Blumeninseln

Mit Zwanzig kam die Hamburgerin nach Guernsey und blieb seither dem englisch-französischen Charme der Insel verhaftet. Zumeist in Sichtweite des französischen Festlandes gehören die Kanalinseln mit Jersey zusammen nach einem Jahrhunderte dauernden hin und her heute zur britischen Krone. Beide Kulturen haben ihre Spuren im bunten Granit der Insel hinterlassen: Der Humor ist britisch, das Lebensgefühl französisch.

Viele Namen und vor allem der nur noch von wenigen gesprochene Dialekt, das „Patois“, zeigen im Schriftbild noch starke Bezüge zum Französischen, während die Amtssprache Englisch ist. Die bis zu 100 Meter abfallenden Steilküsten mit ihren kleinen Sandstränden zwischen bizarren, bunten Granitfelsen und dem tiefblauen Meer scheinen wiederum von der Bretagne abgebrochen zu sein, während die grünen Felder mit Hecken und Steinmauern an Irland erinnern. Und dann gibt es da noch das sanfte Dünengebiet im Norden der Insel und die Traumstrände an der Nord-Westküste.

Magisches Dreieck Guernsey

Am Jerbourg Point, der Süd-Ost-Spitze des dreieckigen Guernseys, steigen wir aus dem Bus, zu einer Streckenwanderung auf dem Klippenpfad, der die gesamte Steilküste der Insel von St. Peter Port im Osten bis Rocquaine Bay im Westen entlang führt. Jäh abfallende Granitwände, bei Ebbe auftauchende Traumsandstrände, welche die Flut sechs Stunden später wieder wieß wäscht, und Felsspitzen, die permanent vom Meer bestürmt und modelliert werden. All das ist mit einem Blumenteppich aus Stechginster, Blauglöckchen, Schlehen, Holunder und exotischen Pflanzen überzogen, die Dank des milden Golfstromklimas auf der Insel gedeihen können.

Durch die Geschichte wandern

Nach kurzem erreichen wir die Moulin Huet Bucht. Eine steile Steintreppe führt zu dem noch von der Flut bedeckten Sandstrand hinunter. Eddie erzählt mir, daß hier die jungen Einheimischen surfen würden, während sie selbst die sanfteren Brandungen der Vazon oder Cobo Bucht an der Nord-West-Küste bevorzuge. Überall weist sie mich auf Spuren der bewegten Geschichte Guernseys hin. Zum Beispiel die massiven Rundtürme, die die französischen Revolutionsheere abwehrten oder die deutschen Bunker aus dem zweiten Weltkrieg. Nachdem wir genug vom Wind haben, nehmen wir den nächsten Weg zur Hauptstraße hinauf, wo uns kurz darauf ein Bus des fein verzweigten öffentlichen Verkehrsnetzes wieder einsammelt.

Eine Welt für sich

Eddie gibt mir noch viele Tips zum Schlemmen in der hervorragenden Küche der Inselwelt, Wandern und Besichtigen der Inseln. Ganz oben auf der Liste steht ein Besuch von Sark. Eine Fähre bringt mich in einer dreiviertel Stunde von Guernsey in diese eigene, kleine Inselwelt, bestehend aus 600 eingefleischten Insulanern und 100 Kühen. Vom Flugzeug aus hatte ich das grüne, nach allen Seiten steil zum Meer abfallende Felsplateau schon bewundert, aus dem schwankenden Boot heraus wirken die Felswände aber noch gewaltiger. Vom kleinen Hafen bringt mich ein Traktor in das 100 Meter hoch gelegene Dorf. Ein richtiges Zentrum gibt es nicht, nur ein paar Wohnhäuser, Läden mit Souvenirs, eine winzige Touristeninfo, ein Kaffee und eine Bar, einige B & B’s und Hotels.

Granitpfade

Die Gartenanlage der Seigneurie, die nur der englischen Krone verpflichtet ist, erblühat ab Ostern in allen Farben. Neben der ebenso sehenswerten Granitkirche - in den Kissen der Bänke sind die Wappen und Namen der 40 Ländereien von Sark eingestickt - fesselt vor allem die nie weit entfernte Steilküste. Kleine Pfade führen zu den von Granitwänden eingefaßten Stränden hinunter oder weit oberhalb der Sand- und Kieselbuchten entlang. Zwischen wilden Blumen und kleinen Wäldern hinab zum Meer, zum künstlichen „Window in the Rock“ im Norden, oder dem schmalen Felsensteg „La Coupée“ und den natürlichen Granitbadewannen „Venus Pool“ und „Adonis Pool“ im Süden. Ein Tagesausflug nach Sark reicht auf jeden Fall nicht aus, er macht nur süchtig nach mehr. Die Inseln Guernsey, Sark, Alderney und Herm eignen sich gerade jetzt im beginnenden Frühjahr für einen Besuch, denn ihre Gärten und Steilküsten stehen im April bereits in voller Blüte.

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