In der Reihe „Fit für's Wandern" geht es darum, das Wandern mehr genießen, vielleicht auch höher, schneller oder weiter wandern zu können, und körperliche Einschränkungen zu minimieren. Sportwissenschaftler Marwin Isenberg zeigt einfache Übungen für zuhause oder direkt auf dem Wanderweg, mit denen du deinen Körper gezielt vorbereiten oder wie in diesem Beitrag regenerieren kannst.

Nach einem langen Wandertag fühlt man sich abends wohlig erschöpft. Du liegst im Hüttenbett, lässt die wundervollen Eindrücke der Wanderung revue passieren und spürst die Anstrengungen des Tages. Und das ist gut so! Um den nächsten Tag wieder genießen und die nächste Etappe bewältigen zu können, solltest du dir zur Erholung im Bett fünf Minuten Zeit nehmen, um deinen Gelenken etwas Gutes zu tun und die Regeneration nach der Wanderung zu fördern. Das hat zusätzlich den Vorteil, mögliche Verspannungen oder Blessuren zu lokalisieren, bevor sie am nächsten Tag Probleme bereiten. Durch gezielte Anspannung und Entspannung lassen sich so viele kleine Verspannungen präventiv lösen und der Wanderurlaub intensiver genießen. Die Regenartionsübungen lohnen sich natürlich auch dann, wenn du nur eine Tagestour gemacht hast.

5 Übungen zur Regeneration

In diesem Beitrag habe ich dir eine kleine Regenerationseinheit bestehend aus fünf verschiedenen Übungen zusammengestellt, die du praktischerweise diskret und platzsparend im Bett absolvieren kannst, in Seit-, Rücken- und Bauchlage. Ich empfehle dir, die Übungsabfolge bereits zwei Wochen vor dem Beginn deines Wanderurlaubs in deine Abendroutine zu integrieren. Dadurch können auftretende Fragen im Vorfeld geklärt und Übungsabläufe gefestigt werden. Teile dein Wissen gern mit anderen Hüttenbewohnern oder Mitwandernden, besonders wenn diese über Leisten und Knieprobleme klagen. Sicherlich kann jeder davon nur profitieren, die Verletzungsgefahr bei inkorrekter Ausführung ist außerdem sehr, sehr gering.

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Das Wiederholungsmuster deiner kleinen Regenerationseinheit kannst du dir wie folgt merken: 
5 Übungen x 4 Wiederholungen x 3 Runden

© Lea Jörres Fotografie

Marwin Isenberg, Sportwissenschaftler und Personaltrainer, hat sich mit seinem Studio Gipfelgang auf Wanderfitness spezialisiert. In einem Interview mit dem Wandermagazin beantwortet er Fragen wie z.B. „Warum muss man sich fürs Wandern fitmachen?" Oder „Was sind die häufigsten Ursachen für Schmerzen beim Wandern?"

 

Übung 1: Sprunggelenk

Je steiler der Berg, desto größer sollte die Beweglichkeit deines Sprunggelenks sein!

Übung 1: In Rückenlage winkeln wir ein Bein an, strecken den Fuß weg und ziehen ihn wieder heran. © Tobias Ernst

Wir starten in Rückenlage mit einer Wohltat für das Sprunggelenk. Du winkelst das Bein an, ziehst deinen Fuß aktiv so weit wie möglich heran und hälst diese Spannung kurz. Anschließend streckst du den Fuß mit aller Kraft ganz aus. Die Bewegung sollte nur im schmerzfreien, aber auch im dabei größtmöglichen Bewegungsradius durchgeführt werden. Wiederhole das Anziehen und Wegstrecken des Fußes jetzt vier Mal pro Seite.

Übung 2: Knie

Deine Knie wollen sich verdrehen können, es muss nur vorbereitet sein!

Übung 2: Während du das Bein ausstreckst, drehst du den Unterschenkel nach innen. © Tobias Ernst

Für die nächste Übung kannst du auf dem Rücken liegen bleiben und deinen Knien etwas Gutes tun. Umfasse einen deiner Oberschenkel und zieh ihn Richtung Brust an. Ungefähr einen 90°-Winkel solltest du in der Hüfte haben. Nun drehst du deinen Unterschenkel abwechselnd nach außen und nach innen. Der Oberschenkel soll sich nicht mitbewegen! Stell dir zur Verdeutlichung vor, du würdest mit deiner Hacke eine 2-Euro-Münze auf der Stelle drehen wollen.

In Kombination streckst und beugst du dein Kniegelenk (siehe Video). Du brauchst das Knie jedoch nicht komplett durchzustrecken. Idealerweise merkst du bei dieser Bewegung sowohl eine Anspannung im vorderen Oberschenkel sowie eine zeitweise Dehnung im hinteren Oberschenkel. Die Drehung im Kniegelenk durchsaftet Knorpel und Bindegewebe im Knie und löst durch Anspannung und Entspannung etwaige Verspannungen.

Übung 3: Wirbelsäule

Lass deinen Rücken nicht allein die ganze Arbeit machen!

Übung 3: Mit angespannten Pomuskeln heben wir den Rücken Wirbel für Wirbel an und legen ihn wieder ab. © Tobias Ernst

Eine weitere Übung in Rückenlage ist eine Wohltat für Rücken, Hüften und hinteren Oberschenkeln. Wichtig vorab: Beachte die exakte Ausführung des Hüfthebens mit der Anleitung „Wirbel für Wirbel“ abheben! Denke um! Die allermeisten Menschen haben nach einem langen Büroalltag oder einer langen Wanderungen eine sehr hohe Spannung in den unteren Rückenmuskeln. Befrei dich aus deinen eingefahrenen Bewegungsmustern und entspanne aktiv den unteren Rücken.

In Rückenlage versuchst du bei dieser Übung mit deinen Rückenwirbel einzeln vom Boden abzuheben und wieder aufzulegen. Du schiebst deine Hüfte bei angespanntem Po nach oben. Das angespannte Gesäß soll deinen Rücken dabei entlasten! Dabei hältst du deinen Brustkorb so lang wie möglich unten auf der Matratze. Beim Ablegen machst du ebenfalls einen runden Rücken und drückst gefühlt einen Rückenwirbel nach dem anderen wieder in die Matratze. Mache hier vier intensive, langsame Wiederholungen.

Übung 4: Hüften

Unvorhersehbare Schrittlängen und stetiges bergauf bergab fordern deine Hüftbeweglichkeit den ganzen Tag!

Übung 4: Wir nutzen den gesamten Bewegungsradius der Hüfte für mehr Mobilität. © Tobias Ernst

Für die vorletzte Übung legst du dich auf die Seite, fast so als woltlest du gleich einschlafen. Die Hüften wollen ihre Verspannungen loswerden und deshalb bewegen wir sie durch ihren größtmöglichen, schmerzfreien Bewegungsradius im Hüftgelenk.

Du liegst auf der Seite, die Beine sind leicht angewinkelt. Ziehe Fuß und Knie des oberen Beines nun Richtung Brust hoch. Idealerweise so, dass du die Fußinnenkante versuchst möglichst weit zu dir zu ziehen. Anschließend bewegst du Oberschenkel, Knie und Fuß in dieser angewinkelten Position wie in einer Einheit seitlich hoch, so hoch, wie du ohne Schmerzen kannst. Dann ziehst du die Hacke und das gesamte Bein nach hinten weg und anschließend senkst du dein Bein ab. Du machst sozusagen eine Kreisbewegung mit deiner Hüfte (siehe Video). Dabei versuchst du den Po anzuspannen! Der Rücken soll entspannt bleiben und nicht mit anspannen. Wiederhole diese Bewegung vier Mal pro Seite.

Übung 5: Bauchatmung

Schalte in den Ruhemodus und aktiviere mit der Zwerchfellatmung deinen Parasympathikus!

Übung 5: Entspannen mit der Zwerchfellatmung © Tobias Ernst

Der Parasympathikus ist der Teil des vegetativen Nervensystems, der die für Aufbau und Regeneration des Gewebes notwendigen Körperfunktionen steuert. Für diese abschließende Übung legst du dich auf den Bauch und entspannst deinen unteren Rücken und deine Schultern. Atme durch die Nase tief in den gesamten Rumpfbereich ein, in den unteren Rücken, in die Flanken und in den Bauch. Atme vier Sekunden tief ein und lasse anschließend über sechs Sekunden die Luft wieder langsam heraus. Lass alle Spannung vom Tag abfallen und zähle vier tiefe Bauchatemzüge.

So, deine Mini-Regenerationseinheit ist geschafft!

Was sich nun anfügt, ist nicht mehr Teil dieser Einheit, aber dennoch enorm wichtig: Freu dich auf den nächsten Tag und träum von den Weiten die du durchschreiten wirst. Du hast deinem Körper nun alle Möglichkeiten gegeben, sich nach einer anstrengenden Wanderung gut zu regenerieren.

Ergänzende Tipps:

1. Achte auf deine Nährstoffversorgung tagsüber. Besonders Mikronährstoffe wie Magnesium und Zink werden dir bei der Regeneration helfen.

2. Sollten unterwegs bereits Schmerzen auftreten, versuche diese Mini-Einheit zur Lockerung einzubauen. Am besten in Kombination mit einer entspannenden Pause, die jedoch nicht zu lang sein sollte, maximal10 Minuten.

3. Diese Einheit funktioniert am besten, wenn der Wanderung eine individuelle, körperliche Vorbereitung vorangegangen ist.

Du hast Fragen zur richtigen Ausführung oder benötigst einen individuellen Trainingsplan? Dann schreibe mir einfach an isenberg@gipfelgang.de.

Bleib gesund & in Bewegung,

Dein Wandercoach Marwin