch tiefer: Welche Aufgabe übernehmen die Verse, der Ballen, die Zehen, das Sprunggelenk, die Wade, das Knie, die Oberschenkel und das Gesäß. Wie funktioniert Ihr Bein beim Gehen? Welche Dankbarkeit können Sie Ihren Beinen entgegenbringen? Achten Sie die Funktionen Ihres Körpers?
♦ Die Atmung
Atmen Sie in die Beine hinein, füllen Sie sie beim Einatmen mit Energie. Atmen Sie die Müdigkeit aus Ihren Beinen hinaus, lassen Sie beim Ausatmen all die verbrauchte Energie aus Ihren Beinen entweichen.
Zurück im Alltag
Es gibt noch so viel mehr was Sie tun können, um im Moment zu verweilen. Im Übrigen können Sie dies nicht nur auf Ihrer Wandertour tun. Nutzen Sie auch im Alltag kurze Momente der Ruhe, 5-Minuten-Pausen, kleine Oasen inmitten Ihres Alltags, um das Leben etwas zu entschleunigen. Zu oft sind wir in Eile unterwegs, mit den Gedanken schon beim nächsten Termin oder To-Do. Wir leben gedanklich immer schon in der Zukunft. Das gibt dem Leben ein so unermessliches Tempo, dass wir es kaum noch fassen können. Am Ende des Jahres fragen wir uns dann: Wie konnten die 365 Tage nur so schnell an uns vorbeiziehen? Die Antwort lautet: Wir haben es durch unsere mentale Fehlstrategie so herbeigeführt.
Führen Sie Ihre Gedanken, Ihre Aufmerksamkeit und Ihre Freude immer wieder zurück in den Augenblick, in das Hier und Jetzt. Bleiben Sie bei dem, was Sie im Moment tun – auch gedanklich. Sie schenken sich dadurch selbst mehr Zeit. Viel mehr noch: Sie werden das Gefühl haben, viel mehr aus Ihrer Zeit gemacht zu haben, als Sie es bisher taten. Grübeln Sie nicht länger über das Später und Morgen. Nutzen Sie Ihren Verstand, um zu verstehen, was gerade im Augenblick passiert. Nutzen Sie Ihren Geist, um voller Bewusstsein zu erleben, wer Sie sind, wo Sie sind und wozu Sie sind. Gönnen Sie sich diese Auszeiten, dann werden Sie von Ihrem Leben überrascht.
Für diese Entdeckungstour wünsche ich Ihnen viel Freude und Energie. Ganz besonders achtsame Energie wünsche ich Ihnen für Ihre nächste Wandertour voller Leichtigkeit und Details!
Info: www.anjabuntz.de