In der Reihe Fit für's Wandern" geht es darum, das Wandern mehr genießen, vielleicht auch höher oder weiter wandern zu können, und körperliche Einschränkungen zu minimieren. Sportwissenschaftler Marwin Isenberg zeigt einfache Übungen für zuhause oder direkt auf dem Wanderweg, mit denen du deinen Körper gezielt vorbereiten kannst.

 4 Übungen für starke Beine

Die Natur ruft, das nächste Abenteuer steht an, aber irgendwie fühlst du dich momentan schon nach dem Treppensteigen schlapp? Du erinnerst dich an Knieschmerzen, verspannte Schultern und Rückenmuskeln bei deiner letzten Wanderung? Die Ursache dafür liegt häufig in einer Überbelastung. Wenn deine Beine dich nicht wie gewünscht tragen können, brauchst du mehr Kraft in den Hüften, Oberschenkeln und Waden. Dafür zeige ich dir vier einfache Übungen, die du fast überall ausführen kannst und die deinen Beinen die Kraft zurückgeben.

Marwin Isenberg, Sportwissenschaftler und Personaltrainer, hat sich mit seinem Studio Gipfelgang auf Wanderfitness spezialisiert. In einem Interview mit dem Wandermagazin beantwortet er Fragen wie z.B. Warum muss man sich fürs Wandern fitmachen?" Oder Was sind die häufigsten Ursachen für Schmerzen beim Wandern?"


Übung 1: Aufsteigen

Steil bergauf gehen oder ein Hindernis überwinden, das kommt auf fast jeder Wanderung vor. Deshalb stellt die Übung „Aufsteigen“ eine absolute Basis-Übung dar. Stell deinen rechten Fuß auf eine Erhöhung z. B. einen Stuhl oder eine Bank am Wanderweg. Verlagere nun dein Gewicht auf das aufsteigende Bein und drücke dich mit möglichst wenig Schwung nach oben bis dein Bein komplett gestreckt ist. Anschließend gehst du langsam wieder in eine tiefe Kniebeugung herunter, ohne nach hinten zu fallen. Am Ende jeder Wiederholung stehen beide Beine nebeneinander auf dem Boden. Wieso? Wir wollen jedes Mal neu auftreten, um jedes Mal aus einer leicht veränderten Fußposition heraus zu arbeiten. Eine Herausforderung für die Balance ist es, wenn du nach oben das Schwungbein anhebst (siehe Video) und die Arme entgegengesetzt mitnimmst.

Wiederhole das Aufsteigen 8-15 Mal und wechsle anschließend das Bein. Für wen das zu leicht ist, wer also mehr schaffen würde, der-/diejenige kann sich einen mit Gewicht gefüllten Rucksack aufschnallen. 

Übung 2: Standwaage

Die Balance halten auf schmalen Pfaden? Mit dieser Übung trainierst du deine Beinachsen und deine koordinativen Fähigkeiten! Bonuseffekt: Die hintere Oberschenkelmuskulatur wird gekräftigt und macht deinen Gang effizienter. Diese Übung kannst du von Einheit zu Einheit abwechselnd barfuß und in deinen Wanderschuhen ausführen. Finde einen festen Stand und fixiere zunächst mit den Augen einen Punkt schräg vor dir auf dem Boden. Dann hebst du dein rechtes Bein an und führst es möglichst gestreckt nach hinten oben. Dein Oberkörper folgt dieser Beinbewegung. Er fällt also nicht nach vorne (!), sondern bewegt sich wie ein Gegengewicht zu deinem Bein, wie bei einer Standwaage. Dein Standbein ist nicht gestreckt, sondern verbleibt während der gesamten Übung in einer leichten Beugung. Halte deine Hüften möglichst parallel zum Boden.

Absolviere mindestens 6 Wiederholungen und wechsel dann das Bein. Steigere dich auf 10 Wiederholungen bevor du mittels eines Rucksacks die Belastung erhöhst.

Übung 3: Seitfallschritte

Diese Übung hilft dir mehr Kraft bei großen seitlich ausfallenden Schritten entwickeln zu können. Bei einem großen seitlichen Schritt werden die Innenseiten der Oberschenkel gedehnt und die Knie in ungewohnter Form beansprucht. Alles kein Problem, wenn wir unseren Körper vernünftig darauf vorbereiten.

Mach zunächst einen angenehm großen Schritt zur Seite. Eine leichte Dehnung auf der Oberschenkelinnenseite ist gut. Dann setzt du dich mit deinem Gesäß nach hinten „auf“ das rechte Bein, so als würdest du dich nach rechts auf einen Stuhl setzen. Du beugst dabei nicht nur das Knie, sondern auch die Hüfte. Das linke Bein ist im Idealfall leicht bis ganz gestreckt und unbelastet. Du merkst, dass der Schritt die richtige Weite hat, wenn du gerade so mit möglichst wenig Schwung wieder zur Mitte hochkommst.

Mache abwechselnd 6 Wiederholungen pro Seite. Wer es schwerer haben möchte, der/die macht bis zu 12 Wiederholungen oder nimmt zusätzlich seinen/ihren Rucksack auf den Rücken.

Übung 4: Einbeiniges Wadenheben

Kennst du das, wenn deine Beine langsam müde werden und die Füße nur noch irgendwie aufsetzen, ohne Kraft, dich auf dem Vorfuß zu halten geschweige denn hochzudrücken? Dann trainiere deine Waden!

Da wir beim Wandern selten mit beiden Beinen hüpfen wie ein Kaninchen, trainieren wir allgemein einbeinig. Deshalb meine Empfehlung: Starte auch diese Übung einbeinig. Wenn du dich nicht von unten hochdrücken kannst, dann fang so an, dass du dich mit beiden Füßen hochdrückst und dann auf einem Fuß sehr langsam runterlässt (hoch 3 Sekunden, runter 8 Sekunden).

Mache pro Bein abwechselnd 3 mal 10-15 Wiederholungen. Ein Trekkingstock kann dir zu Beginn helfen, die Balance zu halten.

Mein Tipp: Wichtig ist im Training ohne Schwung zu arbeiten. Du willst deine Muskeln ja isoliert kräftigen, den Schwung kannst du dir zur Unterstützung für die Tour aufsparen.
Führe alle Übungen mit Bedacht aus. Langsame und ruhige Bewegungen, bei denen du dich auf die Ausführung konzentrieren kannst, sind die effizientesten. Natürlich sind sie auch schwerer. Also: Kein Umkehrschwung und versuche die Zielmuskulatur zu treffen!

Du hast Fragen zur richtigen Ausführung oder benötigst einen individuellen Trainingsplan? Dann schreibe mir einfach an isenberg@gipfelgang.de.

Bleib gesund & in Bewegung,

Dein Wandercoach Marwin