Europameister in Reliefenergie

Gewaltig und bizarr erheben sich die Südalpen aus der Oberitalienischen Tiefebene. Nirgends in Europa sind die Höhenunterschiede so groß. In rauschenden Fontänen stürzt sich das Wasser von den Felsen in die Tiefe. Ursache sind die Bewegungskräfte der Alpenentstehung. Dabei wurden Gesteine, die tief im Schoß der Erde unter hohem Druck und hoher Temperatur entstanden sind, bis in die heutigen Gipfelregionen gehoben. Dabei kam es zu Brüchen, an denen das Gestein bis zur Unkenntlichkeit zerrieben wurde.

Domodossola im Kranz seiner Alpentäler

Seit der Eröffnung der Simplonstrecke vor genau 100 Jahren mit den Bahnlinien nach Mailand, ins Wallis und nach Locarno sowie einem Busbahnhof neben der Station, von dem aus alle Täler angefahren werden, steht Domodossola als zentraler Ausgangspunkt für Bergwanderungen zur Verfügung. Sehr empfehlenswert ist es, sich vor und nach der Tour verwöhnen zu lassen und als Fahrgast die abenteuerlichen Fahrten durch die Schluchten und an steilen Hängen zu erleben. Ein unmittelbar neben der Bahnstation und dem Busbahnhof gelegenes Hotel vermittelt nach wie vor etwas vom Glanz der Belle Époque des Reisens und der hier einst verkehrenden Nobelzüge.

Der Albrunpass im Wandel der Zeit

Zwischen dem Albrun- und Ofenhorn hat sich die Natur von ihrer gnädigen Seite gezeigt und einen ungefährlichen und im Sommer gut begehbaren Übergang von Italien in die Schweiz eröffnet. Funde aus der Kelten- und Römerzeit weisen darauf hin, dass dieser Transit schon sehr früh genutzt wurde. Im Mittelalter sind hier die Walser in die italienischen Alpen eingewandert. Bis ins 19. Jh. Zogen über den Pass die Wallfahrer nach Baceno. Und heute bietet er die Möglichkeit des grenzüberschreitenden Wanderns von Italien in die Schweiz oder umgekehrt.

Das Binntal – ein Idyll ohnegleichen

Wer an einem schönen Tag durch Binn wandert, wird den Anblick lange nicht vergessen. Fast schwarz ist das Lärchenholz der wenigen Häuser durch die Lichtintensität des Hochgebirges geworden, wodurch der reiche Blumenschmuck besonders gut zur Geltung kommt. Stilecht wie seit Jahrhunderten tragen die Tragpfähle der Gebäudespeicher Steinplatten, damit die Mäuse nicht hinaufkommen. In zentraler Lage steht das traditionsreiche Hotel Ofenhorn, in dem schon mancher berühmte Gast logierte. Wer hier nach großer Tour ein Glas „Fendant“ genießt, kann sich dem Zauber einer vergangenen Zeit kaum mehr entziehen. Hoch über dem Ort leuchtet die vom Gletscher bedeckte Flanke des Ofenhorns herab. Aber Binn hat noch mehr zu bieten. Statt Lifte und Bergbahnen gibt es eine Fülle von Mineralien, die jedermann sammeln darf, und auch seltene, geschützte Bergblumen. Nur noch 50 Menschen wohnen heute in diesem Tal, und deshalb ist es verständlich, dass jede Geburt wie ein großes Fest gefeiert wird.

Natur und Kultur im Val Antigorio und Val Dévero

Über 1.000 m hohe Eismassen haben hier einst das Tal erfüllt. Darunter hat das unter hohem Druck und großer Geschwindigkeit fließende Wasser, mit Gesteinen beladen, tiefe Felseneinschnitte ausgespült und die Klammen von Uriezzo geschaffen. Die überhängenden Felsen, die Spalten so schmal, dass man den Himmel nicht mehr erblicken kann, die Wasserfälle und Strudellöcher sind heute durch gut begehbare Steige erschlossen. Die weiter oben gelegene Alpe Dévero ist ein Naturschutzgebiet mit seltenen Tieren und Pflanzen. Der Ort Baceno liegt an der Gabelung der Wege zum Albrun- und Griespass. Seine aus dem Mittelalter stammende Kirche steht unter Denkmalschutz. Sie ist geschmückt mit wertvollen Wandmalereien, einer besonders schönen Madonna und einem Gemälde des hl. Christophorus, dem Schutzpatron der Wanderer. Eine weitere Spezialität des Ortes ist die „Fiore del Déver“, eine berühmte Torte mit Kastanien und Nüssen – eine Wohltat für das leibliche Wohl des Wanderers.

Bergseen über dem großen Wasserfall

Bereits die Anfahrt ist höchst eindrucksvoll. Etwa 1.300 Höhenmeter sind von Domodossola zum Toce-Wasserfall zu überwinden. Immer enger wird dabei das Tal und immer steiler die Bergflanken, an denen sich die Straße emporzieht. Einst verlief hier eine Handelsstraße, die Mailand mit Bern verband. Der Wasserfall wurde von De Saussure und Richard Wagner als einer der schönsten der Alpen gerühmt. Über gewaltige Gneisplatten stürzt das Wasser in drei Absätzen über eine 143 m hohe Felswand. Vom Wasserfall aus führen bequeme Wege zu Seen, die bereits über der Baumgrenze liegen und mit ihrer umgebenden Mattenregion an das Fjell in Norwegen erinnern. Über den Griespass und den Pass von San Giacomo führen Trekkingrouten in die Schweiz. Wer noch höher hinaus will, kann sich auf den Sentiero Basodino, eine hochalpine Rundtour, begeben.

 

Wandern und Baden im Val Antrona

Spätestens seit der Römerzeit zogen Menschen aus dem Wallis über den 2.838 m hohen Antronapass ins Piemont und umgekehrt. Heute erfolgt der Warenaustausch über den Sim-plonpass und -tunnel, so dass der hochalpine Übergang eine verkehrsferne, beliebte Trekkingroute über das Gebirge geworden ist. Aber das Antronatal ist auch ein Geheimtipp für Wanderer, die nicht so hoch hinaus wollen. Über dem besiedelten Tal mit seinen reichen Kunstschätzen liegen mehrere Bergseen, von denen der untere noch im Waldgürtel liegt und Badetemperaturen erreicht. Eine Wanderung um diesen und den benachbarten höheren See führt an vielen Blumen, auffallend grünfarbigen Steinen und kleinen Alpen vorbei – Schätze am Wegesrand, die nur ein Wanderer heben kann. Einem noch weiteren Vordringen ins Hochgebirge sind keine Grenzen gesetzt.

Plus ausführliche Tourentipps:

  • Zu den Bergseen im Antonatal - Von Antronapiana zum Antronasee und See von Campliccioli
  • Naturpark Veglia Dévero und Landschaftspark Binntal - Grenzenloses Wandern auf Walserwegen