Bilder & Text: Ricarda Große

Berge, Wald & Meer: Wandern in Mittelgriechenland

Bei dem Gedanken an Griechenland kommen schnell Bilder zur Metropolregion Athen, Ruinen aus der Antike, den Stränden der Küsten sowie den zahlreichen Inseln auf. Doch bereits am ersten unserer insgesamt drei Wandertagen werden diese Gedanken schnell aus meinem Kopf getrieben. Unsere Gruppe steht am Rande eines kleinen Bergdorfes, Ano Polydrosos, ca. 190 km nordwestlich von Athen. Kühle, frische Luft empfängt uns. Die Ausläufer des Bergstockes Parnass liegen zum Teil in Wolken versteckt. Laut der griechischen Mythologie ist der Berg dem Gott Apollon geweiht. In nur wenigen Schritten geht es in den Wald. Nadelbäume, weicher, nachgebender Boden und von Moosen und Flechten überzogenes Gestein begrüßt die Wandergruppe. Die Szenerie macht mir deutlich: Wandern in Griechenland kann so viel mehr als Sonne, Hitze und Sand sein.

Kleine Farbtupfer: Zwischen den dominierende Nadelbäumen finden sich auf den Lichtungen hoch zum Berg bereits die ersten Blüten.

Stetig, aber angenehm, geht es bergauf. Zwischendurch öffnet sich der Wald auf Plateaus, die durch die Beschaffenheit des Kalksteins das Gebirge prägen. Um uns herum wirkt alles verlassen und ruhig. Leichter und kurzer Nieselregen lässt das Grün der Natur aufleuchten. Und immer wieder trifft der Blick auf die zum Teil von Schnee bedeckten Gipfel. Diese Etappe auf dem Wolftrail Griechenland ist mit 15 km und  ca. 1.538 hm Aufstieg der anspruchsvollste Wandertag der Reise. Als wir nach unseren „nur“ sieben Wanderkilometern am Ziel des Tages, der Defner Berghütte ankommen, staunen wir über die Aussicht. Das Auf und Ab der Berge und der in einiger Entfernung schimmernde Golf von Korinth sowie die ebenfalls weißen Bergkuppen auf der Halbinsel Peloponnes sind zu erkennen. Tatsächlich prägen fast 80 % der Landschaft Griechenlands die Gebirge. Wir können die Ziele der nächsten Tage unserer Tour bereits erahnen.

Doch zunächst gibt es erstmal eine griechische Kochstunde mit unseren Guides Eleni und Giogos zu traditionellen Zaziki und Trachana – eine fermentierte und getrocknete Mischung aus Joghurt, Mehl und Gemüse, die zu Suppe eingekocht wird –, schmackhaften Bergtee mit Honig und ein wärmendes Kaminfeuer in der Hütte. Die Berghütte ist vor allem in der Skisaison ein wichtiger Anlaufpunkt. Hüttenwirt Kostis kümmert sich mit seinem Team um das Wohlergehen der hungrigen Besucher:innen. Übernachtungen sind ebenfalls buchbar. In der Sommerzeit öffnet die Hütte ihre Türe auf Anfrage.

Stetig bergan geht es durch Wald und Lichtungen über weichen Nadelboden zur Defner Berghütte.

Wolftrail Griechenland 

Der Wolftrail startet im kleinen Dorf Eptalofos auf der Nordseite des Berges Parnassos und führt auf seinen ca. 64 Kilometern hinüber auf die Südseite zur kleinen Hafenstadt Itea am Meer. Fünf reine Wandertage mit überschaubaren Tageskilometern, aber durchaus einigen Höhenmetern, führen durch die unterschiedlichsten Klimazonen und Naturräume. Von dichten Wäldern, über steiniges alpines Gelände hoch auf den Berggipfel und wieder hinab über Wiesenflächen, kleine Schluchten sowie über sandigen roten Boden, lässt sich Griechenlands Vielfalt auf dem Wolftrail besonders eindrucksvoll erwandern. Die besten Reisezeiten zum Wandern sind April bis Juni und September bis Oktober. 

Wandern zum Mittelpunkt der Welt: Ancient Path nach Delphi

Auf dem Ancient Path – alten Pfad – geht es stetig
bergab in Richtung Delphi. In der Ferne ist bereist Itea am Meer
sowie der große Olivenhain zu erkennen. 

Am zweiten Wandertag erleben wir eines der Highlights des Wolftrails. Wir verlassen den am Vortag stetig markierten Nationalen Wanderweg 22 und finden uns auf dem europäischen Fernwanderweg E4 und dem parallel verlaufenden Ancient Path wieder. Zunächst noch im schattigen Wald unterwegs, schlängelt sich der Pfad durch eine enge kleine Schlucht, die als Rinne für Regen- und Schmelzwasser aus den Bergen dient. Wir steigen über natürliche Steinstufen und nehmen hier und da die Hände zur Hilfe. Unser Guide Eleni erzählt uns von den Legenden der Orte, an denen wir vorbeilaufen. Für mich wird die Natur zu einem verwunschenen Schauplatz von Nymphen, Göttern und anderen mythischen Kreaturen. Es ist genau diese Kombination aus Natur und Kultur, die mich auf dieser Etappe begeistert.  

Eleni weiß, es wird noch viel besser und mit Blick auf die dunklen Wolken, die sich langsam aber stetig hinter uns über die Berge schieben, machen wir etwas Tempo, um zum Abschnitt des Ancient Path nach Delphi zu gelangen. Vorher treffen wir aber noch auf eine Kuhherde auf einem offenen Plateau und beobachten die Tiere bei ihrem gemächlichen Gang über die Wiesenfläche. Sie lassen sich wenig von uns und den gezückten Kameras stören. Ebenfalls eindrucksvoll ist der kleine Mistkäfer, der zu unseren Füßen fleißig seine Mistkugel vorranschiebt und sich ebenfalls von seiner Arbeit nicht ablenken lässt. 

Schließlich treten wir auf die ersten Meter des Ancient Path, der uns in Serpentinen runter nach Delphi führen wird. Der Boden wird steiniger, es geht bergab und etwas Konzentration ist gefordert. Die ersten kleinen Ausblicke vom Pfad ins Tal und auf die umliegenden Bergketten lassen uns immer wieder staunend verweilen. Jeder Meter des Weges scheint einen neuen Blick frei zugeben und schließlich liegt vor uns die Aussicht bis zum Meer. Einfach beeindruckend. Besonders, weil die Sonne uns wärmt und dennoch viele Wolken als Kontrast am Himmel stehen und die Landschaft teilweise in Schatten werfen. Alles wirkt auf einmal sehr mächtig und anmutig. Bedenkt man die Tatsache, dass unter uns die Tempelanlagen Delphis liegen und schon vor Jahrtausenden Menschen über diesen Pfad hinunter zum Nabel der Welt, dem Omphalos-Stein und dem Orakel gepilgert sind, wird plötzlich jeder Schritt eine kleine Zeitreise. Wir befinden uns inmitten der Geschichten des antiken Griechenlands, voller Prophezeiungen, Heldentaten und Schicksalserzählungen. Dank unseres Guides Eleni wird uns die Symbiose aus der Landschaft mit diesen Highlights bestens erklärt, während wir Kurve für Kurve den roten Dächern Delfis näher kommen. Je tiefer es ins Tal geht, desto mehr Wärme umschmeichelt uns. Im Gegensatz zum gestrigen höher gelegenen Gelände blühen hier bereits mehr Pflanzen. Süße und würzige Aromen strömen in die Nase und wir können zwischendurch erfrischenden wilden Spargel am Wegesrand pflücken und verspeisen – göttlich gut.

Tipp: Neben dem Wandervergnügen durch die tolle Natur darf das Kulinarische nicht zu kurz kommen. Bei viel Gemüse, lokalen Käsesorten wie Feta und Formaela – ein Hartkäse, der nur in Arachova produziert wird – , feine Gewürze und natürlich bestes Olivenöl sowie süße Leckereien wie eingemachte Feigen kommt der Geschmackssinn in der Region auf seine Kosten. Die Gerichte stärken Wandernde für die nächsten Kilometer und ein Gläschen Tsipouro mit Gastgeber:innen verspricht einen herzlichen Austausch. Am Wegesrand sind je nach Zeitpunkt wilder Spargel, wilder Rucola und zahlreiche Kräuter der mediterranen Küche zu finden. Sammeln sollte man aber auch in der griechischen Natur nur das, was mit Sicherheit als essbar bestimmt werden kann. 

Die roten Dächer der Stadt Delfi. Links davon im Bild liegt die archäologische Stätte und UNESCO Weltkulturerbe Delphi.
Tatsächlich wurde die Stadt nach den Grabungsfunden versetzt, um die Tempelanlagen freilegen zu können.

Wanderfinale mit geflügelten Python und siegendem Apollon

Mit den ersten Regentropfen treffen unsere Schuhe vom sandig steinigen Pfad auf den Asphalt der Stadt Delfi. Die Wolken haben uns eingeholt, aber der Regen hält nicht lange an. Nach einer Mittagspause gegenüber der St. Nicholas Kirche, mit einem erneut leckeren Einblick in die griechische Küche, nutzen wir die wenigen Minuten Fußweg an der Hauptstraße in Richtung der archäologischen Stätte und Museum. Unterwegs reicht der Blick in das Tal hinauf über die vielen Olivenbäume bis nach Arachova – unserem Basislager für diese Reise. Der Abschluss im Museum und der großflächigen Anlage gibt dem ganzen Wandertag einen perfekten Ausklang. Kultur und Natur kommen hier so dicht zusammen, dass der Blick immer wieder zwischen den Ruinen der Apollontempel, Sportstadion und Amphitheater sowie den Berghängen wechselt. Wir können an der Kante des Felsmassivs unseren Wanderweg erahnen und sehen eine große Ziegenherde in den Steilhänge klettern – scheinbar gegen jede Regel der Physik. Dieser Ort wurde als der Nabel der Welt, der Mittelpunkt, in der Antike auserkoren. Hier erschlug Apollon den drachenähnlichen Python, dessen Blut dem Ort hellseherische Fähigkeiten verlieh und fortan Delphi zu einem der wichtigsten Orakel des antiken Griechenland machte. Blickt man auf die Szenerie, die uns umgibt, kann ich nicht anders, als den Gött:innen zu gratulieren. Der Ort strahlt auch heute noch etwas ganz Besonderes aus. 

Blick auf die archäologische Stätte Delphi. Das Amphitheater im Vordergrund und das Tal mit Olivenbäumen und Bergketten dahinter.

Tipp: Damit es richtig gekleidet in die sonnigen Wanderregionen gehen kann, hat Jack Wolfskin die neue Light Hiking Kollektion entwickelt. Redakteurin Ricarda hat die Kleidung vor Ort in Griechenland direkt im Gelände ausprobieren können. Mehr dazu HIER.

Mehr Information zu den Wolftrails von Jack Wolfskin findet ihr auf www.jack-wolfskin.de/wolftrail/