Traufgänge - Wandern im Penthouse der Schwaben - page 17

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WANDERTRAUF
Erst wenn man aus dem Albvorland über die Kehren und Steigen die Albhochfläche
erreicht, bekommt man ein Gefühl dafür, dass Albstadt eine der höchstgelegenen Städte
Baden-Württembergs ist. Frische, saubere Luft, ein lieblich wirkendes Hinterland, die
elysisch-schönen Wacholderheiden und die Felskantedramaturgie des Traufs.
Wiesen, Wurzeln und Wacholder
Die Wiesenrunde ist so eine Überraschungstour. Unscheinbar geht es amWanderportal
los. Wiesen, Wiesen und Wiesen. Dann die erste Begegnung mit dem Trauf und kurz
vor dem Gesichterbaum wieder einer dieser Wahnsinnsblicke. Rechter Hand thront die
Zollernburg auf dem fast kegelförmigen Zeugenberg. Nach der Bergwiese bietet das
Hörnle nochmals in westliche Richtung Panorama pur. Was folgt, ist Wandervergnü-
gen pur. Moorige Abschnitte, Wald und immer wieder Wiesen. Auf dem Zollernburg-
Panorama, genauer am Zeller Horn, befindet sich der vielleicht schönste Sonnenunter-
gangspunkt der Traufgänge. Zum Greifen nahe liegt die Burg Hohenzollern vor dem
Betrachter. Zuvor tänzelt der Wanderer wie der Weg über die Wurzeln der Traufbuchen
an der Hangkante entlang. Einkehr im Zollersteighof, am Stich (Start und Ziel) oder
unterwegs imWanderheim unterm Raichbergturm? Die Quelle der Schmiecha, die
Ausblicke vom Heiligenkopf oder dem Blasenberg – was will man mehr? Der Traufgang
Wacholderhöhe führt hinein in die eigenwillige Szenerie der Wacholderheiden. Rund
dreißig Orchideenarten blühen hier im Frühsommer. Schäfer wie Rudolf Matyas ziehen
mit ihrem vielbeinigen und blökenden Anhang über die charakteristischen Flächen,
fehlt nur noch die leise Panflötenmusik.
Felsen, Farn und Fernseher
Der Felsenmeersteig ist mit rund 17 km der längste der Traufgänge. An Abwechslung
und Höhepunkten ist er vermutlich kaum zu überbieten. Los geht es mit dem Fern-
sehkino vom Böllat. Einnehmender und brillanter kann ein Ausblick eigentlich nicht
sein. Einfach alpines Feeling. Die Mammutbäume, die Ausblickkanzel vor der Schalks-
burg mit der schönen Hirschguldensage von Wilhelm Hauff und Gustav Schwab, das
tumultartige Felsenmeer mit dutzendweisen Postkartenplätzen, der Heersberg, die
Wacholderheiden und das St. Michaels-Kirchlein in Burgfelden – sagenhaft. Auf der
Hossinger Leiter fallen die vielen Farne ins Auge, die sich in den lotrecht aufsteigenden
Kalkriffen festkrallen. Die Aussichten vom Gräbelesberg erinnern an ein Drehkino. Alle
50 bis 100 Meter öffnet sich eine neue Aussicht. Fernseher werden begeistert sein. Das
kann man mit Fug und Recht auch von dem Schlossfelsenpfad behaupten. Mühlen-
fels, Galgenfels, der hölzerne Ausguck der Schleicherhütte, die fantastische Aussicht
vom Schlossfelsen und der Aussichtsplattform des Schlossfelsenturms – überragend.
Unterwegs lockt ein Abenteuerspielplatz mit Einkehr, der Bauernhof der Tiere auf der
Fohlenweide, das Wildschweingehege und immer wieder Wiesen, Wacholderheiden
und Wald. Die Ochsenbergtour glänzt mit ausgedehnten Heidepartien, die in einer
Rastanlage mit dem sinnigen Namen Alpenblick gipfeln. Nomen est omen – jedenfalls
an Tagen mit bester Fernsicht. Die Heidensteinhöhle inspiriert die Entdecker unter den
Wanderern und das Naturschutzgebiet am Ochsenberg, der Ausblick vom Schneckles-
felsen und das Gipfelkreuz kurz vor dem Ziel erfüllen höchste Wanderansprüche.
Premium rund herum
In Szene gesetzt, dramaturgisch entwickelt und Regie geführt hat bei der Entwick-
lung der ausgesucht schönen Wanderpfade im Penthouse der Schwaben das Deutsche
Wanderinstitut. Mit tatkräftiger Hilfe durch den Schwäbischen Albverein und seine für
Albstadt zuständigen Mitglieder. Alle sieben Traufgänge sowie der Winter-Traufgang in
Burgfelden sind mit dem Deutschen Wandersiegel ausgezeichnet und werden alle drei
Jahre einem neuerlichen Zertifizierungsverfahren unterzogen. Dass die meisten Trauf-
gänge mit einer oder mehreren Einkehrmöglichkeiten ausgestattet sind, lässt die Herzen
der Genusswanderer höher schlagen. Hier stimmt die Mischung. Die Traufgänge sind
zwischen 8,9 und 16,8 km lang. Der Schneewalzer hat eine Länge von 5,2 km und wird
bei ausreichend Schnee täglich gewalzt. Übrigens ist ein zweiter Winter-Traufgang in
Onstmettingen für 2014 geplant.
Manuel Andrack
48, Journalist & Autor
Ich bin schon oft auf sehr
schönen Wegen im deutschen
Mittelgebirge gewandert. Aber
die Traufgänge lassen mich im-
mer wieder mit offenem Mund
staunen. Diese Traufkante!
Sensationell, spektakulär.
Sonja Faber-Schrecklein
47, Traufgänge-Botschafterin
Die Ausblicke der Trauf-
gänge sind für Wanderer immer
wieder atemberaubend. Ich
finde den Blick vom Zeller Horn
auf die Burg Hohenzollern ganz
besonders schön.
Josef Ungar
63, Schwäbischer Albverein
Der Schwäbische Albver-
ein war von Anfang an bei der
Schaffung der Traufgänge mit
dabei. Unsere Wegespezialisten
haben die Tipps für die Wege-
führung geliefert.
Sieben auf einen Streich sind es. Dazu ein winterlicher Traufgang im klei-
nen Burgfelden. Erlebniswanderwege der besonderen Art. Abwechslungs-
reich, teils dramatisch, variantenreich, aussichtsreich und größtenteils
mit wirklich einladenden Einkehrmöglichkeiten versehen. Wandern im
Penthouse der Schwaben. Knapp unterm Himmel, immer wieder scharf
an der Hangkante des Traufs entlang – fast schon genial.
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