Zwischen Pyrenäengipfeln und Hochgebirgsweiden liegt das Val d’Aran. Das katalanische Hochgebirgstal zählt 10.000 Einwohner, 200 Seen, 33 Dörfer, vier Zugänge zum Nationalpark Aigüestortes, drei Amtsprachen, zwei Flussquellen und eine komplett eigenständige Kultur.
Für Wanderer gibt es gefühlt tausend gute Gründe dem geheimnisvollen Tal einen Besuch abzustatten, denn das Val d’Aran ist ein Naturparadies von außer-gewöhnlicher Schönheit. Umgeben von 3.000 Meter hohen Gipfeln, einer Unzahl blau funkelnder Bergseen und tiefen Wäldern schmiegen sich die uralten Dörfer des Tales in die Hochgebirgslandschaft. Deren traditionelle Lebensart ist bis heute lebendig und unterscheidet sich in vieler Hinsicht von den benachbarten Tälern. Nördlich des Hauptkamms der Pyrenäen gelegen, neigt sich das Val d’Aran dem Atlantik zu – eine geografische Besonderheit, die Auswirkungen auf das Klima, aber auch auf die Kultur des Tales hat.
Wanderer zwischen den Welten
Bis heute pflegt das Val d’Aran eine eigene Sprache, das Aranesische. Diese ist ebenso wie die Kultur und facettenreiche Kulinarik des Tales französisch-okzitanisch geprägt. Als Bewohner der hohen Berge an der Grenze zwischen Frankreich und Spanien, betätigten sich viele Aranesen als kluge Händler, die mit der Kultur beider Länder wohl vertraut waren. In den langen Pyrenäenwintern blieb das Tal hingegen über viele Monate von der Außenwelt abgeschnitten und entwickelte so eine völlig eigenständige Kultur. Diese findet in Architektur, Malerei und Bildhauerei unterschiedlichster Epochen ihren Ausdruck, aber auch in der Kultur und Lebensweise der wandernden Hirten und Händler, die heute in liebevoll eingerichteten Museen dokumentiert ist.
Traumlandschaften und Thermalquellen
Für all jene, die sich Naturwundern und Kulturschätzen am liebsten wandernd nähern, bietet das Val d’Aran ein 300 km langes Netz gut markierter Wege. Diese führen zu hohen Gipfeln wie dem leicht zu besteigenden Montcorbison (2.173 m) mit seinen herrlichen Panoramablicken, zu alpinen Traumlandschaften wie den Seen von Colomers, zu Thermalquellen, die schon die Römer liebten auf dem Fernwanderweg Via Calda oder in alle 33 wunderbaren Dörfer des Tales auf dem Camin Reiau.
Der Camin Reiau ist ein 150 km langer Fernwanderweg, der auch als Route ohne Gepäck buchbar ist. Er verläuft auf einer alten Römerstraße entlang den Ufern der Garonne, die in der Nähe entspringt und ihren Lauf Richtung Frankreich nimmt. Hier gibt es reichlich Möglichkeiten, die herrlichen Naturlandschaften des Tales kennenzulernen, die gemütlichen Unterkünfte, Bars und Restaurants zu genießen und sich mit den Sehenswürdigkeiten der einzelnen Ortschaften vertraut zu machen. Zu diesen zählen insbesondere die Kirchen mit ihren herrlichen Skulpturen und Wandmalereien, von denen einige als Perlen der katalanischen Romanik gelten.
Perlen der Romanik
So ist es nicht verwunderlich, dass sich der Camin Reiau immer wieder mit der Route der Romanik im Val d’Aran kreuzt: In Arties, Bossost, Salardú, Unha und Vielha erwarten den Reisenden romanische Kirchen von beeindruckender Schönheit, die durch später hinzugefügte Elemente aus Gotik und Renaissance noch an Faszination gewinnen. Sant Miquèu de Vielha in der Hauptstadt des Val d’Aran ist ein Beispiel für den Reiz eines Monumentes, das einerseits den Übergang von der Romanik zur Gotik repräsentiert, mit dem beeindruckenden Glockenturm aus dem 16. Jh. aber auch Zeugnis von der kontinuierlichen Erweiterung architektonischer Möglichkeiten ablegt.
Auf wehmütig stille Weise berührend sind hingegen Besuche in verlassenen Dörfern wie Montgarri am Ufer des Flusses Noguera Pallaresa. Die alte Kirche des Dorfes und ihre Marienstatur sind bis heute ein beliebtes Wallfahrtsziel im Tal.
Welterbe und Nationalpark
Wer nun Feuer gefangen hat und noch mehr romanische Kunst im Gebirge sehen möchte, findet im Nachbartal Vall de Boí das wohl berühmteste Ensemble romanischer Kirchen Europas, das als UNESCO-Welterbe unter Schutz steht. Zwischen beiden Tälern erstreckt sich der Nationalpark Aigüestortes i Estany de Sant Maurici. Geprägt von wild gewundenen Gebirgsbächen, Bergseen und über 3.000 m hohen Gipfeln, lockt dieses Naturschutzgebiet sowohl mit leichten Wanderwegen für Familien als auch mit herausfordernden Touren für echte Bergsportler.