Auf den letzten vier Etappen des Saar-Hunsrück-Steigs gehen wir auf Tuchfühlung mit der Natur und spüren die Leidenschaft der Hunsrücker:innen für ihre Heimat und ihre Wanderwege.

Auf Tuchfühlung gehen mit der Natur – so wie man beim Tanzen die Kleidung der Tanzpartnerin oder des Tanzpartners berührt. Als wir in der Ehrbachklamm, mit einer Hand am Fels, mit einer Schuhspitze im Wasser, um eine Felskante steigen und balancieren, lassen wir uns ein auf einen Tanz mit der Natur und ihren Elementen. Aber der Reihe nach. Wir starten unseren vierten und letzten Ausflug auf dem Saar-Hunsrück-Steig in der Altstadt von Kastellaun, wo die 20. Etappe endet und die 21. beginnt.

Teil 1: Saarland zum Schnuppern
Teil 2: Nationalpark Hunsrück-Hochwald
Teil 3: Hunsrück-Hochwald mit Geschmack

Das Deutsche Wanderinstitut bestätigt dem Saar-Hunsrück-Steig einen besonders hohen Naturwege-Anteil von bis zu 70 %. Das ist der Spitzenwert unter Premium-Fernwanderwegen in Europa. Natur spüren wird Wandernden hier leicht gemacht.

Neblige Höhen, rauschende Bäche

Die Burgruine von Kastellaun im Zentrum der Stadt ist gleich einer der Höhepunkte auf der 21. Etappe, auch wenn sie an diesem Morgen umhüllt ist vom Dunst der Regenwolken. Zuerst durch den rekonstruierten Wehrgang, dann auf nassen Steinstufen steigen wir hinauf in den Innenhof der Burg und werfen einen kurzen Blick in das Museum. Weiter über den Uhler Kopf und durch das Deimerbachtal führt der Steig nach Mannebach, wo sich mit dem Erlebnisfeld nach knapp sieben Kilometern ein idyllischer Pausenort befindet. Rund um einen Weiher verteilen sich Sinnesstationen zum Riechen, Sehen, Hören und Fühlen. Unweit des Ortes, allein auf weiter Flur steht der Mannebacher Zwillingsbaum, ein Spielort des Filmepos „HEIMAT“ von Edgar Reitz. Mit einer Hand am moosigen Stamm blicke ich in die leere Krone.

Das Museum im Innenhof der Burg Kastellaun © Merlin Kiesel
Fühl' mal, Moos! © Merlin Kiesel

„Es ist ein Tag zum Windräder verstecken!“, so sagen die Leute hier. Tatsächlich, oben auf den hügeligen Wiesen verschwinden die Rotorenblätter im Nebel. Der graue Dunst ist aus den tief eingeschnittenen Tälern des Hunsrück aufgestiegen. Gute Vorausetzung, denn der Saar-Hunsrück-Steig und die Traumschleife Baybachklamm führen uns jetzt hinab in die Schlucht, ganz nah am Wasser und dicht an farnbewachsenen Felswänden entlang. Es tropft von jedem Ast und jedem Moosfaden, der Boden ist vollgesogen mit Wasser und unsere Füße sinken ein in eine dicke Laubschicht.

Wir passieren die Heyweiler Bauernmühle, eine von vielen tief in der Klamm verborgenen Mühlen. Früher nahmen die Bauern aus den Dörfern beschwerliche Wege auf sich, um hier Getreide mahlen zu lassen. Heute liegt eine nostalgische Stimmung über diesem Ort. Die rot leutchtende Schmausemühle im Talgrund empfängt Wandernde am rauschenden Baybach und ist ein toller Endpunkt der Etappe.

Der Murscher Esel

Etappe 22 beginnt mitten in der Baybachklamm. Trittsicherheit sowie Koordination der Füße und Hände ist gefragt. Auf den schmalen Pfaden und steinernen Trittstufen befinden sich ein paar seilgesicherte Kletterpassagen. Das Kraxeln macht Spaß und wir kommen unweigerlich in Kontakt mit dem vom Wasser glattgeschliffenen Schiefer und den nassen daran klebenden Laubblättern. 

Kraxeln in der Baybachklamm © Merlin Kiesel
Schöne Aussicht beim Murscher Esel © Svenja Walter

Dort, wo sich das Tal wieder weitet, führt der Steig zusammen mit der Traumschleife Murscher Eselsche über eine steile Felsrippe namens „Eselsche“ aus der Klamm hinaus. Eine tolle Aussicht über das Baybachtal belohnt für die Anstrengungen. Dem Eselsche begegnen wir kurz vor dem Etappenziel Morshausen dann auch persönlich: Aus dem Wald heraus wird plötzlich der Blick frei und auf einer Anhöhe thront der Murscher Esel aus rostrotem Stahl. Der Blick reicht hier bis in die Eifel und das Moseltal. Wir nähern uns langsam den Ausläufern des Hunsrück.

Ein Gefühl von Behaglichkeit

Etappe 23 beginnt mit einer Ehrenrunde und malerischen Ausblicken auf die Festung der Ehrenburg, die gegen Eintritt besichtigt werden kann. Uns aber zieht es in die nächste Klamm. Vorher lernen wir noch ein dem Hunsrück eigenes Gefühl kennen, das unter dem Namen „Gehaichnis“ bekannt ist. Das Wort stammt aus dem Hunsrücker Platt und beschreibt ein Gefühl von Glück, Behaglichkeit und Heimat. Für uns wird das „Gehaichnis“ spätestens bei der Pause in der Eckmühle spürbar. Zehn Jahre lang war das Gasthaus im Ehrbachtal geschlossen. 2020 öffnete die Mühle wieder ihre Türen, was nicht nur ein Glücksfall für Wandernde ist, sondern auch für die Hunsrücker:innen der älteren Generation, die die Mühle als Lokal eng mit ihrer Heimat verbinden.

Tanz in der Ehrbachklamm

Die Spannung steigt, als wir in das immer schmaler werdende Ehrbachtal wandern, denn der folgende Abschnitt zählt zu den wohl schönsten des gesamten Saar-Hunsrück-Steigs. Über Holzbrücken und Kletterpassagen, vorbei an Wasserfällen und markanten Felsformationen bahnen wir uns staunend einen Weg durch die Klamm. Durch die nächtlichen Regenfälle ist das Wasser des Ehrbachs höher als sonst und wir müssen mit unseren Händen an den Fels gestützt einige Steine im Wasser umsteigen, uns dicht an den Fels schmiegen und festhalten. Dann blinzelt von oben die Sonne durch die Bäume und erleuchtet die Schlucht und tausende glitzernde Wassertropfen mit ihrem warmen Licht.

Abenteuerliche Wegführung in der
Ehrbachklamm © Svenja Walter
Pilzfamilie über dem rauschenden Baybach © Svenja Walter

Nach diesem Naturschauspiel geht es steil bergauf, bis wir uns auf einem exponierten Felsen wiederfinden. Unter uns liegt die waldige Schlucht und geradeaus blicken wir auf Schloss Schöneck. Der Leidenschaft und dem Schweiß einer Gruppe Ehrenamtlicher ist es zu verdanken, dass sich hier oben ein massiver Steintisch mit Bank befindet. Wir sind beeindruckt.

Die 24. und letzte Etappe des Saar-Hunsrück-Steigs führt schließlich bis an den Rhein nach Boppard, hinein in das UNESCO– Welterbe Oberes Mittelrheintal. Hinter uns liegt der Hunsrück, für uns nun verknüpft mit zahlreichen tollen Erlebnissen, die wir gerne weiterempfehlen.

Info: www.saar-hunsrueck-steig.de