Anja Buntz ist Mentalcoach und schreibt in unserer Serie „Wandercoaching mit Anja“ über mentale Strategien für mehr Leichtigkeit – beim Wandern und darüberhinaus. Sie zeigt, wie wir für uns selbst Lösungsansätze in der Natur finden können. 

Start: Ungeduld, etwas nicht wahr haben wollen
Ziel: Geduld und Akzeptanz

Die Situation 

Anja Buntz

Wenn Sie sich eine Wanderung aussuchen, achten Sie auf viele Faktoren: Sie denken darüber nach, in welche Gegend Sie gerne fahren wollen oder welchen Gipfel Sie erklimmen werden. Sie schauen, welcher Weg Ihnen gefällt, wie viel Waldabschnitt Sie auf der Route haben, wie viele Trampelpfade, wie sehr Sie „kraxeln“ müssen und ob es viele Höhenmeter zu bewältigen gilt. Außerdem möchten Sie wissen, wie viele Kilometer Sie insgesamt zurücklegen. Das sind wichtige Aspekte, denn sie dienen insbesondere Ihrer eigenen Sicherheit und Ihrem Wohlbefinden. Ach ja, nicht zu vergessen: Natürlich planen Sie eine Tour, auf deren Weg eine bewirtschaftete Hütte liegt, um sich die Rast zu versüßen. All diese Faktoren bestimmen Ihre Tour.

Unterwegs gibt es aber nicht nur eine einzige Route, sondern oft Abzweigungen und weitere Wege, die ans Ziel führen. Da kann die Verlockung groß sein, eine Abkürzung zu wählen: schneller ans Ziel, schneller fertig, schneller als alle anderen. Oder man will den Tag besonders genießen und extra lange wandern, z. B. über einen Umweg, eine Extraschleife. Gehen Sie diesen Versuchungen nach oder halten Sie sich immer an die geplante Route? Was genau bedeutet es für Sie, wenn Sie eine Abkürzung wählen oder einen Umweg gehen?

Die Methode

Lassen Sie sich doch bei der nächsten Wanderung ganz bewusst auf eine Alternative ein. Gehen Sie eine Abkürzung oder einen Umweg. Gehen Sie genau die Alternative, die Sie für gewöhnlich nicht gehen würden. Sprich, Sie tendieren zur Abkürzung, dann wählen Sie mit Absicht den Umweg und umgekehrt. Überwinden Sie sich dazu. Oberstes Gebot ist selbstverständlich Ihre eigene Sicherheit. Jede Abkürzung und jeder Umweg soll natürlich genau so sicher sein, wie die „geplante“ Wanderroute. Das heißt, sowohl Abkürzung als auch Umweg sollen ausgeschriebene Wanderwege sein.

Sind Sie dann auf der alternativen Strecke unterwegs, beobachten Sie sich selbst und fragen Sie sich:

Welche Gedanken treten auf?
♦ Welches Kopfkino habe ich durch den Umweg oder die Abkürzung?
♦ Ist es realistisch, was ich im Kopfkino sehe?
♦ Wie fühle ich mich dabei?
♦ Geht mein Atem plötzlich schneller vor Aufregung?
♦ Zu was tendiere ich und warum will ich schneller sein oder Zeit schinden? 
♦ Bin ich mit der Abkürzung tatsächlich schneller? 
♦ Bleibe ich gelassen, wenn ich ein paar Kilometer Umweg gehe?
♦ Welche Folgen haben Abkürzung und Umweg? 

Beobachten Sie, zu welcher Variante, Umwege oder Abkürzung, Sie tendieren. Nutzen Sie die Antworten, um Klarheit darüber zu gewinnen, wie Sie generell auf Ihrem (Lebens-)Weg unterwegs sind. Es wird Ihnen helfen zu erkennen, ob Ihnen Geduld und Akzeptanz leichtfallen oder ob Sie damit Schwierigkeiten haben.

Geduld und vor allem Akzeptanz sind Qualitäten, die Ihnen in jeder Lage weiterhelfen. Gerade beim Wandern kommen Sie immer wieder in Situationen, in denen es angebracht ist, einfach anzunehmen und zu akzeptieren, dass Sie den Gipfel heute nicht besteigen können, dass die Route durch einen Erd- oder Felssturz nicht weiter verfolgt werden kann, dass die Hütte geschlossen ist, dass das Wetter umschlägt und Sie umkehren müssen. So vieles kann Ihre Pläne durchkreuzen. Hier sind Geduld und Akzeptanz gefragt.

Lernen Sie sich bei Ihrer nächsten Wandertour besser kennen und beobachten Sie sich, wie Sie mit Abkürzungen und Umwegen zurecht kommen und was sie in Ihnen auslösen. Falls es für Sie zu brenzlig wird und Sie spüren, wie Gedanken und Gefühle Sie überwältigen, dann versuchen Sie es doch einmal mit folgendem Tipp.

Mein Tipp für mehr Akzeptanz

Wenn wir verunsichert oder aufgeregt sind, brauchen wir zuerst einmal Akzeptanz,
um gute Entscheidungen treffen zu können
Akzeptanz gewinnen Sie über die Frage:
Kann ich etwas an der Situation verändern?

Wenn ja, dann fragen Sie sich: 
Ist es mir die Sache wert, etwas zu tun?

Was kann ich konkret tun?

...und dann kommen Sie ins Tun!

Wenn nein, dann lenken Sie sich bewusst ab und fragen Sie sich:

Welche neuen Wege kann ich durch den Umweg oder die Abkürzung entdecken?
Welche schönen Entdeckungen kann ich machen?

Es ist doch so: Die Natur ist so überaus geduldig. Ihr ist es egal, welchen Weg wir einschlagen. Sie urteilt nicht darüber. Sie wartet dort, wo immer wir unterwegs sind. Keinen Stein, keinen Baum, kein Stück Holz werden wir verpassen. Weder auf der Wanderung noch in unserem Alltag.

Die Pusteblumen nehmen den Wind so wie er kommt.

Zurück im Alltag

Sie können diese Konfrontation mit Abkürzung und Umweg ebenso auf Ihren Alltag anwenden. Es geht darum herauszufinden, wie Sie in Ihrem Leben damit umgehen und was es mit Ihnen macht, wenn es mal länger dauert oder wenn Sie schneller sein wollen, um Zeit zu sparen. Rufen Sie sich ins Bewusstsein, wie viel Geduld Sie dann aufbringen und wieviel Akzeptanz Sie leben.

Fragen Sie sich auch mal im Alltag:

♦ Welche Umwege bin ich bisher gegangen?
♦ Wo war ich auf Abkürzungen unterwegs?
♦ Zu welcher Strategie neige ich mehr?
♦ Welche Erfahrungen habe ich damit gemacht?
♦ Kann ich entspannt Veränderungen hinnehmen und etwas geduldig abwarten?

Beobachten Sie sich während dieser Fragen und vielleicht entdecken Sie am Ende, dass Sie damit überhaupt keine Schwierigkeiten haben. Oder Ihnen wird bewusst, dass es in Ordnung ist, sich auch mal mehr Zeit für etwas zu nehmen.

Denn es ist in Ordnung, am Tag nur eine oder zwei Aufgaben zu erledigen, anstatt acht oder neun. Gehen Sie ganz bewusst den Umweg, um einen wundervollen Sommertag noch etwas länger zu genießen. Bleiben Sie noch eine Stunde länger auf der Parkbank sitzen. Legen Sie noch eine halbe Stunde mehr die Beine hoch.

"Wenn wir eine Situation annehmen, werden wir ruhiger."

Gehen Sie auch im Alltag bewusst auf herausfordernde Situationen ein, die Ihnen vermeintlich Zeit stehlen oder Ihnen den letzten Nerv rauben. Fragen Sie sich immer: Kann ich etwas verändern? Wenn ja, dann fragen Sie sich, ob es Ihnen die Sache wert ist und wenn ja, dann legen Sie los: Verändern Sie! Wenn die Antwort nein lautet, dann gehen Sie einen neuen Weg, einen Weg, der zu Ihnen und Ihren Vorlieben passt und der Sie glücklich macht.

Denken Sie daran, dass es Ihr ureigener Weg ist, den Sie gehen und dass ganz allein Sie darüber entscheiden, in welcher Form und in welcher Geschwindigkeit Sie diesen Weg gehen. Sie werden ans Ziel kommen – so oder so!

Ich wünsche Ihnen von Herzen viel Geduld und Akzeptanz, damit Sie Ihre Traumroute finden und auf die Weise gehen, die Sie erfüllt.
 

Die A-H-A Methode

Info: 
www.anjabuntz.de