Sie sind unsere alltäglichen Begleiter im Alltag und vor allem beim Wandern: Unsere Füße.
Die Experten und Fachautoren des Buches "Füße in Bestform", Dr. Mellany Galla und Arndt Fengler, gehen mit anatomischer Theorie und praktischen Übungen auf die Stärken und Schwächen unserer Füße ein. Wir haben mit den Experten gesprochen und ihnen 5 Fragen speziell zu Wanderfüßen gestellt.
Wandermagazin: Ihr neu erschienenes Buch „Füße in Bestform“ appelliert dafür, dass wir uns bewusst mehr Zeit nehmen sollten unsere Füße zu beobachten und zu trainieren. Warum ist das wichtig?
Galla & Fengler: Unsere Füße sind unser natürliches Fortbewegungsmittel. Sie tragen uns und manchmal sogar ein Vielfaches unseres Körpergewichts zuverlässig durch den Alltag. Und das soll ja schließlich auch ein Leben lang funktionieren. Deshalb sollten wir uns die Zeit nehmen, unseren Füßen mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Gesunde und trainierte Füße bilden ein wichtiges Fundament für unseren Körper.
Wandermagazin: Im Kapitel zur Biomechanik gehen Sie auf den Begriff „Idealkontakt“ ein, der für die späteren Übungen eine wichtige Rolle spielt. Was steckt hinter diesem Begriff?
Galla & Fengler: Mit dem Begriff „Idealkontakt“ ist die ideale und gesunde Position und Ausrichtung des Fußes beim Stehen und Gehen gemeint. Natürlich sind Füße ganz individuell in ihrer Form und es gibt nicht die eine „Fußnorm“. Aber bei der Druckverteilung gibt es Zonen, die beim gesunden Fuß belastet werden, und Zonen, auf denen eigentlich keine hohe Belastung sein sollte. Dies lässt sich am besten mit einer Fußdruckmessung prüfen. Manchmal kann man aber auch schon am Fußabdruck im Sand oder im Bad sehen, ob es grobe Auffälligkeiten gibt.
Wandermagazin: Was kann ich als Wanderin oder Wanderer tun, um auf sicheren und „glücklichen“ Füßen unterwegs zu sein?
Galla & Fengler: Zunächst einmal ist es natürlich wichtig, auf gute und passende Schuhe zu achten. Beim Wandern ist die Muskulatur des Fußes stärker durchblutet und der Fuß schwillt somit etwas an. Idealerweise sollte man Schuhe nachmittags oder abends kaufen, wenn der Fuß schon länger belastet wurde. Beim Kauf ist natürlich auch darauf zu achten, dass die Zehen vorne ausreichend Platz haben. Die Schuhe sollten vorher eingelaufen werden und nicht zum ersten Mal bei einer mehrstündigen Wanderung getragen werden. Darüber hinaus fällt eine Wanderung natürlich leichter mit einem gut trainierten und stabilen Fuß. Hierdurch sinkt das Risiko von Überlastungen und Verletzungen.
Wandermagazin: Welche Situationen beim Wandern sind für unsere Füße besonders anspruchsvoll?
Galla & Fengler: Wenn die Wanderung über „Stock und Stein“ führt, sind unsere Füße ganz besonders gefordert. Ein schöner Pfad durchs Unterholz oder ein schroffer Bergweg verlangen unseren Füßen viel ab. Da müssen bei jedem Schritt Unebenheiten ausgeglichen werden. Für diese Aufgabe bedient sich der Körper eines ausgeklügelten Systems, in dem die vielen Nerven der Füße permanent kontrollieren, ob ein Fehltritt droht. In diesem Fall werden blitzschnell Muskeln aktiviert, um den Fuß zu stabilisieren und so Verletzungen an Gelenken oder Bändern zu vermeiden. Dieses Zusammenspiel von feinfühligen Sensoren (Propriozeptoren) und der Muskulatur wird als Propriozeption oder Tiefensensibilität bezeichnet. Mit zunehmender Dauer einer Wanderung ermüden die Muskeln und können diese Aufgabe nicht mehr hundertprozentig erfüllen. Dann steigt die Verletzungsgefahr an. Der Untergrund und die Länge einer Wanderung sollten also passend zu dem eigenen Trainingszustand gewählt werden. Wenn der Weg über besonders anspruchsvolles Gelände führt oder im Winter auf vereisten Strecken gegangen wird, ist es durchaus sinnvoll Stöcke oder Spikes einzusetzen, um für zusätzliche Sicherheit zu sorgen.
Wandermagazin: Hierzu gleich eine Folgefrage: Umgeknickt sind wir alle schon mal. Gibt es Übungen aus Ihrem Buch, die Sie besonders empfehlen können, um den Fuß auf einen solchen „Fehltritt“ vorzubereiten?
Galla & Fengler: Sogenanntes Propriozeptives Training ist besonders gut geeignet, um sich die schmerzhafte Erfahrung eines Fehltrittes zu ersparen. Dieses Training wendet sich an die oben beschriebene Tiefensensibilität.
Eine wunderbare Übungsmöglichkeit ist der Einbeinstand. Testen Sie doch mal, wie lange Sie sicher auf einem Bein stehen können. Die Übung sollten Sie barfuß oder in rutschfesten Socken durchführen. Bestimmt können Sie sehr gut spüren wie Muskeln Ihres Standfußes permanent arbeiten, um Sie im Gleichgewicht zu halten. Wenn Sie sicherer werden, können Sie die Augen schließen oder sich auf einen wackligen Untergrund stellen. Das kann eine zusammengerollte Trainingsmatte oder ein Balancepad sein. Sie können auch beide Füße ganz dicht hintereinander stellen, als balancierten Sie auf einem Seil. Auch hier können Sie die Augen schließen oder Sie werfen einen Ball mit einer Hand in die Höhe und fangen Ihn mit der anderen Hand. Durch regelmäßiges Training verbessert sich Ihre Tiefensensibilität und schon bald gehören Fehltritte, auch auf anspruchsvollen Wegen, der Vergangenheit an.
Wandermagazin: Was tut unseren Füßen besonders gut nach einem langen Fußmarsch?
Galla & Fengler: Auf einem langen Marsch verspannen sich die Muskeln und die Füße schwellen etwas an. Ziehen Sie die Schuhe aus, legen Sie die Beine hoch und machen Sie sanfte Bewegungen mit den Füßen. Das können kleine Kreis- oder Pumpbewegungen sein. Lassen Sie die Zehen ihre wiedergewonnene Freiheit genießen und bewegen Sie sie in alle möglichen Richtungen. Mit einer kleinen Faszienrolle lässt sich die Fußsohle richtig schön entspannen. Auch die Wadendehnung hilft bei der Regeneration. Wenn Sie sich dann eine erfrischende Dusche gegönnt haben, können Sie Ihre Füße beim Eincremen noch mit einer kleinen Massage verwöhnen. Nach so einem Verwöhnprogramm sollten Ihre Füße schnell wieder fit sein und Sie können die nächste Wanderung umso mehr genießen.
Dr. med. Mellany Galla ist Spezialistin für Fuß- und Sprunggelenkchirugie mit einer Paxis in Hannover. Außerdem ist sie Dozentin und Past-Präsidentin der Gesellschaft für Fuß- und Sprunggelenkchirugie (GFFC e.V.).
Arndt Fengler ist Osteopath, Physiotherapeut sowie Lehrer für Kinesiologisches Taping und Faszientherapie. Er arbeitet in eigener Praxis in Hannover.