Markant erhebt sich der Vogelsberg über die umgebenden Landschaften, wo sich aus vielen abfließenden Bächen das Wasser von einem der größter Schildvulkane Europas in Fulda, Kinzig und Lahn sammelt. Wer sich aus dem dicht besiedelten Großraum Frankfurt mit seinem engen Straßennetz und Flugbetrieb dem Vogelsberg nähert, wird von der charaktervollen Wanderlandschaft, die oft einen fast parkähnlichen Charakter mit struktrurierten Vorder- und Hindergründen aufweist, überrascht sein. 

Die folgenden Schilderungen wurden erstmals im Rahmen der beliebten Wandermagazin-Serie "Konrads Überquerungen" gedruckt. Wir haben die Tour und den dazugehörigen GPX-Track aus dem Archiv geholt und überarbeitet. Hier geht's ins Tourenportal.

Auf dem Weg zum Taufstein 

Die insgesamt 36,5 km lange Strecke beginnt mit einem anregenden Weg zum Taufstein über einen geologischen Lehrpfad. Auf bebilderten Tafeln werden geologische Vorgänge außerordentlich eindrucksvoll und verständlich dargestellt. Man erfährt, wie Granit entsteht und zu den häufig in Gebirgen zu beobachtenden Blöcken verwittert. Quarz und Quarzgestein werden erklärt, auf Eisenvorkommen und den einstigen Abbau am Vogelsberg wird hingewiesen. Die Lebensgeschichte eines aus Schweden stammenden Findlings ist fast romanhaft dargestellt. 

Das Dach 

Der Oberwald wird auch als das Dach des Vogelsberges bezeichnet. Auf ihm befinden sich mit dem Taufstein (773 m) und dem Hoherodskopf (764 m) die höchsten Erhebungen des Gebirges. Während der Hoherodskopf einige „technische Errungenschaften“ aufweist, ist der Taufstein, auf den unsere Route führt, ein klassischer Wandergipfel geblieben. Man findet einen begehbaren Aussichtsturm (vorübergehend leider geschlossen) und einen Rastplatz inmitten des Naturschutzgebietes Blockhalden. 

Auf dem Weg zum Taufstein
Aussichtsturm auf dem Taufstein

Breungeshainer Heide 

Zwischen Taufstein und dem etwas über 2 km nordnordwestlich gelegenen „Sieben Ahorn“-Gipfel befindet sich eine Senke mit einem Quellhorizont, aus dem das Wasser nicht ganz abfließen kann. Hier entwickelte sich ein Hochmoor, das wegen seiner Baumarmut als Breungeshainer Heide bezeichnet wird. Das Vorkommen von Moorbirken, Wollgras mit den leuchtend weißen Fruchtständen, dem Rundblättrigen Sonnentau, einer Insekten fressenden Pflanze, und weiteren seltenen Pflanzen und Tieren führten zur Ausweisung eines Naturschutzgebietes. 

Übernachtungsort Schotten 

Schotten blickt auf eine über 1.000-jährige Geschichte zurück und besitzt viele Sehenswürdigkeiten. Die aus dem späten Mittelalter stammende Stadtkirche war einst eine Wallfahrtskirche. Von ihrer wertvollen Ausstattung seien nur der spätgotische Flügelaltar und der aus gleicher Zeit stammende Taufstein erwähnt. Die Altenburg und das Schloss waren einst Wasserburgen. Das Rathaus und viele weitere Häuser besitzen ein auffallend schönes Fachwerk. Damit wird der Beweis angetreten, dass Schotten als typisch hessische Fachwerkstadt gesehen wird. 

Unterwegs nach Nidda 

Ausblick bei Schmitten

Wandervergnügen pur ist dann der Weg des zweiten Tages. Er führt zunächst durch ausgedehnte Laubwälder, die im Frühling und Herbst besonders schön sind. Dann wird die Route auch aussichtsreich mit besonders schönem Fernblick auf das hoch gelegene Stornfels. Ein würdiges Finale der großen Überquerung. Schließlich erreicht man oberhalb der Ortschaft Schmitten noch einen besonders schönen Aussichtspunkt mit Blick zum Taunus, Oberwald und Spessart. Der Abstieg nach Nidda zum Bahnhof erfolgt im stadtfernen Bereich. 

Wenn die Zeit für eine „Stunde der Ankunft“ reicht, so wird der Wanderer ein Glücksgefühl erleben, wie man es sonst nicht so leicht bekommen kann. Das Wanderziel Nidda steht in Alter und Sehenswürdigkeiten (Tipp: Die kleine Brauerei am Marktplatz) Schotten kaum nach. Die Stadtkirche, eine ehemalige Wasserburg und viele Fachwerkhäuser ergänzen auch hier eine naturnahe Wanderung in idealer Weise. 

Konrads Tour im Tourenportal © Mapbox © OpenStreetMap
 
Dr. Konrad Lechner

Dr. Konrad Lechner ist passionierter Wanderführer im In- und Ausland und wurde 2008 zum Ehrenwanderführer des Deutschen Wanderverbandes ernannt. Die beliebte Serie "Konrads Überquerungen" erschien von 2002-2012 im Wandermagazin. Wir holen die Touren über große und kleine Gebirgszüge nun aus dem Archiv und veröffentlichen sie hier in überarbeiteter Fassung.