Petra Doehl ist für das Wandermagazin als OutdoorWelten-Scout unterwegs und die Dolomiten sind eine ihrer Lieblingsregionen für Bergtouren mit dem Rad oder zu Fuß. Seit einer Covid-Erkrankung im April 2021 hat Petra allerdings noch immer mit Atemproblemen zu kämpfen. In diesem Beitrag schildert sie, warum diese Tour bis vor die Gipfel der Drei Zinnen spontan ein echtes Erfolgserlebnis geworden ist und zeigt, dass sich Mut und Entschlossenheit lohnen.

Ich bin aufgebrochen – der erste Schritt ist getan – zu einer kleinen Tour von Sexten aus in Richtung des Dorfes Moos und zur Talschlusshütte auf 1.548 Metern. Ich wollte diese Südtiroler Gegend erkunden, in die ich zum ersten Mal gekommen war. Man hatte mir gesagt, dass oben noch Schnee läge, viel Schnee. Zwei oder drei Meter hätte es letzte Woche noch gegeben. Also würde es nicht die geplante Tour zu den Drei Zinnen werden, sondern nur ein kleiner Spaziergang.

Die ersten sechs Kilometer über die Fischleinbodenhütte zur Talschlusshütte waren tatsächlich ein Spaziergang, mit langen Ebenen und den 200 Höhenmetern eine angenehme und erholsame Strecke ohne Mühe und auch als kleine Tour am Nachmittag geeignet. Mein Plan war es, von der Talschlusshütte noch ein paar Meter aufzusteigen, einen guten Ausblick zu genießen und spätestens an der Schneegrenze kehrtzumachen.

Aufstieg am Bach entlang
Weg zur Talschlusshütte 

Planänderung und eine ungeahnte Herausforderung

Je weiter ich vorankam, umso steiler stieg der Weg jetzt nach oben, der Blick auf die umliegenden Gipfel weckte meine Neugier und die erwarteten Schneemassen blieben aus. So änderte ich meinen ursprünglichen Plan und ging weiter hinauf. Es gab nur ab und zu ein kleines Schneefeld, das sich leicht queren ließ. Und auch meinen immer kleiner werdenden Wasservorrat konnte ich durch die Bergbächlein wieder auffüllen.

Dafür wurde ich mit einer ganz anderen Herausforderung konfrontiert: Mir blieb die Luft weg. Das war mir bis dahin beim Wandern noch nie passiert – zumindest nicht in dieser Intensität. Das Gefühl, im Tempo meiner eigenen Großmutter nach oben zu keuchen und immer wieder Pausen einlegen zu müssen, kannte ich nicht. Nun war der Blick zum nächsten Plateau frei, auf dem vielleicht schon die Dreizinnenhütte auf 2.450 Meter sein mochte. Würde ich den steilen Weg dort hinauf schaffen? Eigentlich ein ganz normaler Hochgebirgsanstieg, aber für mich heute eine unüberwindbare Wand? Ich hatte Ende April 2021 gemütlich in der Sonne auf meiner Terrasse eine symptomfreie Coviderkrankung hinter mich gebracht. Später war mir jedoch mein Leistungsabfall besonders beim Radeln schmerzlich bewusst geworden: Ich war am Stelvio gescheitert, einem Gebirgspass in den Ortler-Alpen, hatte es nur bis auf zwei Drittel geschafft, und hatte daraufhin in meinem Monte Grappa-Urlaub nur ein paar Hügel in Angriff genommen. Und nun hatte es mich auch noch beim Wandern erwischt …

Keine Ausrede mehr – die Neugierde siegt

Jetzt musste ich diesen schier unüberwindbaren Anstieg angehen, denn durch die weitgehende Schneefreiheit gab es für mich keine Ausrede oder Entschuldigung dafür umzudrehen. Ich hatte ein paar Mal mit dem Gedanken gespielt, aber die Neugier auf die Drei Zinnen von dieser Seite aus war zu groß. Ich kannte sie nur von der Südseite her, hatte sie vor zwei Jahren mit dem Rennrad erklommen. Ich wollte da hoch, koste es, was es wolle. Es hat ein bisschen mehr Geduld mit mir selbst und zweieinhalb Stunden gekostet, so wie es unten an der Hütte angeschrieben war. Und dann war ich oben. Mit atemberaubenden Blicken auf die kleinen Bergseen, die Zinnenhütte und schließlich auf die Zinnen selbst wurde ich belohnt. Ich hatte es geschafft: Gipfel, Sonne, Schnee… Noch nie war ein Weg so weit und so anstrengend wie dieser, noch nie das Gefühl, es geschafft zu haben, so gut. Noch nie hab ich so lange auf einem Gipfel zugebracht und das Gefühl genossen.






"Auch wenn es nur die Hütte am Fuße der Zinnen war und kein Gipfel, 
war es für mich einfach Gipfelglück."

Die gute Nachricht: Inzwischen bin ich auf einigen Gipfeln gewesen, auch über 3.000 m und ich weiß jetzt: Es gibt ein Bergleben nach Covid. Wenn es auch mühsamer ist als vorher, das Training ist wieder möglich.

Petras Wanderung zur Dreizinnenhütte mit GPX-Track findet ihr in unserem Tourenportal.