Wandermagazin live 172 - page 40

artiges Menü. Nach der köstlichen und
sättigenden Einkehr geht es am Waldrand
auf der anderen Seite des Williers-Bachs
zurück Richtung Kloster. Es ist erstaunlich,
welche abwechslungsreichen Einblicke und
Ausblicke das Tal des Williers-Bachs bietet.
Außerdem ist es sehr schön, dass unsere
kleine Wanderrunde sehr reich an “sentiers”
ist, das macht mich sehr glücklich. Einige
Kilometer später erreichen wir die Kloster-
anlage von Orval.
Orval, das Trappisten-
Kloster im güldenen Tal
Orval, erklärt Eric, ist ein typisches Beispiel
für ein Ziesterzienser-Kloster, denn die
Bruderschaft war bekannt dafür, in Tälern
sumpfiges Gebiet urbar gemacht zu haben.
Das ist den Mönchen in der Tat sehr be-
eindruckend gelungen. Die Klosteranlage
ist riesig, allerdings finden sich Bauten
und Ruinen aus verschiedenen Epochen
nebeneinander. Wir wandeln durch die
Mauerreste der ehemaligen Klosterkirche,
die Rosette der Ruine ist das Wahrzeichen
von Orval. Wenn Eric kundig von den bau-
lichen Feinheiten erzählt, fühlt man sich
zurück ins Mittelalter versetzt und glaubt
den rezitativen Sprechgesang der Mönche
zu hören.
Mathilde von Tuszien …
Dann stehen wir vor der “Fontaine Mat-
hilde”, dem mythischen und mystischen
Brunnen der Witwe von Gottfried dem
Buckeligen. Die Altvorderen erzählen, dass
Mathilde (ohne Beinamen, anscheinend
war sie buckellos) dereinst ihren Ring in
einem Brunnen verloren habe. Große Ver-
zweiflung!!! Aber ein Fisch schnellte hoch,
hatte das Schmuckstück im Maul. Die
Witwe rief daraufhin freudig aus, das sei
aber ein goldiges Tal, ein “Val d’Or“. Daher
leitet sich der Name Orval ab.
„La Trappe“
Dass es diesen und andere Brunnen gibt,
ist natürlich auch die Grundvoraussetzung
dafür, das edle schwarze Bier im Kloster zu
brauen. Im Gebäude neben dem legendär-
en Brunnen wird in einem didaktisch sehr
ansprechenden Stil der Brau-Vorgang des
Trappistenbieres erläutert. Ich frage Eric
allerdings, warum man das Orval-Bier ein
Trappistenbier nennt, Orval sei doch ein
Zisterzienser-Kloster, dann müsste es doch
eigentlich Zisterzienser-Bier heißen. Eric ist
ein wandelndes Lexikon, was die klösterli-
che Geschichte angeht. Ich lerne, dass die
Trappisten auch zur Familie der Zisterzien-
ser gehören, die haben sich irgendwann
abgespalten und wurden zu Zisterziensern
der strengen Observanz. Päpstlicher als
der Papst sozusagen. Diese strengen Re-
geln wurden erstmals im Kloster von “La
Trappe” eingeführt, daher der Name und
auch der Name der Biergattung. So streng
kann die Observanz ja nicht gewesen sein,
ein Bierchen war immer drin.
Ich besuche mit Eric die Kreuzgänge,
den Kräutergarten, ein Klostermuse-
um in unterirdischen Gewölben. Nur
in die aktuelle Klosterkirche aus dem
20. Jahrhundert dürfen wir nicht. Da
müssten wir uns eine Tonsur rasieren
und eine Kutte überstreifen. Es gab
in den Hochzeiten des Klosters über
100 Mönche im goldenen Tal, jetzt arbeiten
und leben noch 20 Trappisten in Orval.
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