In unserem Printmagazin schreibt Rechtsanwalt Dr. Olaf Dilling über Wanderthemen mit juristischer Relevanz. Dieses Mal geht es um das Thema Wandern am Wasser.

Dr. Olaf Dilling © privat

 

Dr. Olaf Dilling ist Rechtsanwalt in einer auf öffentliches Recht spezialisierten Kanzlei in Berlin. Er ist seit 15 Jahren im Umwelt- und Naturschutzrecht tätig. In seiner Freizeit wandert er am liebsten in den Mittelgebirgen und den Voralpen.

Kaum etwas ist wohl entspannender und beruhigender für die gestresste Alltagsseele als ein Aufenthalt an der See. Und wenn das Meer für die Erholungssuchenden zu weit ist, tut es auch ein Binnensee oder ein Fluss. Da trifft sich gut, dass in Deutschland die Nutzung von Gewässern zum sogenannten Gemeingebrauch erlaubt ist. Verstanden wird darunter nach den Landeswassergesetzen unter anderem das Baden, das Tauchen oder das Fahren mit nichtmotorisierten Booten. Zum Teil, etwa in Nordrhein-Westfalen oder Bayern, verpflichten die Gesetze auch die Gemeinden als Eigentümer von Seegrundstücken, der Öffentlichkeit den Zugang zum Ufer zu ermöglichen.

Nur was ist, wenn die Zugänge zu Seen und Flüssen durch Privateigentum blockiert sind? Oft sehen die Naturschutzgesetze hier Vorkaufsrechte der öffentlichen Hand vor. Wenn die Eigentümer nicht verkaufen wollen, wäre im Prinzip auch die Enteignung möglich, etwa um einen Uferweg zu schaffen oder durchgängig zu machen. Tatsächlich kommt das aber so gut wie nie vor, da die rechtlichen und politischen Hürden zu hoch sind.

Wenn Sie zum Beispiel am Bodensee bei Kressbronn Richtung Bayern wandern, dann ist der Kiesstrand des Seeufers vor den dort liegenden privaten Grundstücken durch Mauern und Molen durchbrochen. Daher gibt es seit langem den Plan, das Ufer zu renaturieren und zugleich einen durchgängigen Uferweg einzurichten. Schon im Laufe der Planung und Durchführung haben die Anwohner immer wieder das Verwaltungsgericht in Sigmaringen angerufen und hatten schließlich – vor dem Verwaltungsgerichtshof in Mannheim – auch Erfolg: Denn die Umgestaltung würde in ihr privates Eigentum eingreifen. Ein langwieriges Enteignungsverfahren mit unsicherem Ausgang wäre die Folge.

Ähnlich zäh verläuft die Planung an den Potsdamer Seen, wo der Mauerweg der ehemaligen Grenze zu West-Berlin als Uferweg wiederhergestellt werden soll. Immer wieder wurde am Griebnitzsee vom Gericht der von Anwohnern angegriffene Bebauungsplan aufgehoben. Absurderweise, nachdem ihnen als Ausgleich schon der Bau großzügiger Bootshäuser genehmigt worden war.

Am bayerischen Tegernsee wurde dagegen die Seepromenade nach 40 Jahre langem Streit kurzerhand auf einen 200 m langen Steg verlegt, um einen Abschnitt mit privaten Seegrundstücken zu überbrücken. Die Planer haben dabei jedoch nicht mit den Naturgewalten gerechnet. Letzten Winter hat ein Sturm mit meterhohen Wellen die Uferpromenade aus der Verankerung gerissen. Da zeigte sich ganz buchstäblich, dass die Vorstellung, was ein freies Ufer ist, eben unterschiedlich sein kann.