Winter, Wandern, Wattenmeer

Die See ist etwas rauer, der Himmel eine Nuance dunkler und der Wind noch ein bisschen frischer als sonst. Wenn das Boot den Hafen verlässt, ist das einzigartige Inselgefühl aber immer mit an Bord – auch im Winter. Wer Texel, Vlieland, Terschelling, Ameland und Schiermonnikoog nur im Sommer kennt, hat etwas verpasst.

Ein Besuch auf den fünf Watteninseln Texel, Vlieland, Terschelling, Ameland und Schiermonnikoog ist nicht nur im Sommer eine gute Idee. Gerade im Winter, wenn die Inseln vor der niederländischen Nordseeküste langsam zur Ruhe kommen und nur noch wenige Besucher:innen hinüberschipppern, können Naturliebhabende die Inseln in vollen Zügen genießen. Bei einer Winterwanderung zwischen Dünen, Strandgras und durch urwüchsige Wälder offenbaren die Watteninseln ihre raue Seite: wenn der Wind die Haare zerzaust, wir in Regenmäntel gehüllt durch Pfützen springen und die rasant dahinziehenden Wolken am Himmel beobachten. Danach ist das Aufwärmen mit einer Tasse Kaffee oder Kakao im Café umso schöner.

Texel – Wandern mit Gehzeiten

Texel ist die größte der fünf friesischen Inseln und nur eine 30-minütige Fährfahrt von Den Helder auf dem Festland entfernt. Auf Texel gibt es sieben gemütliche kleine Dörfer, eines hübscher als das andere, aber auch rund 250 Kilometer an Wanderwegen. Besonders im Nationalpark Duinen van Texel wird die Weite der Watteninseln spürbar. Vor allem Vogelfans kommen hier auf ihre Kosten. Neben vielen Vögeln begegnet man aber auch einigen zotteligen Inselbewohnern: Konikpferde und Rinder fühlen sich hier pudelwohl. Ein weiteres Highlight ist das Naturschutzgebiet De Slufter, das, wenn das Meer zurückkommt komplett geflutet wird, es läuft regelrecht voll. Die Strandastern und der Strandflieder sind daran gewöhnt. Für Wandernde gibt es ausgeschilderte Wege, die sicher durch die Salzwiesen führen. 

Zu den Wanderrouten: www.visitwadden.nl/de/texel

Vlieland – Sahara des Nordens

Die kleinster der fünf niederländischen Watteninseln liegt direkt nördlich von Texel, eine eineinhalbstündige Fährüberfahrt von Harlingen entfernt. Vlieland hat nur ein Dorf, Oost-Vlieland, der Rest ist Natur. Da die westliche Hälfte der Insel aus Dünensand besteht, wird Vlieland auch „Sahara des Nordens“ genannt. 140 Vogelarten brüten hier und es ist außerdem das größte Übungsgebiet der Königlichen Luftwaffe der Niederlande, weshalb das Gebiet nur an den Wochenende für Besucher:innen zugänglich ist. Ein beliebtes Ausflugsziel ist das alte Posthuys in der Mitte der 20 km langgestreckten Insel. Früher war es die Station der Postreiter, die Briefe von Segelschiffen über Vlieland, Texel und Nordholland nach Amsterdam brachten. Wer im harschen Wind einen Spaziergang zum Posthuys macht, kann sich gut vorstellen, wie die Postboten hier einst zur Pause einkehrten, um sich mit einem Grog wieder aufzuwärmen.

Zu den Wanderrouten: www.visitwadden.nl/de/vlieland

Terschelling – Wo die Eintönigkeit des Winters zerschellt

Terschellings abwechslungsreiche Landschaft reicht von Dünen und Salzwiesen über im Meerwasser getränktes Marschland bis hin zu Heideflächen und den landwirtschaftlich genutzten Poldergebieten – und natürlich dem Strand: Schon beim Blick auf die Karte, fällt der lange 30 km und bis zu 1 km breite Sandstrand auf, der sich entlang der gesamten Nordküste von Terschelling erstreckt. Hier kann man ungestört seine Wege gehen und in dem „Nichts“ aus Sand, Himmel und Meer den Kopf einmal durchlüften lassen. Der Wind hilft gern dabei. Im Dorf Oosterend ist – anders als der Name vermuten lässt – das Ende der Insel noch nicht erreicht, denn hier beginnt das Naturschutzgebiet De Boschplaat, das sich besonders gut im Winter erkunden lässt. Im Sommer sind große Areale nämlich aufgrund der brütenden Vögel nicht zugänglich. Egal ob Sommer oder Winter, De Boschplaat ist bei Nacht einer der dunkelsten Orte der Niederlande. Im Dark Sky Park kann man in Neumondnächten z. B. die Milchstraße mit bloßem Auge erkennen. Das Wandern funktioniert auf Terschelling nach einem Knotenpunktsystem, das heißt Wandernde können an den strategisch gut gesetzten Knotenpunkten selbst während der Wanderung noch ihre Route ändern und z. B. an das Wetter und die Wanderlaune anpassen.

Zu den Wanderrouten: www.visitwadden.nl/de/terschelling

Ameland – Kunst im Winter

Unbeeindruckt von Wind und Wetter hält der rot-weiß gestreifte Bilderbuch-Leuchtturm von Ameland jedem Wintersturm stand. Vor allem im November lockt die Insel viele Kunstinteressierte an. Professionelle Künstler:innen stellen ihre Werke an ca. 30 Standorten u. a. in der Natur von Ameland aus. Bei einer Wanderung ist die Freude über die Kunstwerke, die unvermittelt in der Landschaft auftauchen, besonders groß. Zum Wandern empfiehlt sich das Naturschutzgebiet an Amelands mit 24 m höchste Düne, Het Oerd. Hier hat die Natur selbst die Künstlerin ein schönes Fleckchen Erde geschaffen. Vor allem bei Sonnenaufgang hat man von hier einen fantastischen 360°-Rundumblick über das in goldenes Licht getauchte Gehzeitengebiet. Die später aufgehende Sonne im Winter kommt auch denen zugute, die normalerweise nicht zu den Frühaufsteher:innen gehören.

Zu den Wanderrouten: www.visitwadden.nl/de/ameland

Schiermonnikoog – Am Ende der Welt

Die östlichste der fünf Watteninseln ist schon seit 1989 ein Nationalpark. Es gibt lediglich ein Dorf im Westen der Insel, welches den gleichen Namen trägt wie die Insel selbst – nicht nötig, sich für das einzige Dorf einen anderen Namen auszudenken. Die Hauptstraße, auf der übrigens nur Bewohner:innen mit dem Auto fahren dürfen – Gäste müssen ihr Auto auf dem Festland parken – ist flankiert von Backsteinhäusern aus dem 18. Jahrhundert. Spätestens bei einer Tour zum östlichen Zipfel der Insel, auf der Sandbank De Balg, beschleicht Wandernde das Gefühl, am Ende der Welt zu sein, Sand soweit das Auge reicht. Mit etwas Glück können hier aber auch Seehunde beobachtet werden und Muscheln sammeln geht natürlich immer.

Zu den Wanderrouten: www.visitwadden.nl/de/schiermonnikoog

Weitere Tipps und Ideen für die Watteninseln im Winter gibt es auf www.visitwadden.nl/de

Svenja Walter