Anja Buntz ist Mentalcoach und begeisterte Wanderin. Für das Wandermagazin schreibt sie über mentale Strategien für mehr Leichtigkeit beim Wandern und darüber hinaus. In diesem Beitrag zeigt Anja, wie uns unsere Wanderfahrungen bei persönlichen Lebensentscheidungen weiterhelfen können.

Wer wandert, weiß ganz genau was es bedeutet, einen Schritt vor den anderen zu setzen. Wandernde verstehen es, sich eine Route, ein Ziel und geeignete Ausrüstung zurecht zu legen. Damit kommen wir vorwärts, damit kommen wir dort an, wo wir hin wollen. Es gibt wohl auch kaum Schöneres, als nach einer langen, kräftezehrenden oder auch entspannten, gemütlichen Wanderung am gewünschten Ort anzukommen. Sei es eine Hütte, eine Waldlichtung oder ein Flussdelta.

Vom Wandern fürs Leben lernen

Warum nur ist es im wahren Leben oft nicht so einfach? Warum fällt es uns im Alltag schwerer, erschöpft und gleichzeitig überglücklich am Ziel anzukommen? Die Antwort bzw. die Antworten sind ganz simpel:

♦ Wir spüren oftmals nicht die Absicht, loszugehen.
♦ Wir verpassen den Moment, an dem wir uns entscheiden sollten.
♦ Wir übersehen: Nur ein Schritt ist nötig, um unserem Leben eine entscheidende Wendung zu geben.
♦ Wir haben keine Ahnung, wie es geht, auf unser Herz zu hören.
♦ Wir versäumen es, Pausen zu machen.

Ich finde, wir sollten uns unsere Lieblingsbeschäftigung viel öfter als Vorbild, als Idol, als Wegweiser nehmen. Denn aus ihr lässt sich so viel ableiten, was uns auch abseits des Wanderweges helfen kann. 

Sich selbst die beste Schülerin sein

Als begeisterte Bergwanderin weiß ich ganz genau, wovon ich rede. Mehrere Zehntausend Höhenmeter hab ich schon geplant und bin sie gegangen. Dennoch: Die Erkenntnis, dass es im wahren Leben nicht anders ist als bei einer Bergwanderung, kommt auch mir oft spät oder nie.

Doch es hat sich etwas verändert. Im letzten Jahr gab es diese eine Entscheidung, diesen einen Schritt, dieses nicht zurückblicken und freudig nach vorne schauen. Es gab dieses „dem Herzen folgen“. Ich habe mir meinen Lebenstraum erfüllt und bin in die Berge gezogen. Inzwischen wohne ich seit knapp einem Jahr in den Tiroler Alpen und genieße meine wöchentlichen Bergwandertouren zwischen Wetterstein, Karwendel und der Nordkette.

Meine Erfahrung hat mir gezeigt: 
Wenn man das Sich-Entscheiden und den-ersten-Schritt-gehen nur oft genug wiederholt, wird es zur Routine. So werden die Grenzen immer schwächer und die Hürden immer kleiner, die uns davon abhalten, das Leben zu leben, das uns bestimmt ist.

Vom Wandern ins Leben

Was genau hat sich verändert und lässt sich diese Erkenntnis auch auf Lebensbereiche anderer Personen übertragen. Na klar! Jeder Mensch ist in der Lage, sich seiner Power und seiner mentalen Kraft zu bedienen. Dazu noch ein bisschen Gefühl mitnehmen und schon befindet man sich inmitten des Trainings für die nächste Herausforderung im Leben.

Auf dem Himmelschrofen © Anna Mardo Portraitfotografie

Erinnern Sie sich an Ihre letzte große oder herausfordernde Wanderung. Wie genau sind Sie dieses Projekt angegangen? Womit haben Sie begonnen? Was waren Ihre einzelnen Schritte, die Sie am Ende ans Ziel geführt haben? Vermutlich sahen die Schritte in etwa so aus:

1. Herz und Verstand abwägen
2. Sich entscheiden
3. Den ersten Schritt gehen

Bedeutet, Sie verspüren eine unbändige Lust, endlich mal wieder zu wandern – weil es Ihren persönlichen Werten entspricht. Sie machen sich Gedanken, wohin Sie wollen, wo Sie vielleicht noch nie waren oder wo Sie längst nochmal hin wollten. Dann planen Sie sorgfältig die Tour: Anfahrt, Gepäck, Route, Zeiten, etc. Und dann sitzen Sie an besagtem Tag im Auto oder der Bahn und fahren zum Ausgangspunkt, von wo Sie in Ihre Herzenstour starten. Sie gehen los, das Ziel fest im Blick. Und dann geht meist alles ganz leicht und von allein.

Worauf noch warten?

Und nun stellen Sie sich bitte die Frage: Wann in meinen Leben, kann ich diese Fähigkeit, diese Qualität für mich einsetzen. Überlegen Sie auch, wie Sie sich immer wieder und im Bedarfsfall erinnern, dass Sie diese Erfahrung mehrfach gemacht haben und sie nur noch abrufen brauchen.

Wann wird Ihnen Ihre Wandererfahrung beim nächsten Lebensereignis helfen, einen Schritt vorwärts zu kommen? Immer in der Gewissheit, dass dieser Schritt ein Schritt zu Ihnen selbst ist. Immer getreu dem Motto „follow your nature!“

© Anja Buntz