Wandermagazin live 172 - page 38

Orval
Genusswanderland Belgische Ardennen
Wir befinden uns im Süden der Wallonie,
in der Region Gaume. Unser Auto haben
wir am Kloster von Orval geparkt, das
wollen wir als Höhepunkt der Wander-
Tour besichtigen. Hinter einem Rastplatz
wird der “chemin” zum “sentier”. Zur
Erklärung: Der Deutsch-Belgier Eric gibt
mir eine kostenfreie Nachhilfestunde in
Wander-Französisch. Der “chemin” ist der
Wanderweg, aber eher breit, der “sentier”
bezeichnet einen schmalen Pfad, den die
meisten Wanderer so lieben.
Bier im gläsernen Kelch
Nach fünf Kilometern erreichen wir direkt
an der französischen Grenze das Örtchen
Chameleux. Dort werden wir einkehren,
in einem Café/Restaurant an historischer
Stätte. Denn wir befinden uns am ehema-
ligen römischen Highway von Trier nach
Reims und in Chameleux gab es eine
größere Raststätte. Wie so etwas aussah,
kann man im Asterix “Tour de France”
nachblättern. Da übernachten nämlich
Asterix und Obelix in einer römischen “Au-
tobahnraststätte”. Die Grundmauern der
Raststätte sind noch zu besichtigen und
Tafeln künden von den Ausgrabungserfol-
gen. Man fand Wechselgeld, die “Pferde-
sandalen”, also alte Hufeisen, sowie nicht
mehr benötigte Pfandflaschen aus Ton.
Das Bier von hier!
Einen Vorgeschmack auf das Kloster
kosten wir in Chameleux: Das legendäre
Trappistenbier Orval. Dunkel und leicht
bitter rinnt es wie Öl die Kehle hinab.
Im gläsernen Kelch dargebracht, hat es
etwas Liturgisches, das sechsprozentige
Braukunstwerk zu genießen. Seit 1931
wird im Kloster Bier gebraut, die Erlö-
se der Brauerei haben wesentlich zum
Wiederaufbau des Klosters beigetragen.
Erster Braumeister war übrigens ein
Deutscher, Herr Pappenheimer, der seine
Pappenheimer kannte und die Mixtur des
Orval-Bieres erfand. Mit 70.000 Hektolitern
ist man im 21. Jahrhundert am Limit der
Jahresproduktion angelangt, mehr geht
nicht, mehr will man nicht. Daher bekommt
auch längst nicht jeder Gastronom das
begehrte dunkle Nass. Man muss schon
einen Gastronomen-Großvater haben,
der auch schon Orval oral verabreicht hat
(ausgeschenkt kann man ja nicht sagen,
denn das Bier gibt es nur in Flaschen).
Im Restaurant von Chameleux mit seinen
Wurzeln in der Römerzeit ist es natürlich
klar, dass Orval gereicht wird.
Sensationelle Quiche
Als Vorspeise gibt es den erstaunlich mil-
den Abteikäse von Orval, Ardenner Schin-
ken, Boudin Noir, die Blutwurst der Region.
Zweiter Gang: Paté Gaumais und Quiche
au fromage d’Orval. Diese kleine Quiche ist
eine Sensation: Frisch zubereitet, dünner
Mürbeteig, opulente und schmackhafte
Käseschicht, ein Gedicht! Dann kommt
die Tröte, die “truite“, eine Forelle aus den
benachbarten Teichen. Ein einfaches,
regionales, abwechslungsreiches, groß-
1...,28,29,30,31,32,33,34,35,36,37 39,40,41,42,43,44,45,46,47,48,...52
Powered by FlippingBook