Gründer von GCC ist der Südafrikaner Matt Lindenberg. Sein Ziel ist, Bürger weltweit über globale Medien-Plattformen und internationale Artenschutzprojekte aufzuklären, zu informieren und ihnen die Bedeutung des Erhalts der natürlichen Umwelt bewusst zu machen. Seit 2015 setzt sich GCC für die Entwicklung einer konkreten, standhaften Strategie in Südafrika ein, die Veränderung hervorbringt. Dazu gehören das Future Ranger Program und die Mission "Save the Rhino".
Der italienische Outdoor-Schuhhersteller Garmont ist seit diesem Jahr Sponsor der GCC und seinem Future Ranger Program in Südafrika. Pierangelo Bressan, CEO von Garmont, betont die Notwendigkeit der Unterstützung von Projekten wie dem der GCC, denn ohne Natur und Wildnis hat auch die Wirtschaft schon verloren: „Wir möchten dazu beitragen, den jungen Generationen die Natur näher zu bringen und die Ranger von morgen auszubilden. Unternehmen müssen sich involvieren und sich bewusst werden, dass das Leben mehr als Business ist: Wir müssen die Menschen unterstützen, wieder eine Verbindung zur Natur zu finden.“
Wir trafen Matt Lindenberg auf der Pressekonferenz von Garmont auf der OutDoor in München und führten anschließend ein schriftliches Interview mit ihm.
Wandermagazin: Warum und wie unterstützt die italienische Firma Garmont Ihr Projekt? Was erhoffen Sie sich von einer solchen Kooperation?
Matt Lindenberg: Garmont ist vor kurzem bei GCC als Firmensponsor eingestiegen, um sich hinter unsere Mission in Südafrika zu stellen. Garmont hat z. B. alle Ranger, die im Timbavati Private Game Reserve arbeiten, mit soliden Militär-Stiefeln ausgestattet. Ein Ranger läuft viele Kilometer am Tag und eine solche Spende wird hochgeschätzt und dringend gebraucht. Ohne den Einsatz der Ranger hätten wir schon längst nichts mehr, was beschützt werden müsste.
Zusätzlich unterstützt Garmont die GCC, indem sie zwei Future Ranger Schulungsleiter finanzieren, die an Schulen zum Thema Naturschutz rund 1.000 Kinder jede Woche unterrichten.
Gemeinsam haben GCC und Garmont also bereits das Leben und die Arbeit der Ranger verbessert, was wiederum die Wildtiere schützt und über 1.000 Kinder in Südafrika erreicht. Auf lange Sicht setzt eine Partnerschaft wie die mit Garmont ein Vorbild im privaten wie auch sozialen Sektor weltweit: Zusammen können wir die Tier- und Pflanzenwelt auch für die nächsten Generationen bewahren und stärken. Garmont zeigt der Welt, dass sich auch eine weit entfernte, in Italien sitzende Firma in der Verantwortung sieht, die Artenvielfalt Südafrikas zu schützen.
Wandermagazin: Woher kommt Ihr starkes Interesse, Wildtiere zu schützen?
Matt Lindenberg: Als Kind wuchs ich neben dem berühmten Kruger-Nationalpark in Südafrika auf. An den Wochenenden und auf Schulausflügen besuchte ich den Park sehr oft und war immer wieder überwältigt von einem der größten Schutzgebiete in Afrika. Besonders wenn ich mit meinen Eltern dort unterwegs war. Sie hielten bei jeder einzelnen Wildtiersichtung für mich an und nahmen sich Zeit. Ich sah die Impala – die Schwarzfersenantilope – grasen und die Geparden auf der Jagd. An meinem neunten Geburtstag überraschten meine Eltern mich mit einer Übernachtung im Park. In dieser Nacht schlief ich mit den Lauten der Löwen und Hyänen im Ohr ein.
Am Wochenende danach besuchten wir Freunde auf einem privaten Schutzgebiet. Hier traf ich auf zwei Ranger, die mich an die Hand nahmen und einmal um die Lodge führten. Wir fanden frische Löwenspuren, konnten Nilpferde in einem nahegelegen Gewässer beobachten und kreuzten den Weg einer Mozambik-Speikobra. Das, was mich aber am meisten prägte und beeindruckte, waren die Ranger. Ihr Wissen, die Ruhe, die sie ausstrahlten, und das Engagement für die afrikanische Wildnis löste damals etwas in mir aus und ließ mich nie wieder los.
Wandermagazin: GCC will mit Hilfe der Bevölkerung Wildtiere, u. a. die Nashörner, retten. Wie funktioniert dieser Ansatz und was glauben Sie, ist am Nötigsten, um die Wildnis Südafrikas, aber auch der restlichen Welt zu bewahren?
Matt Lindenberg: Die Nashörner sind nur die Spitze des Eisberges. Ihre zunehmende Notlage ist ein Warnsignal für die Zukunft, in die wir uns bewegen: das Versagen der Menschheit, die Erde mit allen Arten zu teilen. Der illegale Wildtierhandel ist Teil dieser Entwicklung. Die hohe Nachfrage, besonders auf dem fernöstlichen Markt, nutzt die vielen Millionen verarmter Menschen aus, die neben den Nationalparks leben. Sie dringen illegal in die Parks ein und töten die Tiere für ihr finanzielles Überleben.
Viele Maßnahmen gegen die Wilderei in Südafrika werden bereits unternommen. Doch dabei wird ein Aspekt übersehen und das sind die Menschen, die an den Grenzen zu diesen Parks leben. Die internationale Gesellschaft hat Millionen von Dollar in die Ausrüstung der Ranger, Hubschrauber, in neue Technologien und richtigerweise in die Aufklärung der Öffentlichkeit gesteckt. Aber wo sind die Investitionen in die Menschen und ihre Gemeinden, wo die Wilderei ihren Ursprung findet?
Zu dieser Frage führte ich vor ein paar Jahren eine intensive Unterhaltung mit einem Stammesführer. Er fasste die Problematik perfekt zusammen, als er mir sagte: „Die Nashörner haben alles. Sie haben Soldaten, Hubschrauber und Hunde zu ihrem Schutz. Sie bekommen Wasser und Nahrung, wenn eine Dürre ist. Die Wilderei ist als Thema in die ganze Welt getragen worden und um die Tiere zu sehen, kommen Menschen aus aller Welt und zahlen tausende Dollar dafür. Ich selbst kann mich nicht erinnern, wann ich oder meine Familie zuletzt ein Nashorn gesehen haben. Was ist mit uns Menschen, die außerhalb der Reservate leben? Wir sehen die Massen an Besuchern an unseren Dörfern vorbei rennen, ohne unsere Seite der Geschichte zu hören. Wir haben kein fließendes Wasser. Unser Schulsystem ist schlecht. Es fehlt an Arbeitsmöglichkeiten. Wir leben in Armut. Warum also sollten wir an die armen Nashörner denken oder wieso sie gewildert werden? Unsere Optionen sind begrenzt. Was würdest du tun, wenn deine Kinder hungrig sind, um an extra Geld zu kommen?“
Diese Unterhaltung öffnete mir die Augen. Es gibt sehr viele und unglaublich gute Organisationen, die sich in erster Linie spezifisch auf die Wildtiere konzentrieren. GCC geht einen etwas anderen Weg und investiert zu allererst ins lokale Bildungssystem, also in die Menschen vor Ort. Dabei liegt unser Hauptfokus auf dem Future Ranger Program, welches die jungen Leute (und ihre Gemeinden) mit ihrem Erbe, der Wildnis, wieder vertraut macht. Die Mehrheit der südafrikanischen Jugend hat noch nie wilde Tiere gesehen, da ein Besuch im Nationalpark teuer und organisatorisch aufwendig ist. Außerhalb der eingezäunten Areale finden sich keine großen Wildtiere mehr in Südafrika. Wenn man eine besondere Tierart, wie z. B. Löwen, sehen will, muss man zahlen.
Das Future Rangers Program stellt einen qualifizierten, lokalen Vermittler ein, der als Ausbilder zum Thema Umwelt agiert. Wir teilen dann die jeweiligen Personen einer Schule zu, wo sie die Schüler täglich zum Thema Fauna und Flora sowie Naturschutz und Co. unterrichten. Jede Schule hat zwischen 400 und 500 Schüler, die alle einen wöchentlichen Lehrplan erhalten. Das Alter der Schüler reicht von fünf bis 18 Jahre. Damit werden ihre Interessen und ihre Leidenschaft schon früh gefördert. Die besten Schüler werden für ihr hartes Lernen belohnt. Sie dürfen auf Safari gehen, besuchen die Wildtier-Auffangstationen, erleben die Wildnis mit Rangern zusammen und nehmen an Leadership-Camps teil.
Die High-School-Absolventen mit den besten Noten erhalten zudem Stipendien, um ihre Karrieren in den verschiedensten Bereichen zu starten. Schließlich können sie selbst zu Ausbildern im Future Rangers Program werden und damit den Kreislauf des Projekts schließen.
Insgesamt sind wir also fähig, lokale Jobs anzubieten, während wir die nächste Generation der südafrikanischen Führungskräfte und Entscheider ausbilden.
Wandermagazin: Wann genau realisierten Sie, dass Sie etwas tun müssen? Wann fand GCC ihren Ursprung?
Matt Lindenberg: Ich arbeitete sechs Jahre lang am Southern African Wildlife College. Dieses College bildet und rüstet Naturschützer, Ranger und Manager aus der ganzen Welt mit Hilfsmitteln und Wissen aus, um Flora und Fauna zu schützen. Während meiner Zeit vor Ort hatte ich einen legendären Mann namens Martin Mthembu als Mentor. Er beeinflusste mich und mein Leben sowie die Geburtsstunde der GCC besonders stark.
Martin erlebte die Zeit der Apartheid in Südafrika. Er wuchs in einer ländlichen Region auf, hatte keine Rechte, keine Zukunft und keine Chancen. Schließlich ging er zum Militär – eine der wenigen Dinge, die er nach dem Gesetz her tun durfte. Er trat dem 111th Battalion bei und kämpfte für ein Land, dass ihn noch nicht mal als richtigen Bürger ansah.
Als er das Militär verließ, nutzte er seine Fähigkeiten und fing an, Ranger auszubilden. Er sah, dass die Zukunft der afrikanischen Wildnis von den Menschen vor Ort abhängt. Es muss einen direkten Gewinn geben für die Menschen, die neben den Parks und Reservaten leben. Martin brachte mir bei, wie wichtig es ist, die Gemeinden, besonders die Jugend, für den Naturschutz zu gewinnen. Er rettete mir nicht nur drei Mal das Leben – zweimal vor Löwen und einmal vor einer Schwarzen Mamba – sondern änderte auch meine eigene Wahrnehmung zum Naturschutz.
Wenn wir die Natur bewahren wollen, werden wir nicht ohne die Mithilfe und Überzeugung der Menschen, die vor Ort leben, vorwärts kommen. Traurigerweise starb Martin 2014. Das war der Anstoß zur Global Conservation Corps. Unsere Zielsetzung gilt dem Schutz der Wildtiere, indem wir die Menschen anregen, unterstützen und ausbilden. Wilderei ist keine Frage der Wildnis, sondern des Menschen. Es ist ein Symptom einer weitaus größeren menschlichen Problematik, in der wir uns befinden.
Wandermagazin: Was ist das Ziel des Projekts? Wie soll es weitergehen?
Matt Lindenberg: Auf kurze Sicht soll das Future Ranger Program zu einem perfekten Modell in Südafrika werden. Wir holen weitere Naturschutzgebiete, Reservate, Nonprofit-Organisationen sowie Investoren mit ins Boot, um so viele Schulen, Gemeinden und Interessierte wie möglich mit unserem Programm zu erreichen.
Wenn das einmal geschehen ist, geht es darum, das Projekt in Afrika und schließlich weltweit zu expandieren. Es gibt tausende Orte und Regionen in der Welt (sowohl in den Industrie- als auch Entwicklungsländern), wo Wildtiere akut gefährdet sind und Menschen, ähnlich wie in Südafrika, neben den Arealen leben, ohne sich mit diesen zu identifizieren.
Die globale Vision, die wir haben, verbindet die jungen Menschen mit der Wildnis, sodass wieder ein Verständnis für Naturschutz etabliert wird und gleichzeitig auch neue ökonomische Möglichkeiten für Mensch und Tier im Einklang geschaffen werden können.
Wandermagazin: Eine traurige Wahrheit: Viel zu viele Pflanzen und Tiere weltweit sind vom Aussterben bedroht oder schon für die nächste Generation komplett verloren. Warum fokussieren Sie sich auf die Nashörner, wenn es um gefährdete Wildtiere geht?
Matt Lindenberg: Die UN berichtet, dass mehr als über 1 Millionen Arten vom Aussterben bedroht sind und zwar alleine durch den Menschen. Das Nashorn haben wir für unser Kampagne als representative Tierart aus mehreren Gründen gewählt: Erstens, Nashörner brauchen sehr deutlich unsere Hilfe. Im Durchschnitt verlieren wir alle acht Stunden ein Tier wegen Wilderei. Das heißt, dass es in weniger als zehn Jahren kein Nashorn mehr in freier Wildbahn geben wird. Nashörner vermehren sich nur langsam, ihre Tragezeit liegt zwischen 15 und 16 Monaten. Die Tiere können sich dementsprechend bei starker Wilderei nicht schnell genug wieder zahlenmäßig erholen.
Dazu eine kurze Information: Ein einzelnes Horn der Nashörner ist geschätzt über 100.000 US-Dollar pro Kilogramm auf dem Schwarzmarkt wert. Durchschnittlich wiegt ein Horn um die 5 kg, was heißt, dass ein Horn fast eine halbe Millionen US-Dollar einbringen kann. Damit ist es wertvoller als Kokain, Gold und andere Mineralien. Eine der wenigen Dinge, die teurer auf dem Schwarzmarkt gehandelt werden, ist waffenfähiges Plutonium. Dazu kommt, dass ein totes Nashorn, also für sein Horn gewildert, 15 bis 20 Mal mehr wert ist, als wenn man ein lebendes Tier kaufen würde. Unter diesen Bedingungen ist das Nashorn eine riesige Zielscheibe für kriminelle Organisationen, die zuvor mit weniger lukrativen illegalen Aktivitäten, wie Menschen-, Waffen- und Drogenhandel zu tun hatten.
Neben dem offensichtlich wirtschaftlichen Wert, vor allem in Hinblick auf den Tourismus und die Arbeitsplätze für Einheimische, sind Nashörner unglaublich wichtig für das Ökosystem. Unter anderem verteilen sie Nährstoffe, halten Wildtierpfade offen und bieten Mikroklimata für andere Arten. Leider leben wir nicht mehr in einer Welt, in der Wildtiere allein wegen ihrer Schönheit und Ästhetik existieren können – es muss sich auch finanziell lohnen: „if it pays, it stays“ ist die heutige Devise.
Hinzukommt, dass das Nashorn zu den „Big 5“ Afrikas gehört und somit als ein Botschafter für andere Arten dient, die weniger groß und charismatisch sind, aber auch beachtet werden müssen. Es ist einfacher, ein großes Tier zu vermenschlichen, wie es schon viele Bücher und Filme getan haben. Dagegen ist es sehr viel schwieriger die Öffentlichkeit, emotional für Spenden und Unterstützung für Schlangen oder Geier zu gewinnen. Martin Mthembu sagte mir dazu einmal: „Wenn du erfolgreich deine anfälligste und bedrohteste Art schützen kannst, dann wird alles andere auch davon profitieren.“