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WANDER
MAGAZIN | Januar/Februar | 2017
REGIOPANORAMA
| Rhön
Die Rhön ist einfach anders
Die Rhön hat dieses gewisse Etwas. Hier wogen Wildwiesen statt
dunklem Tann auf den Bergeshöhen. Dort das Hessische Kegel-
spiel mit neun kecken Vulkankuppen, die der Volksmund dank
der Konusform als Kegelspiel eines märchenhaften Kegelclubs
von Riesen erkannte. Und die Kugel? Wer genau hinschaut wird
am 524 m hohen Stoppelsberg mit etwas Fantasie fündig. Auf
mich üben die wundervollen Wacholderhaine eine magische
Anziehungskraft aus, wie etwa bei Stepfershausen.
Ich denke an die gewaltigen Hutebuchen bei Diedorf oder
Fischbach, die eindrucksvoll belegen, dass hier der Mensch seit
Jahrhunderten Schafbeweidung praktiziert. Wer je vor den bi-
zarren Basaltprismen im ehemaligen Steinbruch Lindenstrumpf
bei Schondra stand, die vulkanischen Erosionsruinen des Teufel-
steins nahe der Milseburg oder die Blocksteinmeere am Schaf-
stein westlich von Wüstensachsen bewandert hat, erahnt, welche
Kräfte einst die Rhönwelt in eine Feuerhölle verwandelten. Erd-
fallseen wie das Träbeser Loch oder die Kutten erinnern daran,
dass unter der Rhön gewaltige Kalisalzvorkommen lagern. Von
ganz außergewöhnlicher Anziehungskraft sind die Hochmoo-
re der Rhön. Das Schwarze Moor beherbergt im meterhohen
„Gedächtnis“ seines Moorbodens eine Art Archiv aus luftdicht
eingeschlossenen Pollen der letzten acht- bis zehntausend Jahre
Vegetationsgeschichte. Ich erinnere mich aber auch der span-
nenden Geschichten des Rhön-Paulus. Der als Johann Heinrich
Valentin Paul im 18. Jh. geborene Zeitgenosse, erreichte die Be-
rühmtheit eines Robin Hood seiner Region. Ich denke an den
unfassbar gewaltigen Sternenhimmel, der der Rhön die Ehren
eines Sternenparks einbrachte. Ich denke daran, dass dieser Fle-
cken Erde 1991 von der UNESCO als Biosphärenreservat Rhön
angesichts der Wechselbeziehung von Natur und Mensch unter
Schutz gestellt wurde.
Ich werde den Blick in das Kreuzbergkloster der Franziska-
ner und den Kreuzweg zum Kreuzberggipfel nicht vergessen.
Natürlich ist mir die deutsch-deutsche Teilung im Gedächtnis.
Point Alpha als NATO-Beobachtungsposten im „Fulda Gap“
habe ich mehrfach besucht, die weiße Kugel auf der Wasserkup-
pe und den Dreiländerpunkt immer wieder bestaunt. Natürlich
hat mich die Kurstadt Bad Kissingen an der Fränkischen Saale
begeistert. Weltberühmt dank seiner Salzsole, seiner Architektur
und seiner Gäste. Da ist die Tatsache, dass der Wasserkuppe als
höchster Berg der Rhön mit 950 Metern schlappe 50 Meter zur
1.000-Marke fehlen, echt nebensächlich. Dem alpinen Feeling,
das die Rhön hier wie andernorts als Land der offenen Fernen
vermittelt, tut das nicht den geringsten Abbruch ...
(ms)
Mächtiger Solitär: Hutebuche
auf dem Himmeldunkberg
Foto: Arnulf Müller