Der Deutsche Wanderverband (DWV) ist der Dachverband von rund 70 landesweiten und regionalen Gebirgs- und Wandervereinen und setzt sich für die Interessen von Wanderinfrastruktur, Naturschutz und Wanderern in Deutschland ein. Mit seiner vielfältigen Arbeit sorgt er u. a. für Qualität auf den Wanderwegen, bildet Wanderführer aus und entwickelt vielfältige Programme für alle, die gerne draußen unterwegs sind.

Wir haben mit Ute Dicks, Geschäftsführerin des DWV, über die Erwartungen und Arbeitsschwerpunkte des Wanderverbandes im Jahr 2021 sowie Nutzungskonflikte auf Wanderwegen gesprochen.

Wandermagazin: Wie geht der Deutsche Wanderverband in das Jahr 2021? Welche Erwartungen, Wünsche oder Sorgen gibt es Ihrerseits?

Ute Dicks: Einerseits gehen wir mit Zuversicht ins noch junge Jahr. Wandern ist in aller Munde und sehr viele Menschen haben das Zu-Fuß-Gehen in der Landschaft neu für sich entdeckt. Dass dies möglich war und ist, liegt maßgeblich auch an der Vorleistung der Ehrenamtlichen in den Mitgliedsorganisationen des Deutschen Wanderverbandes. Wir sind stolz, dass die Wanderfamilie unter dem Dach des DWV ihrer gesellschaftlichen Verantwortung und Relevanz gerecht geworden ist – das wird auch 2021 so sein. Gleichzeitig machen wir uns Sorgen, weil gerade die Vereinsaktivitäten, die in besonderem Maße auf Begegnung, sozialen Zusammenhalt und gemeinsame Erlebnisse ausgerichtet sind, weitgehend brach liegen müssen und wir auch nicht den Eindruck haben, dass seitens der Politik das Wandern so wertgeschätzt wird, wie es angemessen wäre.

Ute Dicks

Wir hoffen z.B. sehr, dass wir 2021 nach dem Lockdown nicht wieder so einen Flickenteppich an Länderverordnungen erleben müssen wie 2020, wo das Wandern häufig „vergessen“ wurde. Es durften teilweise mehr Menschen zusammen in einer Halle Sport treiben als zusammen in einer geführten Wanderung draußen unterwegs sein. Eifel, Harz und Rhön wurden verordnungsmäßig aufgrund der länderübergreifenden Gebirge voneinander getrennt, ein No Go, welches die Hotspotbildung vielfach verursacht hat. Ein konkreter Wunsch wäre, dass alle Wanderwegenutzenden die wegebetreuenden Gebirgs- und Wandereine vor Ort durch eine Mitgliedschaft, eine Spende oder aktive Mithilfe unterstützen.

Wandermagazin: Die Aktivitäten des Verbands sind umfangreich. Gibt es in diesem Jahr einen Schwerpunkt?

Ute Dicks: Auch 2021 wird die Sichtbarmachung der Leistungen unserer Mitglieder und die Relevanz des Wanderns gegenüber der Politik eine besondere Rolle spielen. Familienwandern, Wegearbeit, Sozialer Zusammenhalt, Stadt- und Heimat erleben und Naturschutz stärken, sind Themen, die auch 2021 von hoher Relevanz sind. Sie zeigen, dass die DWV-Mitgliedsorganisationen auf vielen Ebenen ein starkes Profil zu bieten haben.

Aktuell sind viele Augen auf einen erfolgreichen Restart nach dem Lockdown gerichtet. Dabei wird sicher der 14. Mai, Tag des Wanderns, stark im Fokus stehen. Er könnte ein Symbol für den Neustart der Vereinsarbeit sein. 2020 haben wir beim Tag des Wanderns eindrucksvoll mit über 200 Veranstaltungen zeigen können, das dezentrale Oudooraktivitäten auch bundesweit unter Corona-Anforderungen verantwortungsvoll durchzuführen sind. Mitmachen kann Jede(r)!

Steckbrief
Deutscher Wanderverband (DWV)

Wandermagazin: Wandern war schon immer ein wichtiger Teil der deutschen Kultur und Freizeitgestaltung. Was hat sich durch die Corona-Pandemie verändert?

Ute Dicks: Corona scheint wie ein Brennglas zu wirken, sprich bestehende Trends zu verstärken, aber auch bestehende Nutzungskonflikte sichtbarer zu machen. Zunächst einmal ist es deutlich voller auf Wanderparkplätzen und auf den Wegen geworden. Laut unserer Branchenbefragung Wandertourismus gehen über 90% der regionalen Expert*innen von einer (starken) Nachfragezunahme in der Wandersaison 2020 aus. Auch während der Lockdowns war Wandern eine der wenigen Möglichkeiten rauszukommen und den Kopf mal durchpusten zu lassen. Es sind auch viele neue Wanderinteressierte auf den Wegen unterwegs, was uns freut. Hier und da fehlt es noch an Erfahrung, Know-How und dem Respekt für die Natur und einem guten Miteinander.

Wandermagazin: Sie haben gerade die bestehenden Nutzungskonflikte erwähnt, ein Begriff, der im Zuge der Pandemie häufiger verwendet wird. Wie genau sieht dieser Konflikt aus und wie können Wanderer damit umgehen?

Ute Dicks: Die verstärkte Nutzung der Wanderwege führt zu deutlich gestiegenem Nutzerdruck in der Natur und auf den Wanderwegen. Obwohl es in Deutschland eine Vielzahl an Wegen gibt, sind oft nur die bekannten Wege angesteuert worden, dadurch wurde es eng. Hinzu kam, dass Wege auch verstärkt von Mountainbikern und Hundebesitzern genutzt wurden. Dabei ist es grundsätzlich zu begrüßen ist, dass immer mehr Menschen in der Natur unterwegs sind. Am stärksten scheint das klassische Konfliktbild zwischen Mountainbikern und Wanderer in den Fokus zu rücken. Das jedenfalls ist ein eindeutiges Ergebnis der Befragung. Hier braucht es von allen Seiten vor allem Dialog, Sensibilisierung und da, wo es einfach zu eng wird, eine vorausschauende Besucherlenkung. Die Bewerbung einer Destination als Raumerlebnis wäre wünschenswert, weg von den Leitwegen hin zur Fläche. Dazu brauchen wir mehr Respekt voreinander und vor der begrenzten Natur. Ebenso wichtig wird es sein, der einheimischen Bevölkerung mehr Wertschätzung und Achtung zu schenken, die Anreise mit ÖPNV wäre hier schon mal ein erster guter Weg.

Wandermagazin: Zum Abschluss: Planen Sie persönlich für dieses Jahr eine Wanderung? Wenn ja wohin?

Ute Dicks: Ich werde sicherlich zahlreiche Wanderungen 2021 machen, kleine nahegelegenen Touren und ich bin zuversichtlich, wie auch in 2020, das europäische Ausland erleben zu können. Wo genau ich landen werden, wird sich zeigen. Sicher eingeplant sind die Ziele Nordhessen, Eichsfeld, Niederrhein und die Lüneburger Heide.

Wandermagazin: Vielen Dank für Ihre Zeit und die Beantwortung unserer Fragen!

Ute Dicks: Gerne!