Anja Buntz ist Mentalcoach und schreibt in unserer Serie „Wandercoaching mit Anja“ über mentale Strategien für mehr Leichtigkeit – beim Wandern und darüberhinaus. Sie zeigt, wie wir für uns selbst Lösungsansätze in der Natur finden können. 

Start: Unsicherheit, Einsamsein
Ziel: Selbstbewusstsein, Einssein

Die Situation

Wandern Sie lieber allein oder in Gesellschaft? An dieser Frage scheiden sich die Geister. Wenn ich mich auf meinen Wanderungen umhöre, antworten mir viele Wanderer, dass sie gerne allein unterwegs sind und mir begegnen häufig einzelne Wanderer. Es scheint so, als ob sie gerne mit sich unterwegs sind. Das ist der Grund, warum auch ich gerne solo in die Berge gehe und mir eine einsame Wanderung gönne. Einsam im Sinne von: Einssein mit mir selbst.

Allein zu wandern kann der Zugang sein zu mehr Selbstbewusstsein und zu mehr Ruhe. Es ist keine Schwäche, sondern vielmehr ein Zugeständnis an uns selbst. Wir nehmen uns Zeit für uns und lauschen, was gerade in unserem Inneren vorgeht. Es ist eine Auszeit von allem, in der wir nichts müssen, nur können. Es bedeutet „da sein“, da sein mit sich und in aller Gemächlichkeit einen Fuß vor den anderen zu setzen. Es bedeutet auch, dass wir Pause machen können, wann immer wir wollen und dass wir ausschließlich Rücksicht auf die eigenen Bedürfnisse nehmen.

Gleichzeitig ist es gut möglich, dass das Alleinsein, insbesondere beim Wandern, Probleme bereitet. Vielleicht haben Sie schon oft andere Solo-Wanderer gesehen und sich zum Ziel gesetzt, das auch irgendwann zu tun. Dann ist der Tag gekommen, an dem es gilt: Allein wandern! Bestens vorbereitet und ausgerüstet gehen Sie los. Die ersten Meter bewältigen Sie mit Links. Aber nach und nach schleichen sich Ängste ein, Zweifel kommen auf, Unwohlsein und Unsicherheit. Dieses Mal ist niemand da, der Ihnen hilft, der den Überblick bewahrt oder Ihnen zuhört. Dieses Mal geht es darum, mutig zu sein, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen und sich zu vertrauen. Denn wie heißt es so schön: Dort wo deine Angst am größten ist, dort liegt dein größtes Potenzial. Dort wirst du die größten Erfolge feiern.

Die Methode

Ein erster kleiner Schritt, den Sie gehen können, sobald Angst und Unsicherheit auftauchen, ist die Kontaktaufnahme zu sich selbst. Gehen Sie in das Gespräch mit sich. Schauen Sie sich um und fragen Sie sich ...

♦ Was liebe ich an diesem Ort, an diesem Weg?
♦ Welche Erfolge hatte ich bisher auf meinem Wanderweg?
♦ Worauf freue ich mich heute am meisten?
♦ Worauf fällt mein Blick als erstes?
♦ Entdecke ich ein Tier?
Welche Vögel höre ich?
♦ Wie empfinde ich heute den Himmel über mir?
♦ Wie fühle ich den Boden unter meinen Füßen?

Nutzen Sie diesen Dialog mit sich selbst, um zu erkennen, dass in Ihnen sehr viel mehr als nur Einsamkeit steckt. Sie selbst finden so viele Antworten, die Ihnen Sicherheit und Motivation schenken. Sicherheit gibt Ihnen wiederum die nötige Ruhe, die Sie in solchen Momenten brauchen. Außerdem entwickeln Sie durch das Gespräch eine ordentliche Portion Selbstbewusstsein. Sie entdecken Dinge, die Ihren Werten entsprechen und die Sie nähren.

Mein Tipp für das Einssein

Wenn Sie die Kraft des Dialogs noch verstärken wollen, dann suchen Sie sich einen Gegenstand aus der Umgebung und nehmen diesen in Ihre Hand. Drücken Sie ihn fest und lassen Sie all Ihre positive Energie hineinfließen. Zur Unterstützung können Sie dabei an einen geliebten Menschen oder eine freudige Situation denken und dieses Gefühl nutzen. Wenn Ihr Gegenstand genug „aufgeladen“ ist, dann packen Sie diesen als Ihren treuen Begleiter ein.

Zurück im Alltag

Vielleicht sind Sie beim Wandern mit sich im Reinen, gehen in aller Ruhe und mit Selbstbewusstsein Meter für Meter auf Ihrer Wandertour. Aber im Alltag tun Sie sich schwer, das Gefühl von Einssein zu leben. Gerade dann, wenn das Umfeld nicht ruhig und bescheiden ist, so wie auf einer Wandertour, wird es schwierig, bei sich zu bleiben und das Einssein zu genießen. Vielleicht brauchen Sie keine Strategie für Ihre Wanderung, sondern für Ihren Alltag.

Gehen Sie in das Gespräch mit sich selbst. Nutzen Sie eine ruhige Viertelstunde, um sich zu besinnen und sich der aktuellen Lage bewusst zu werden. Es geht darum, auch im hektischen Alltag das Wertvolle zu erkennen und zu überprüfen, inwieweit Sie diese Werte leben können. Hier ist ein Leitfaden zur Orientierung:

Was habe ich diese Woche erlebt?
 Wem bin ich begegnet?
 Welche schönen Momente sind mir noch in Erinnerung?
♦ Was in meinem Leben bringt Unruhe und will ich hinter mir lassen?
♦ Was gibt es Schönes oder was möchte ich Schönes erleben?
♦ Was sehe ich gerade in diesem Moment, was mich an meine einzigartige Persönlichkeit erinnert?

Holen Sie sich diese Erinnerung ganz bewusst in den Moment. Genau dann, wenn Ängste am größten sind und Zweifel uns versuchen niederzumachen, dann ist es wichtig, dass wir uns auf unsere positiven Seiten besinnen. Gerade dann ist es wichtig, dass wir uns spüren und feststellen, wir sind nicht allein. Wir haben in erster Linie uns selbst, was sehr häufig genügt. Denn aus uns selbst heraus können wir Kraft, Freude und Inspiration schöpfen.

Erinnern Sie sich regelmäßig an diese Qualität – in Ihnen steckt so viel mehr als Einsamkeit und Unsicherheit. In Ihnen steckt jede einzelne Antwort auf die Fragen, die sich stellen. Seien Sie mutig! Machen Sie sich auf die Suche nach sich und Sie werden sich finden. Werden Sie eins!

Dabei wünsche ich Ihnen ganz viel Entdeckerfreude und bestes Gelingen...