Table of Contents Table of Contents
Previous Page  8 / 19 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 8 / 19 Next Page
Page Background

36

WANDER

MAGAZIN | November/Dezember | 2016

REGIOPANORAMA

| Thüringer Wald

Das grüne Blatt

Als ich das erste Mal mit der Landkarte „Maß“ auf den Thü-

ringer Wald nahm, gleich nach der Wende Anfang 1990, kam

mir angesichts der Umrisse und Gestalt dieses etwa 150 km

langen und bis zu 35 km breiten Waldgebirges sofort der Ge-

danke: Schaut aus wie ein grünes Blatt. Dieses grüne Blatt na-

mens Thüringer Wald, im engeren Sinne der Thüringer Wald

und das Thüringer Schiefergebirge, übte sogleich eine große

Faszination aus.

Die Täler heißen Gründe, die Schmalstellen des leicht ge-

krümmten Kammgebirges Sattelrücken, so mancher Ortsname

endet auf -roda, -thal, -berg, -mühle oder -hammer und verrät

auf Anhieb einiges über seine Geografie oder Geschichte. Rings

um den Thüringer Wald liegen die kulturellen Höhepunkte wie

an der Perlenschnur aufgereiht: Eisenach, Gotha, Ilmenau, Saal-

feld, Sonneberg, Eisfeld, Hildburghausen, Meiningen, Schmal-

kalden oder Bad Salzungen, um einige zu nennen. Mittendrin

bieten Bergorte wie Ruhla, Brotterode, Oberhof – die thüringi-

sche Wintersportmetropole –, Neustadt am Rennsteig, Neuhaus

am Rennweg, Schmiedefeld oder Blankenstein herrliche An-

und Einsichten von der Thüringer-Wald-typischen Architektur,

Gastlichkeit und Kultur. Die Gipfel recken sich bis auf 983 m in

die Höhe, wie der Große Beerberg oder der Schneekopf. Dar-

unter viele solitäre Sonderlinge wie der Große Inselsberg oder

der Kickelhahn.

Den Rennsteig habe ich gleich dreimal unter die Füße genom-

men, doch ganz besonders beeindruckt haben mich die Täler

des Thüringer Waldes, die üppig blühenden Bergwiesen, die

ruppigen Felsformationen und das nahezu orchestrale Rauschen

der Bäche und Flüsse, die mal über die Werra Richtung Weser

und mal über Unstrut und Saale Richtung Elbe entwässern.

Herausragend fand ich den Basaltklotz des Dolmar, ein erlosche-

ner Vulkan über der Theaterstadt Meiningen. Unvergessen die

Tour über den Rhön-Rennsteig-Wanderweg auf den Ruppberg

mit fantastischer Aussicht auf Zella-Mehlis. Sicher bin ich drei-

oder viermal aus dem kleinen Tabarz auf stets wechselnden Pfa-

den auf den Großen Inselsberg gestiegen. Die Drachenschlucht

bis zur Hohen Sonne, die Olitätendomäne um die Glasmacher-

region von Lauscha und Oberweißbach mit dem kühnen Frö-

belturm und der sagenhaften, 4 km langen Standseilbahn nach

Cursdorf, die immense Pflanzenpracht im UNESCO-Biosphä-

renreservat Thüringer Wald mit dem Vessertal – das alles ist der

Thüringer Wald.

Natürlich der unwiderstehliche Duft von einem der vielen Thü-

ringer Rostbratwurststände, die herrlichen Biergärten mit Weit-

blick unter ausladenden Linden und die eindrucksvollen tech-

nischen Denkmäler wie der Schieferpark in Lehesten mit der

erstaunlichen Pferdegöpelanlage oder der Tobiashammer in

Ohrdruf. Spurensuche nach dem Gold, den Glasmachern, dem

Weißen Gold oder längst vergessenen Spielzeugen aus Kind-

heitstagen – der Thüringer Wald ist voller Anregungen, voller

Wanderideen und herausragender Sehenswürdigkeiten. Für

mich ist es eines der schönsten Waldgebirge Deutschlands.

(ms)

Morgenstimmung

im Thüringer Wald

Alle Fotos:

Dominik Ketz