REGIOPANORAMA
| Sauerland-Wanderdörfer
Die Sehnsucht des modernen Menschen nach Natur
ist gewachsen. Der aberwitzig rasche Rhythmus des
„Neuen“ im Beruf und im Alltag, der zunehmende
Verlust an gelebter oder mindestens gefühlter Ge-
genwart, der schneller werdende Takt von Reiz und
Reaktion befördert die Suche nach physischen Orten
des Innehaltens, nach lesbaren Landschaften, nach
ganz einfachen analogen Erlebnissen. Das Gespräch
mit einem Waldarbeiter, die Begegnung mit einem
Bauern, die Musik des Windes, der einen maigrünen
Laubwald streichelt, oder die Stillegeräusche einer
Bergwiese in den Nachmittagsstunden.
Naturkraft
Natur, das ist der Kreislauf von Werden,Wachsen und
Vergehen. Wie einfach – oder? Wie anspruchsvoll
gestaltet der moderne Mensch hingegen sein Leben.
Die Verführung, immer mehr in den Tag zu packen
und stets mit einem Bein an das Morgen, den nächs-
ten Monat, das nächste Wirtschaftsjahr, die kommen-
de Tagung etc. zu denken, ist immens groß. Verloren
geht indes die Wahrnehmung des Hier und Jetzt. Da
Aussicht mit Ranger
in Lennestadt
und Kirchhundem
Blick auf den
Diemelsee
scheint das Vorhaben, eine Anleihe an den natürlichen
Prozessen einer Natur- und Kulturlandschaft wie den
Sauerland-Wanderdörfern zu nehmen, höchst sinn-
voll. Naturkraft spüren und für eine Weile, einen Tag,
eine Woche oder mehr sich eins fühlen mit dem ewi-
gen Kreislauf eines naturkräftigen Waldgebirges. Ob
in der Region zwischen Olsberg, Brilon, Willingen
und Diemelsee, wo die Berge des Hochsauerlandes
wie eine Herde schlafender Elefanten ausschauen, der
faszinierenden Wanderwelt von Winterberg, Mede-
bach und Hallenberg mit erstaunlichem Höhenpa-
norama oder dem gewaltigen Dörfer-, Wälder- und
Felderteppich zwischen Eslohe, Schmallenberg,
Lennestadt und Kirchhundem – das Land steckt mit
seiner authentischen Gelassenheit an. Man darf, man
sollte sich anstecken lassen.
Stille
Stille ist keinesfalls Geräuschlosigkeit. Im Gegenteil,
das Gefühl von Ruhe und natürlicher Stille tritt bereits
ein, wenn der Wind durch die Äste eines Fichtenwal-
des fährt oder das Blätterdach eines Hallenbuchenwal-
Als ich Klaus-Peter Kappest, Naturfotograf aus dem Sauerland und
liebenswerter Naturbursche,
fragte, was ihm am Sauerland beson-
ders gefalle, kam es wie aus der Pistole geschossen: „Die Dörfer und
Weiler natürlich! Schau‘ Dir die Dörfer einer Region an und Du ver-
stehst die Landschaft.“ Ich ließ meine Besuche im Sauerland Revue
passieren: Wie wahr! Während anderswo mit wachsendem Wohlstand
erst hässliche Eternitfassaden die regionstypische Architektur ver-
deckten und nachfolgend Neubauten im Baumarktstil das gewachse-
ne Gesicht regionaler Identität überformten, kehrten bei den sauer-
ländischen Wanderdörfern technischer Fortschritt und Wohlstand ein,
ohne der anheimelnden Fachwerkidylle das Profil zu nehmen.
Land der 1000 Dörfer
Echt authentisch:
Dorfidylle, Natursinfonie, Hüttenromantik, Wanderglück